Lesezeit: 6 Minuten
Wenn sich Stefan Feld und Hall Games zusammentun, dann erwachsen daraus solch herrliche Hirnbrutzler wie Aquasphere oder eben das aktuelle Bonfire. Ersteres hat als eines meiner absoluten Lieblingsspiele, wenn es darum geht mein Hirn abzukochen, die Erwartungshaltung gegenüber Bonfire ziemlich in die Höhe getrieben. Dazu sah das Material und die Aufmachung wirklich fantastisch aus, obwohl ich Gnome knapp hinter den elendigen Zwergen einordne. Den Zustand den Bonfire nun bei mir auslöste, ließ mich ein wenig ratlos zurück. In Kurzform, mich zieht es nicht ins Land der Gnome, doch wenn ich vor Ort bin, wundere ich mich immer wieder, warum ich diese Reise nicht antreten wollte. Lasst mich also diese ambivalente Gefühlslage erklären.

Kurzcheck: Darum geht es in Bonfire

Oh Schreck, das Licht ist weg! Die benachbarten Städte sind in Dunkelheit ertränkt, das macht den Wald der Gnome noch finsterer. Sollten wir vielleicht die Hüterinnen des Lichts fragen? Wir fanden nur eine Einzige, die uns erklärte, das die anderen Hüterinnen mit dem magischen Licht zu ihren heiligen Inseln aufgebrochen sind. Sie kommen nur zurück, wenn ihr ihnen die richtigen Opfergaben darbringen und sie uns wieder vertrauen. Das Ganze ist kein esoterisches Geschwurbel, sondern es hilft die Mechanik hinter Bonfire zu verstehen.

Du musst nämlich mit deinem Boot von Insel zu Insel reisen, die Hüterinnen einsammeln, ihnen Ressourcen hinterlassen und Aufgaben erfüllen, damit du die Bonfire erhältst. Gleichzeitig baust du einen Weg für die Rückkehr der Hüterinnen in der Stadt aus und verbindest diesen mit Plätzen, wo die Feuer entfacht werden sollen. Dies geschieht aber nur, wenn die eingesammelten Hüterinnen zu dem Platz geleitet werden. Ganz schön viel für einen Gnom und so kannst du weitere Gnome anheuern, die dir spezielle Boni bringen. Wer besonders schnell gewisse Aufgaben erfüllt, bekommt weitere Unterstützung im Rat der Gnome, wo starke Sonderaktionen ermöglicht werden. Das ist Bonfire thematisch. Mechanisch ist das äußerst komplex abgebildet! Die erste Partie bewegt sich definitiv im Bereich der Expertenspiele, weil die Verzahnungen enorm sind und nicht nur gepuzzelt, sondern auch ordentlich geplant werden muss!

Das Spielbrett mit all seinen Inseln.

Ein Blick auf die Zahnräder

Die erste Säule

Der Einstieg ist heftig, darum möchte ich euch hier nur einen groben Überblick geben und nicht zu tief ins Detail gehen. Bonfire besteht für mich aus drei elementaren Säulen. Die erste Säule ist der Aktionsmechanismus. Es stehen einen diverse Aktionen zur Verfügung, allerdings brauchst du dafür die passenden Aktionsmarker. Diese erhältst du nur über das Puzzeln von Schicksalsplättchen. Auf diesen sind die Aktionen unterschiedlich verteilt und wenn du ein Plättchen platzierst, erhältst du die abgebildeten Aktionsmarker, plus alle angrenzenden gleicher Art. Wer also geschickt puzzelt, erhält aus den Schicksalsplättchen mehr Aktionen. Das wirklich fiese an der Sache: Du darfst erst ein neues Plättchen in dein Puzzle legen, wenn du nur noch einen Aktionsmarker besitzt. Aufgrund der Struktur der Plättchen gibt es auch nie mehr als 3 der 6 möglichen Aktionsarten auf einmal. Du musst also dein späteres Vorgehen schon beim Puzzeln planen. Das ist durchaus anspruchsvoll, innovativ und macht richtig Spaß!

