Kurzcheck: Darum geht es in Valley Hooper: The Series
Valley Hooper: The Series ist Basketball pur. Ich würde sagen, es gibt nichts Vergleichbares da draußen. Du bist der Coach eines Basketballteams, der seine Starting Five und Bank aufstellt. Dabei beachtest du Stärken und Schwächen deiner Spieler:innen und deren Positionen. Center, Point Guard oder beispielsweise Powerforward sind passend umgesetzt. Die Teams sind asymmetrisch aufgebaut und alle Spieler:innen einzigartig. Über eine Karten-, Würfel und Energiemechanik feuerst du dann deine Spielzüge ab, wobei die nicht ballführende Mannschaft versucht, durch Konter-Karten dir den Ball zu klauen.
So stopft ihr über Angriffszüge die Bälle in die Körbe. Mitteldistanzwürfe, fette Dunks und Dreier, alles dabei! Drehen Spieler:innen auf, weil fette Manöver aufs Parkett gelegt werden, werden sie heiß und bekommen besondere Fähigkeiten. Es gibt Fouls, Freiwürfe und selbst Feinheiten wie Fouls, die beim Korberfolg je nach Wurfdistanz trotzdem noch Freiwürfe auslösen. Es ist Basketball in all seinen Details! Beeindruckend. Allerdings wird eines schnell klar, du brauchst zwei innere Einstellungen, um all das zu erleben: Kenntnis über den Sport und eine sehr imposante Kinoleinwand im Schädel.
Das Manko
Bei Valley Hooper: The Series passen sich den Problemball zwei Mitspielende elegant hin und her: Immersion und Spielmaterial. Von der Qualität ist das Spiel eigentlich gelungen. Wertige und bedruckte Holzmarker, tolle Tableaus, Würfel & Co. Das gefällt! Doch schaut man das erste Mal in die Schachtel, fragt man sich vielleicht, wo sich nun das Spielfeld versteckt. Auflösung: Es gibt keines! Die Spielzüge, Positionen und die Moves zwischen den Teammitglieder:innen bleiben abstrakt, weil sie alleine durch das Ausspielen von Karten praktiziert werden. Fehlt da nicht die Immersion?
Ein Angriff besteht dabei immer aus der Abfolge von drei gespielten Karten. Wer Ahnung von Basketball hat und Karten wie Dribble, Pass und 3er-Shoot spielt, kann sich aber vorstellen, wie da ein Point Guard ein Dribbling hinlegt, um seinen Shooting Guard freizuspielen, der dann versucht, den 3er zu versenken. Spielt der Verteidiger eine Interception, weiß ich auch, wie er den Ball klauen will. Beim Passen natürlich. Ein Steal hingegen erfolgt als Verteidigungsmove bei einem Dribbling. Ich sehe Block und Rebounds, andere vielleicht nur eine Karte. Spielt man passende Karten in einer Combo, die man als Coach vorher per Taktik-Karte definiert, entstehen ikonische Spielzüge wie Pick and Roll, Low Post oder Go To Guy, die unblockbar für die Verteidigung werden. Geil! Für andere nur eine über Spielrunden angesammelte und ausgespielte Kartencombo. Bei meinem Sohn und mir brennt hingegen der Tisch und man drischt dem anderen seinen stylishen Spielzug ins Gesicht!
Der größte Wunsch
Bevor ich zu den spielerischen Qualitäten komme, noch ein kleiner Wermutstropfen. Ich habe eigentlich nichts gegen Fantasy-Teams. Blood Bowl ist auch cool. Nur diese Mischung aus eher uncharmanten Engeln und Zentauren als spielende Fabelwesen sind in Verschränkung zum Zeichenstil für mich leider ein kleiner Abtörner. Ein Stil mehr Richtung Overwatch, World of Warcraft oder Pixar hätte ich begrüßt. Noch charmanter wäre natürlich eine NBA-Lizenz. Michael Jordan, David Robinson, Jimmy Butler oder Jason Tantum, ich hätte hier die Höchstnoten voller Verzückung in den Blog gebrannt.
