Lesezeit: 7 Minuten
Playoffs in der NHL. Eishockey-WM in Dänemark. Draisaitl Torschützenkönig in der NHL. Und ein zurückliegender, verrückter Draft Day in der NFL. Moment mal? Wie hängen diese Ereignisse denn zusammen? Die Antwort auf diese Frage ist diesmal nicht Valley Hooper und Basketball, sondern Eishockey und All-Star Draft von Sun Core Games – ein fester Bestandteil unserer Brettspielrunde und ein Spiel, das gerne als Absacker gezogen wird. Der Begriff „Absacker“ trifft allerdings nicht ganz zu, denn All-Star Draft benötigt ein bisschen Planung und Voraussicht. Eine Vision. Und damit ist es irgendwie herrlich thematisch – wie der geniale Film Draft Day mit Kevin Costner und seiner Vision von einem Team. Sidekick: Wer diesen Film noch nicht gesehen hat und ein wenig Spaß an Sportfilmen hat, sollte diese Lücke schleunigst füllen. Aber zurück zum All-Star Draft.

Kurzcheck: Darum geht es in All-Star Draft

Der Name ist Programm: Ihr draftet über drei Runden der Regular Season euer Team aus tierischen Eishockeyspielern. Der Draft läuft dabei nach bekannten Regeln ab: Ihr bekommt sechs Karten auf die Hand, behaltet eine und gebt den Rest weiter – bis ihr wieder sechs gedraftete Karten habt. Jetzt schickt ihr ein Team aus fünf Spielern ins Rennen und habt einen auf der Bank. Dieses Team spielt in verschiedenen Stadien um die Gunst der Fans. In der nächsten Runde schickt ihr dann zwei Teams in zwei Stadien, bis es nach der dritten Runde in die Playoffs geht. Diese folgen einem anderen Rhythmus, denn nun bilde ich aus meinen bisherigen Karten ein Team und spiele direkt gegen meine Mitspieler. Allerdings muss ich jede Playoff-Runde auswechseln. Jaja, der Draft ist keine einfache Geschichte. Ab ins Stadion mit euch.

Die Teams und das Line Up

Draftday

Marc, Uwe und ich starten den Draft. Marc ist als Rookie zum ersten Mal am Start. Uwe und ich sind Veteranen im Spiel der großen General Manager, die aus den Free Agents ein Team basteln müssen. Pro Manager sind zwei Decks vorgesehen. Jedes Deck repräsentiert Spieler eines Farmteams mit den Werten 1–9 und diversen Symbolen. Ich schaue mir meine Karten an: Was ist mein First Pick? Welche Karte möchte ich behalten? Hier beginnt bereits eine von vielen kniffligen Entscheidungen. Das Team mit „am meisten“ gewinnt – sehr amerikanisch, sehr klassisch. Fünf Karten eines Typs schlagen vier Karten eines Typs. Bei Gleichstand wird absteigend nach drei Kategorien aufgelöst. Ich habe bei meinem Draft zwei Karten ins Auge gefasst:
Karte 1: Ein Eisbär mit Wert 1 und Attribut „Tor“. Die Eisbären sind das beste und brutalste Team des Drafts. Mit ihrer aggressiven Art dominieren sie jedes Team. Ebenso ist das Attribut „Tor“ stark. Eine tolle Karte, die nur durch den schlechten Wert 1 geschmälert wird.
Karte 2: Team Hase – das schwächste Team der Liga. Allerdings hat mein Hase ebenfalls das Attribut „Tor“ und einen Wert von 6. Ich nehme den Hasen, denn ein weiterer Hase ist unter meinen Karten. Vielleicht habe ich ja Glück und die Karte erreicht mich wieder.

Welche Karte soll ich draften?

