Hausregeln: Himmel oder Hölle? Spielst Du mit Hausregeln oder ist das ein No-Go für Dich? Hast Du selbst schon einmal Hausregeln eingeführt oder warst Du schon mal gezwungen, mit welchen zu spielen? Welches Spiel war betroffen?
Markus
Ernsthaft? Als die Frage des Monats kam, dachte ich die NSA oder Homelandsecurity hört mein Telefon ab. Christian und ich waren Tage genau mit dieser Frage beschäftigt. Auslöser war meine sehr positive Bewertung von Crystal Palace. Christian hatte allerdings ein fettes „Aber˝ parat. Der Grund: Die Mechanik der Spielreihenfolge. Hatte mich jetzt persönlich in den ersten zwei Spielen mit meinen Buddies nicht so gestört. Aber wenn der Großmeister seinem Padawan eins mitgibt, mache ich mich natürlich auf die Reise.
Idee
Ein paar Foren, Klicks und Lesestunde später auf BGG war ich schlauer. Dieses „Aber˝ kursierte nicht nur bei Christian, sondern bei einigen anderen Crystal Palace Spielern in der Blase. Und dazu gab es dann passend die entsprechende Hausregel. Selbst der Autor Carsten Lauber fand die Idee der Regelvariation nicht schlecht, rechtfertig aber auch seinen Ansatz mit durchaus tollen spielmechanischen und taktischen Erklärungen. Also wieder ans Telefon und Christian angerufen und ihm Stolz mein Ergebnis präsentiert.
Anpfiff
Was jetzt folgte war ein gewaltiger Anschiss. „Im Blog geht es nicht um Hausregeln˝. Die Rezension sollte sich immer auf die Regeln berufen. Wir würden ja schließlich Vergleichbarkeit herstellen. Mein kurzer Einwand, dass ich das auch so sehe, aber diese Regel bei diesem Spiel ja Sinn ergibt wurde, ähnlich hart wie Thors Hammer zuschlägt, weggefegt. Seitdem habe ich Crystal Palace nochmal in beiden Variationen gespielt und festgestellt, dass beide auf ihre Art sehr gut funktionieren. Mehr dazu in der baldigen Rezension.
Fazit
Was ich aus diesem Dialog mit Christian gelernt habe? Christian brennt für den Blog und die Idee dahinter und sein Fachwissen um Brettspiele ist unglaublich. Ich lerne immer noch so viel und er hat recht. Auch wenn ich jetzt bei Crystal Palace ein „Aber˝ entgegnen werde, aber nur aus meiner privaten Sicht. Crystal Palace ist übrigens bei bisher 150 verschiedene Spielen in meiner Brettspielrunde bisher das Einzige, das jemals eine Hausregel erlebt hat. Für uns sind Spiele und die entsprechenden Regelwerke verbindlich und kein Interpretationsrahmen. Soviel also zum Thema der Hausregel. Ein fettes „Nein˝ mit einem klitzelkleinen „Aber˝. Jetzt bin ich gespannt was Christian schreibt.
Christian
Ich liebe Hausregeln und sie gehören in jedes Spiel und Rezension. So haben wir immer alle Spaß, die Bewertungen katapultieren sich Richtung Regenbogen. Wir wissen zwar nicht, was sich der Autor oder die Autorin beim Brettspiel gedacht hat, bei schlechter Erklärung in der Rezension wissen die Leser:innen auch nicht, welche Regeln verändert wurden und wo man die findet, aber egal. Oder? Vielleicht werden sich auch verwundert die Augen gerieben, weil das Spiel zu Hause so floppte. Stört doch nicht. Hausregeln machen das Leben besser. Oder nicht? Ganz ehrlich, die Frage ist ähnlich gelagert, ob nun Sex und Cheddar zusammen gehören. Jeder kann in seinen eigenen vier Wänden mit Brettspielen anstellen was er möchte. Es macht für euch das Spiel besser, wenn ihr in Gloomhaven voll kooperativ spielt? Ihr das Gegenstandsdeck bei Dark Souls verändert? Oder in Arche Nova eigene Dinosaurierkarten beimischt? Haut rein, seid kreativ! Ich habe absolut rein gar nichts gegen Hausregeln. Ich habe damit Dark Souls für mich gerettet.