Das Wohnzimmer brennt …
Doch genug der Kritik, denn trotz kleinerer Mankos ist Valley Hooper: The Series eine spannende und angenehm anspruchsvolle Sache. Die Karten lassen sich nämlich nicht so einfach ausspielen, sind sie doch immer an eine Position gekoppelt und die Position über das Coaching-Tableau mit eingesetzten Spieler:innen. Dabei sind es Multi-Use-Karten. Wofür willst du sie benutzen? Pässe und Dribblings vor einem Korbabschluss erhöhen den Trefferwurf. Nur sind die Karten auch an Positionen gebunden. Landet der Ball am Ende beim Center und dieser hat einen schlechten Wert beim Mitteldistanzwurf, ist die Kartenfolge suboptimal gespielt, wenn einzige Angriffskarten eben jener Mitteldistanzwurf ist. Zudem kostet jede gespielte Karte entsprechend der Position den Spieler:innen einen Energiepunkt. „Ein Angriff besteht aus bis zu drei Karten“, sagt sich so lapidar. Es erfordert aber gutes Handkartenmanagement über einige Runden und den Blick fürs aufgestellte Team mit deren Energiewerten und speziellen Fähigkeiten. Ansonsten macht dein Team schlapp und das ohne gemachte Punkte.
… und brennt!
Da werden Time-Outs genommen, Positionen und Spieler:innen getauscht, es wird um Energie zu sparen auch mal ein schneller riskanter Wurf gewagt oder heimlich über mehrere Runde der perfekte Angriff gesammelt. Über allem thront dann der Würfel. Die Spieler:innen besitzen für verschiedene Angriffs- und Verteidigungsbereiche unterschiedliche Werte. Fast kommen Sammelkartenvibes auf! „Was, deiner hat nen Grundwert bei 3ern von 70%? IMBA!“ Gewürfelt wird mit einem 20-seitigen Würfel, der Prozentangaben enthält. Würfelt man unter seinen erspielten Wert, kreischen die Fans, die Punkte rattern nach oben und das Wohnzimmer brennt! Ebenso viel Thrill besitzt die Verteidigungsmechanik. Auch hier wird gewürfelt. Risiko ist immer dabei und bisweilen beißt man sich den Ar… äh Basketball, weil der rabiate Center vom Feld fliegt.
Overtime
Die ersten Partien sind aufgrund des Umfangs und den vielen Details etwas holprig, aber danach kommt man in einen wunderbaren und einzigartigen Flow. Aus anfänglich weniger immersiver Kartenmechanik wird mit Kenntnissen zu Taktiken, Coaching-Tableau und Details ein analoger Rausch. Optional kann man später sogar sein Teamdeck anpassen, indem man durchsichtige Karten mit bedruckten Fähigkeiten über seine Karten in Sleeves stülpt. So kann man sein Team individuell anpassen. Eine etwas zu lange Spielzeit bleibt hingegen bestehen, was auch der Immersion eines schnellen Sportspiels nicht ganz guttut.
Fazit
Valley Hooper: The Series bedient thematisch in einem nischigen Hobby wie Brettspiele eine in Deutschland eher weniger beliebte Sportart. Dazu gesellt sich dann eine gewöhnungsbedürftige Optik. Diese Potenzierung müsste eigentlich dafür sorgen, dass Valley Hooper: The Series den Spielspaß blockt, bevor er überhaupt auf dem Feld angekommen ist. Der sympathische Verlag, der mit immensem Herzblut bei der Sache ist, gepaart mit meiner geliebten Sportart Basketball, ließ mich aber das Experiment wagen. Und was soll ich sagen, ich will mehr! Mehr Teams, mehr Fähigkeiten, mehr Deckbau. Der Start mag etwas beschwerlich sein und die Spielzeit suboptimal, aber schon beim Lesen der üppigen, vielleicht nicht beststrukturierten Anleitung war ich baff aufgrund der Liebe zum Detail! Im Spiel selbst entfaltet sich dann eine wunderbare Magie aus spannenden Würfelwürfen, Handkarten- und Energiemanagement. Wer ein Multiplex-Kino in seinem Schädel hat und Basketball kennt, der erlebt dann die volle Wucht spannender Partien. Kann man Valley Hooper: The Series bedenkenlos empfehlen? Nein. Wem aber bei Schlagworten wie Shaquille Rashaun O’Neal, NBA Jam und Fadeaway der Puls vor Freude durch die Schädeldecke geht, der sollte unbedingt einen Blick wagen.
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Noch nie von dem Spiel gehört, dafür lieb ich den Blog. Basketball ist zwar nicht meine Sportart und spielen werde ich das Brettspiel wohl nie. Trotzdem Daumen hoch.