Runde 1

Der Draft läuft okay. Ich habe zwei Hasen bekommen und drei Karten mit Wert 5. Dazu ein riesiger Vorteil: Auf allen Karten sind Attribute abgedruckt. Das könnte mir in den Playoffs helfen. An dieser Stelle möchte ich die erste Runde in All-Star Draft kurz einordnen. Ja, wir sind in Runde 1, aber ihr solltet die Playoffs immer im Hinterkopf behalten. Die laufen eben nach anderen Gesetzen. In den Playoffs müsst ihr mit eurem gesamten Deck über mehrere Runden inklusive Auswechslungen ein schlagkräftiges Team zusammenstellen. Und dabei hilft euch natürlich ein guter Draft zu Beginn und ein passend gebautes Team-Deck. All-Star Draft ist daher nicht ganz so banal, wie es am Anfang scheint – denn euer Deck ist final 18 Karten stark. Wer da den Überblick über Symbole, Kartenwerte und Attribute behält, ist ein großer GM. Die Gestaltung der Karten läßt allerdings Luft nach oben. Jedes Team hat ein Tier, das immer gleich aussieht. Hier wäre gestalterisch mehr gegangen.

Zuerst kommen die Anzahl der Karten in der gleichen Kategorie. Dann die Kategorien in absteigender Reihenfolge. D.h.: Vier Tore sind wertvoller als vier 9er. Aber fünf Haie wurden diese Dinge alle schlagen.

Die Wahrheit ist auf dem Eis.

Nach der ersten Draft-Runde decken wir unsere Teams auf, eine Karte liegt verdeckt auf der Auswechselbank. Marc hat es tatsächlich geschafft, vier Karten der Sharks zu draften. Sein Gesicht wechselt jedoch ziemlich schnell von freudig-zufrieden zu „WTF“, als er die Auslage von Uwe und mir sieht. Uwe hat drei Karten mit drei schwachen Attributen, ich habe drei Karten mit dem Wert 5 liegen. Durch das Ranking gewinnt Marc, dann Uwe, und ich bin auf dem letzten Platz. „Da habe ich mich wohl verzockt“, lautet die sachliche und treffende Analyse von Marc. Unsere Teams spielen nämlich in der ersten Runde in der Polarena bei Nacht – und da gibt es keinen Ruhm zu holen. Für den ersten Platz dort gibt es keine Fans, der dritte Platz hingegen bringt fünf Fans. Dort werden eben eher die schlechten Teams gefeiert.

Die Polarena bei Nacht. Hier werden die schlechtesten Teams gefeiert. Diese Arena sollte im 2 Personen Spiel und für Anfänger entfernt werden.

Speed und Taktik

Ab der zweiten Runde nimmt das Spiel dann richtig Fahrt auf. Ihr trefft als GM immer wieder harte Entscheidungen. Wie sieht mein zweites Team aus? Passen die Werte, Charaktere und Attribute zum ersten Team? Die Kunst liegt darin, das zweite Team passend zum ersten zu bauen. Allerdings müssen die Teams auch eigenständig punkten, denn in Runde zwei liegen zwei Stadien aus. In welches Stadion schickt ihr welches Team – das offene oder das verdeckte? Welche Spieler wechsle ich aus? In jedem Team darf ein Spieler ausgewechselt werden. Ich darf! Dieses Wort macht den Unterschied.

Kopflastig oder aus dem Bauch?

All-Star Draft lässt dabei ein breites Spektrum an Spielarten zu – etwas mehr aus dem Bauch oder eher kopflastig. Ich kann natürlich alle offenen Karten meiner Gegner analysieren und entsprechend versuchen zu draften. Das wird mir aber spätestens bei sechs Managern und zwölf Decks nur schwerlich gelingen. Hier droht dann ein Kollaps des Spiels. Oder ich spiele es etwas mehr aus dem Bauch und achte mehr auf mein Team als auf das der anderen Manager. Dann flutscht All-Star Draft über den Tisch wie der Puck über das frisch präparierte Eis. Kleiner Tipp: Mit zwei Spielern ist All-Star Draft ein anderes Spiel und verträgt mehr Grübelei. Daher ist es für alle Spielerzahlen echt gut geeignet. Spielt man es fluffig würde ich All-Star Draft wohl im Bereich Familienspiel einordnen, weil die Regeln simpel und leicht zugänglich sind. Spielt man es auf harte Optimierung, hat es definitiv Züge eines Kennerspiels.

It’s Playoff Time.