Die Puzzeln erfordert Weitsicht.
Die zweite Säule

Die zweite Säule ist die Entwicklung des eigenen Spielertableaus. Das ist kniffliger als man denkt! Vor allem der Weg, der von links gebaut wird und die Verbindung, die von rechts im Halbkreis errichtet werden, sind im Zusammenhang mit der Punktewertung genial. Am Ende müssen nämlich die Bonfire (Rosa, Gelb, Blau) mit dem Wegplättchen in der Farbe übereinstimmen, die Verbindung muss gebaut sein und eine Hüterin muss noch zum Bonfire wandern. Die meisten Punkte macht man am Ende des Weges, was die Planung erschwert! Komme ich so weit? Wann baue ich den Weg mit welcher Farbe? Welches Bonfire will ich einsammeln und wo platzieren? Wie weit schaffe ich es die Hüterinnen zu bewegen, bevor das Spiel endet? Und das bei einer zueinander konträren Ausbreitung. Der Ausbau des Tableaus ist ein weiteres interessantes Puzzle, das gelöst werden muss. Hier schlägt sich die Interaktion besonders nieder, da man in Konkurrenz bei der Farbe des Weges und den Verbindungsplättchen zueinander steht.

Dein Tanzbereich!
Die dritte Säule

Die dritte Säule ist nicht die Bootsfahrt und der Ressourcenmangel. Ja, das ist auch verzwickt und erfordert Planung, ist aber nur ein weiteres Element, wie die Mechanik des großen Bonfire, wo man Boni und die wichtigen Verbindungsplättchen einstreicht. Nein, es ist der Charakter des Wettrennens! Jedes Bonfire auf den Inseln ist nichts anderes als ein Auftrag: Besitze X Ressourcen oder Aktionsmarker, besuche bestimmte Inseln oder puzzel nach einem bestimmten Muster. Erstes Wettrennen: Erreiche mit dem Boot die für dich lukrativen Aufträge als Erstes. Zweites Wettrennen: Erfülle das genommene Bonfire. Dann darfst du nämlich einen Novizen in den Rat schicken und eine von 8 Zusatzaktionen ausführen. Glaubt mir, die Zusatzaktionen sind extrem mächtig, du willst so viele wie möglich abfeuern!

Drittes Wettrennen wäre dann die Fertigstellung der Bereiche auf dem Tableau. Wer als Erstes eines der fünf Bereiche, wie z.B. den Ausbau des Wegs, vervollständigt, darf einen zusätzlichen Novizen in den Rat schicken. Über die Novizen sind absolute Powerzüge möglich, mehr noch, sie läuten sogar das Spielende ein. Das sorgt zum einen dafür, dass die Spielzeit wirklich herrlich kurz ist, trotz der Komplexität, und das Bonfire zu jeder Zeit eine auf Optimierung ausgelegte spannende Hatz ist.

Der Rat mit seinen platzierten Novizen.

Was macht Bonfire mit dir?

Zuerst feuern die Synapsen unter Hochdruck, Bonfire gibt sich eben sehr verzahnt. Schnell merkt man aber, dass es eigentlich keine richtig schlechten Aktionen gibt. Bonfire spielt sich trotz seiner Komplexität also nicht nur schnell, sondern auch weniger grübelastig und fast fehlerverzeihend. Nach der ersten Partie sitzt der Spielablauf und ich würde das Spiel im gehobenen Kennerspielbereich einordnen. Klar, wer schlecht plant, der wird auch hier nicht gewinnen, aber keiner spielt sich völlig ins Abseits. Eine Lernkurve gibt es trotzdem! Während ich es in den ersten Partien für unmöglich gehalten habe gewisse Ziele zu vereinen, lache ich heute darüber. Auch zu zweit lässt sich Bonfire wunderbar spielen. Ohne Auf- und Abbau sogar in 60 Minuten. Das ist schon ziemlich geil! Durch den variablen Aufbau und die verschiedenen Strategien ist der Wiederspielwert zudem hoch.