Transparenz
Nun kommt der Einwand, den Markus ja schon durchgekaut hat. Merkt ihr eigentlich, wie er jedes Mal bei der Frage des Monats mir die Wort-Wurst vom Blog-Brot klaut? Bei einer Rezension sollte das bewertet werden, was in der Schachtel ist. Das was sich Autor und Verlag ausgedacht haben. Da geht es bei der Bewertung zum einem um Fairness gegenüber all den anderen Brettspielen, aber eben auch um Transparenz und Vergleichbarkeit für Leser:innen. Ich hatte damals bei Dark Souls eine Ausnahme gemacht, dies aber extrem herausgearbeitet und auch in der Endwertung ausgeklammert. Im Nachgang ärgere ich mich darüber trotzdem. Ein weiterer Artikel mit den Vorstellungen zu Hausregeln hätte es auch getan. Auch wenn wir untereinander über Brettspiele sprechen, fern ab von Rezensionen, sollte man aus meiner Sicht erwähnen, wenn man mit Hausregeln spielt. Selbst erlebt mit Eldritch Horror und Gloomhaven. Wenn einem da ein Spiel in Superlativen vorgestellt wird und man nach einem zweiten Austausch merkt, das derjenige mit Hausregeln eigentlich etwas anderes spielt, dann kann man sich solche Diskussionen über Brettspiele auch sparen.
Ich gehöre also der Pro-Hausregeln an, wenn man beim Austausch offen darüber spricht. Weiter bin ich der Meinung, dass Sie in Rezensionen eigentlich nichts zu suchen haben. Alleine für Personen, die nur ein Fazit anschauen oder vielleicht nur die Bewertung, sich mit Board Game Geek nicht auskennen, vielleicht auch die englische Sprache nicht beherrschen, sind Hausregeln einfach problematisch, weil sie dort individuelle Hürden aufstellen, wo keine sein sollten.
Weitere Eindrücke aus der #BG2GETHER-Blase:
Brettspieler | Carromspieler | Viel-Spieler | Ran NFL süchtig | Weinliebhaber | Leseratte | | Brettspielsammler | MTB Fahrer | Sportler | Hobby-Koch | Kooperativ-muss häufiger-sein | Terraformer | Musikgenuss | Spotifyer | Familie | Fußballer |
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- 14. November 2024
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- 31. Oktober 2024
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8 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Ich sehe die Frage sehr entspannt-pragmatisch und als ziemlich problematisch gleichzeitig.
Ohne es genau zu wissen: Ich habe das Gefühl, dass bei vielen Spielen der Autor viel mehr von seinem ursprüngliches Konzept, von seinen Regeln, von seinen Spielmechaniken und -details im veröffentlichten Spiel unterbekommt als früher.
Andersrum gesagt: Die redaktionelle Bearbeitung ist nicht mehr so streng, so gründlich, so umfangreich wie es zum Beispiel (nachweislich) bei vielen German Games der 90er und 2000er war. Das ist an sich erst mal neutral; das kann man positiv wie negativ sehen.
Aber: Brettspiele sind als zu erschaffende Unterhaltungs-Kunstform eines der letzten „Allgemeingüter“. Man muss nicht programmieren können, es braucht keine unbeschaffbaren Materialien, es sind nicht schon vorher gigantische Investitionen erforderlich, es sind keine riesigen Teams nötig. Man braucht theoretisch noch nicht einmal übermäßig viel Talent.
Es reichen grundsätzlich erstmal eine gute Idee, ein vernünftiges Thema, viel Fleiß, Ausdauer und Geduld. Und natürlich ein bisschen Erfahrung mit der Szene.
Man merkt einfach oft, dass ein Brettspiel – trotz aller redaktioneller Bearbeitung – von einem einzelnen, nicht übernatürlichen Wesen stammt. Und man deshalb (unabhängig von der generellen Qualität) bei einzelnen Regeln bzw. Mechanismen oft nicht versteht, warum sie der Autor nun ausgerechnet SO festgelegt hat. „Nicht verstehen“ im Sinne von „es ist nicht nachvollziehbar“.
Genauso oft stellt man dann aber fest, dass glücklicherweise eine (eigene) Regelvariante nicht nur besser funktioniert, sondern auch sonst keine Mechanismen negativ beeinflusst oder gar kaputtmacht. Warum soll man dann nicht mit Hausregeln spielen, wenn es den eigenen Spielspaß erhöht?
Meiner Meinung nach ist das auch durchaus ein Hinweis auf eine Schwäche des jeweiligen Spiels: Bei subjektiv sehr guten oder gar perfekten Spielen hat man nicht nur das Gefühl, dass keine Regeländerungen nötig sind. Man hat sogar das Gefühl, dass gar keine vernünftigen Regeländerungen *möglich* sind.
Bei einer anderen Publikation wird sehr stark auf Monopoly verwiesen. mMn ein unpassende Referenz, da das Spiel a) uralt ist, b) starke Schwächen in der Regel hat und c) (bewusst?) viele Details/Fragen speziell im fortgeschrittenen Spiel offen lässt. Zudem ist es quasi Open End, wird aber nach x Stunden unerträglich. Monopoly ist bestenfalls ein gutes Beispiel dafür, dass man mitunter Regeln ändern MUSS, um überhaupt vernünftig spielen zu können.
