Kurzcheck: Darum geht es in Stillleben
Wer Vendetta kennt, kennt die Richtung von Stilleben. Ihr seid Danny Ocean und plant einen spektakulären Gemäldediebstahl. Nicht wie Schlucke, bei Bang Boom Bang, sondern mit Niveau. Euer geheimer Auftraggeber stellt euch Zeitpunkt, die Galerie und ein Budget zur Verfügung. Ach ja, natürlich gibt er auch noch vor, welche Gemälde ihr organisieren sollt. Zwei an der Zahl. Ein zu hohes Risiko also entscheiden wir uns für ein Gemälde. Und los geht es. Wir beginnen den Heist zu planen. Das wird so fett.
Modern World
Stillleben kommt nicht ohne Tablet oder PC und Internet aus. Eine fette Symbiose aus analogem Spiel und den vielfältigen Möglichkeiten des Netzes. Geschickt zieht mich so das Spiel immer tiefer in seinen Bann. Während ich die Informationen im Internet recherchiere, fühle ich mich wie ein nerdiger Freak, der in einem Kastenwagen irgendwo vor der Kunstgalerie sitzt und wie wild in die Tasten hackt, damit er Danny die benötigten Informationen präsentieren kann. Und so ist es auch am Tisch. Ich suche gerade die Infos zusammen, während meine zwei Teammitglieder andere Bereiche des Spiels bearbeiten. Und dann werden die Informationen zusammengetragen.
Bekanntes Spielprinzip
Wer Vendetta gespielt hat, wird sich hier sehr schnell zurechtfinden. Alle Neulinge auch, denn das System ist stark und simpel. Ein Stapel durchnummerierte Karten. Auf den Karten: verschiedene Orte, verschiedene Texte und verschiedene Symbole. In der Mitte: ein Plan, an dem die Orte nacheinander auftauchen. Der Text nimmt einen mit auf die Reise, nicht stumpf, nicht episch. Just right und gut geschrieben. Wenn ich einen Ort entdecke, wird immer die oberste Karte rumgedreht, ein Text vorgelesen und eine Entscheidung verlangt. Diese Entscheidung hat zur Folge, dass ich entweder Karte A oder Karte B weiterverfolge, die andere verschwindet aus dem Spiel. Dazu bekomme ich Umschläge und bei guten Entscheidungen Sterne. Ich greife voraus. Ein Stern hat mir gefehlt zur höchsten Stufe. Verdammt.
Deluxe
Das Material ist absolut Deluxe. Ehrlich. Es macht einfach so unfassbar viel Spaß im Netz zu surfen, Rätsel zu lösen und Informationen zu beschaffen. Meine Crew und ich sind allerdings bei einem Rätsel am gleichen Problem wie beim Vorgänger gescheitert. Kein Problem des Rätsels, ein Problem unserer Doofheit. Die Rätsel und Informationen lassen sich alle sehr gut lösen, allerdings muss man auch genau lesen, recherchieren und schauen. Die Rätsel oder Zusammenhänge springen einem dabei nicht ins Gesicht, allerdings verstecken sie sich auch nicht hinter zehn Ecken. Es fühlt sich in der ersten Hälfte wirklich wie ein fluffiger guter Ocean’s Film an. Herrlich, man verknotet sich nicht das Hirn, aber es ist herausfordern genug, um nicht albern zu sein. So taucht man immer tiefer in den Raub ein.
Erster Teil?
Die Assoziation zu den Filmen kommt nicht von ungefähr und ist eine klare Stärke des storybasiertes, immersiven Krimi- Spiels. Denn im ersten Teil des Spiels plant ihr den Raub und im zweiten Teil des Spiels führt ihr ihn durch. Eure getroffenen Entscheidungen wandern als Karten in den Durchführungsstapel. Welchen Fluchtweg nutzt ihr? Wo steigt ihr ein? Welches Gemälde wird stibitzt? Welches Team stellt ihr zusammen? Hammer. Eine Entscheidung ist endgültig. Die andere Karte ist raus. Habt ihr falsche Schlüsse gezogen und Entscheidungen getroffen, gehen die Alarmglocken los und euer Ergebnis wird schlecht. Fügen sich alle Informationen wie ein Puzzle zusammen, läuft es wie geschnitten Brot. Logisch, es gibt nur ein perfektes Puzzleteil, was passt. Das sollte man richtig zusammenführen und brutal aufpassen, dass man es nicht verliert. Nachdem die Planung abgeschlossen ist, empfehle ich eine Pause oder besser: am nächsten Abend weiterspielen, denn aktuell sind 1,5 bis 2,5 Stunden verstrichen.
Zweiter Teil!
Mit freudiger Aufregung nimmt man nun den Durchführungsstapel. Alle Entscheidungen und Szenarien sind in diesem Deck vorhanden. Und das abreitet man jetzt Schritt für Schritt ab. Im Hintergrund stelle ich mir Musik vor, die meine Erzählstimme begleitet. Wer jetzt denkt, es kommen keine Rätsel mehr, der täuscht sich. Denn auch im zweiten Teil warten noch ein paar Decider. Und eine davon ist richtig stark und hat mein Spielgefühl für einen echten Heist in den Olymp geführt. Ehrlich, ich war danach total geflasht, denn das Feeling war unfassbar gut. Allerdings waren wir auch zu dritt und das hat ziemlich gut gepasst. Drei oder vier Spieler sollten es schon sein, zu zweit kommt dieses Feeling nicht rüber. Was soll ich sagen? Der Coup war erfolgreich und das im wahrsten Sinne des Wortes.
Fazit
Stillleben ist ein Danny-Ocean-Film. Es ist genau das immersive, kooperative Krimi Rätselspiel für Erwachse, was es sein möchte. Mit hochklassigen Material, Rätsel, die einen nicht plump überfahren, aber auch nicht in Absurdistan zu Hause sind. Man muss recherchieren und Informationen zusammentragen, aber man benötigt keinen Advanced Organizer oder eine Datenbank. Zudem ist die Homepage und den Grad der Unterstützung die man erhalten möchte von höchster Qualität. So entsteht kein Frust. Durch die Zweiteilung, nämlich die Planung auf der einen und die Durchführung auf der anderen Seite, kann man das Spiel mit drei oder vier Spielern perfekt auf zwei Abende portionieren. Dabei ist die Spielzeit in beiden Fällen passend. Der zweite Teil des Coups hat mich mit feuchten Händen, leuchtenden Augen und pochendem Herzen zurückgelassen. Rätselprofis sind hier sicherlich unterfordert, bekommen dafür aber ein tolles Erlebnis. Für mich ein Fest und beste Samstag Abend Unterhaltung. Kauftip!
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