Spielerisch ist das hier also absolut premium! Der Witz an der Sache ist aber, dass es mir fast zu glatt ist. Mein Hirn wird durch fehlende harte Sackgassen weniger abgekocht. Mir fehlt manchmal der Reiz es besser machen zu müssen. Das war bei Aquasphere anders, wo ich anfänglich fassungslos in den Tisch biss. Das will nicht jeder, aber ich will das manchmal schon. Abends im Bett liegen und von Meepeln träumen, die einen den Arsch versohlen. Herrlich, hier aber eher Fehlanzeige! Gleichzeitig ist der Auf- und Abbau von Bonfire eine aufwendige und kleinteilige Sache. Beides sorgt dafür, das ich Bonfire nicht immer spielen will.

Deine Aktionen und Puzzleplättchen.

Fazit

An dieser Stelle einen großen Dank an meine Frau, die Bonfire über alles liebt und als absolutes Lieblingsspiel 2020 tituliert! Die ein oder andere Partie wurde von ihr initiiert und jedes Mal dachte ich, verdammt ist das gut, wieso wolltest du diese Reise heute nicht antreten? Denn so glatt wie Bonfire wirkt und so sehr ich manch fiese Kante vermisse, wenn man dann einmal im glanzvollen Licht der herausfordernden Planung steht, die verzwickte Tableau-Optimerung greift und man sich in wirklich kurzer Spielzeit taktisch wie strategisch voll austobt, merkt man, dass Bonefire das vielleicht beste, sicher aber das rundeste Spiel von Stefan Feld ist. Allen voran die wirklich frische Puzzlemechanik, die Menge und Art der möglichen Aktionen bestimmt. Nicht minder spannend ist das stete Wettrennen um die Bonfire und den daraus resultierenden Einsatz der Novizen, die wahre Powerzüge zulassen. Am Ende ist Bonfire kein so extrem verzwicktes Spiel wie Aquasphere oder Bora Bora, was je nach Spielgeschmack sogar ein Kaufgrund sein dürfte, nichtsdestotrotz aber ein wunderbares Spiel.

Bonfire
Spielinformationen
Strategiespiel | Spieler: 1 - 4 | Alter: ab 12 Jahren | Dauer: 70 - 100 Minuten | Autor: Stefan Feld | Rezensionsexemplar
SPIELSPASS
8.5
AUSSTATTUNG
8.5
SPIELIDEE
9
Positive Aspekte
Tolle Verzahnung
Puzzleelemente super
Varianz ist gegeben
Schicke Aufmachung
Negative Aspekte
Anspruch nicht ganz so hoch
Etwas zu glatt
Abstrakt
8.5
Redakteur | Admin | Gründer von Brett & Pad | Website | + Letzte Artikel

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2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Schöner ‚Verschreiber‘:
    „Kurzcheck: Darum geht es in Bonefire“
    -> Nein, es werden keine Knochen verbrannt 🙂 .
    Ansonsten gut, dass es einem/dir missfällt, wenn es zu ‚rund‘ ist.
    Und ->
    „… dass Bonefire das vielleicht beste, sicher aber das rundeste Spiel von Stefan Feld ist.“ Hm, ist so eine Behauptung. Es gibt ja noch Burgen von Burgund und Macao (mein Liebling) und Luna … und und .

    Gruß Tournesol

    Antworten
    • Oh nein… meine Macke. Beim schnellem Schreiben auf der Tastatur rutschte mir dieses „E“ ständig rein. Bei der Überschrift übersehen… Danke für den Hinweis.

      Meine Highlights von Stefan Feld sind Bora Bora und Aquasphere, wobei beide für mich weniger elegant wie Bonfire sind. Magst du es auch, wenn Brettspiele dich spielerisch vor den Kopf stoßen? Ich muss das nicht immer haben, aber gerade bei komplexeren Spielen finde ich es schon interessant, wenn bei den ersten Partien es etwas unrund läuft. Also im Sinne der Strategie und der taktischen Entscheidungen. Zuletzt bei Tekhenu gehabt, wobei ich mir da noch nicht sicher bin, ob es nicht ein grundsätzliches Problem des Spiels ist.

      BuBu ist sicher auch sehr rund und ein gutes Spiel, allerdings von der Komplexität ja weit unter Bonfire und entsprechend zählt das für mich nicht so ganz.

      Antworten

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