Die Playoffs

Ihr habt Fans in allen Stadien der Welt gesammelt. Jetzt geht es in den Playoffs um die letzten Punkte – gegeneinander, mit harten Bandagen. Wir spielen zu dritt. Der Spieler mit dem schlechtesten Team verliert. Ich habe zwei Leben. Ist mein letztes Leben weg, bin ich raus. Genau das gleiche Prinzip wie in der regulären Saison – mit einem feinen Unterschied: Nach jedem Spiel muss ich zwei bis vier Spieler auswechseln. Marc haut direkt ein Set mit fünf Handschuh-Symbolen raus und gewinnt souverän die erste Runde. Damit hat er aber gleich sein Pulver verschossen. Seine Karten passen gar nicht zusammen, die zwei Karten, die er austauschen muss, sind für den Arsch, und er scheidet nach zwei enttäuschenden Runden aus. Uwe und ich spielen die letzte Partie. Ich habe meinen Coach noch auf der Hand. Ich kann dadurch in den Playoffs eine Runde lang nicht auswechseln, sondern werfe die Spieler direkt ab. Ach ja, hatte ich vergessen: Zum Spielstart verpflichtet jeder Manager noch einen Coach. Dieser gibt entweder in der regulären Saison oder in den Playoffs einen Boost oder Effekt. Und der Coach kann das Zünglein an der Waage sein – ähnlich wie im echten Sport.

Oh ja, die Coaches hätte ich fast vergessen.

Fazit

All-Star Draft ist ein richtig gutes Spiel mit Draft-Mechanismus. Die zwölf unterschiedlichen Decks lassen ein Spiel mit bis zu sechs Spielenden zu. Die drei unterschiedlichen Kategorien stellen mir beim Draft immer wieder die Frage: „Welche Karte möchte ich in meinem Deck haben?“ So baue ich drei Teams, die in unterschiedlichen Stadien um die Gunst der Fans buhlen. Allerdings ist die reguläre Saison nur die Pflicht – entscheidend für den Sieg bei All-Star Draft sind die Playoffs. Hier baut das Spiel geschickt seinen Mechanismus um und krönt den General Manager, der geschickt sein Gesamtdeck im Blick hat. In den Playoffs müssen nämlich immer Spieler ausgewechselt werden. Und das kann nur erfolgreich sein, wenn die Bank zur ersten Reihe passt. All-Star Draft funktioniert dabei hervorragend für zwei bis sechs Spieler. Allerdings verträgt das Spiel bei wenigen Spielenden mehr Grübelzeit als bei sechs Spielenden. Bei hoher Spieleranzahl sollte man eher sein Team fokussieren, weniger auf die Mitspieler schauen und schnell seine Züge machen – sonst vernichtet die Downtime den hohen Spielspaß.

All-Star Draft Kevin Kostner am Brettspieltisch
Spielinformationen
Genre: Sportspiel/Draftspiel | Personen: 2-6 | Alter: ab 10 | Dauer: 45 Minuten | Autor/in: Marco Schaub | Illustration: Malte J. Zirbel
SPIELSPASS
8
MATERIAL
7
SPIELIDEE
7.5
Positive Aspekte
Draft ist durch unterschiedliche Kategorien nicht banal
Teams, Attribute und Werte haben unterschiedliches Ranking
Unterschiedliche Stadien fordern Bluffing und Taktieren
Das Deckbuilding ist sowohl für die Saison als auch für die Playoffs entscheidend und muss von Beginn an im Blick gehalten werden
Jeder Coach bringt für sein Team spezielle Fähigkeiten
Leichte und schnell zugängliche Spielregeln
Kann schnell und fluffig gespielt werden (Familienspiel) oder taktisch und grüblerisch (leichtes Kennerspiel)
Negative Aspekte
Je nach Spieleranzahl wird ein Spielstil bevorzugt. 6 Spielende + Kopflastig = Downtime
Neue Spieler verlieren i.d.R. gegen Kenner des Spiels
Individuelle Gestaltung der Karten ausbaufähig
7.5
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1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort

  • Klingt irgendwie geil, Eishockey feier ich eh und das scheint thematisch witzig umgesetzt zu sein. Aktuell für ein 10er zu haben da kann man nicht nein sagen, auch wenn es wohl nicht der heilige Gral der Drafting Spiele wird. Dieser überdemensionierte Pokal passt da irgendwie wie die Faust aufs Auge 😀

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