Hallo Michael
auch bei dir eine ambivalente Einstellung und ein sehr guter Blick. Die redaktionelle Bearbeitung. Ich glaube einfach, dass Testpartien, Verlage und Autoren nicht immer zusammenarbeiten. Wie oft bekomme wir als Testgruppe Prototypen, wo ich mich frage: „Warum würde nicht in einer früheren Phase Kontakt mit Vielspielern aufgenommen?
Bei Arche Nova gelingt es, bei anderen Spielen wieder nicht. Oder sind Entwickler beratungsresistent? Diese Frage stelle ich mir dann oft und es scheidet dann die sehr guten von den guten Spielen. Aber man stellt sich halt immer die Frage: „was wäre möglich gewesen?“ Wenn ich mir Boonlake anschaue, dann denke ich das immer. Und dann kommt diese Frage: „Warum macht man es nicht richtig“?
Und wenn eine simple Hausregel ein Spiel verbessert ist es gut, oder? Ist es nur die Überzeugung des Spielers, der die Intension des Autors nicht erkennt…?
Geiles Thema…
Aber Monopoly ist kein Spiel!
Was man nicht vergessen darf, gerade in den letzten Jahren, ist wie so oft Corona. Pegasus hat da einmal Einblicke über die Branche gegeben, die eben erst einmal auch nicht digital aufgestellt war und Brettspiele, selbst wenn sie digital gespielt werden, sich anders anfühlen. In der Pandemie waren nun zwei Dinge problematisch: Neue Spiele ausprobieren, sichten und anspielen. Und Konzepte, Protos ausbauen, weil das eben nicht im Home Office geht. Ich selbst habe als Blogger wahnsinnig Probleme gehabt Brettspiele zu rezensieren, weil man eben keine Gruppen zusammenbekommen hat.
Bedeutete, es wurden auch Spiele veröffentlicht, die schon länger in der Schublade lagen oder eben weniger redaktionell bearbeitet wurden. Ein wunderbares Beispiel ist das verkackte Spielbrett von Etherfields was analog am Tisch sofort durchfällt. Das Spiel wurde aber digital getestet und da viel das keiner Spielgruppe auf, weil man eben Zoomen kann, überall gleichzeitig sitzt. Das hätte trotzdem auffallen müssen, aber digital spielen ist eben nicht analog spielen.
Weiteres Problem ist dann Kickstarter und deren Spiele, wo eben meist gar keine redaktionelle Bearbeitung stattfindet. Das merkt man leider ziemlich oft.
Hmm, schwieriges Thema. Eigentlich bin ich bei Hausregeln eher zurückhaltend, weil ich mir denke, dass der Autor sich was bei seinen Regeln schon gedacht hat, das Spiel mehrfach getestet wurde und daher alles seinen Sinn haben sollte. Zudem besteht bei Hausregeln immer die Gefahr, dass das Balancing im Spiel beeinträchtigt wird. Andererseits haben wir aber auch schon öfters mal kleinere Hausregeln eingeführt, welche aber nur geringfügig das Spiel ändern. So draften wir bei Flügelschlag am Anfang die Startkarten. Bei Arche Nova hat man bei uns die Möglichkeit, einmal den „Mulligan“ zu ziehen, wenn man mit seinen Startkarten unzufrieden ist, und erhält dafür alle Startkarten nochmal neu. Als Ausgleich erhält der/die Mitspieler ein „x-Marker“. Diese Hausregeln zielen darauf ab, das Risiko zu verringern, dass eine Person aufgrund deutlich besserer Startkarten gleich am Anfang des Spiels davon zieht. Das Spiel selber wird durch diese Regeln aber nicht beeinträchtigt.
Hi Flo,
wie gesagt. Crystal Palace (siehe Test) ist das einzige Spiel wo ich tatsächlich mit einer Hausregel arbeite. Die Idee beim Arche Nova mit einem Milligan zu arbeiten ist genial, aber gerade da finde ich die Kartenmechanik sehr stark, andere Karten einzubauen und die Karten zu arbeiten. Das Spiel ist schon echt stark und gut. Aber man braucht immer das richtige Timing und manchmal passen Karten halt perfekt. Ähnlich wie bei Terraforming Mars.
Und noch eine Idee dazu: Müssen Spiele immer gleich fair sein? Vielleicht möchte der Autor ja, dass am Anfang unterschiedliche Strategien greifen. Gerade bei Arche Nova ist es so, dass wir schon einige Partien hatten, wo einer zu Beginn mit Artenschutz losgeprescht ist, aber dann von einem attraktiven Zoo geschnappt wurde. Ich bin ein großer Freund von „mit dem Spielen was man bekommt“ und dann vielleicht das beste draus machen, auch wenn es nicht reicht und mein Mitspieler bessere Synergiene hatte, oder einfach besser gespielt hat.
Hallo Markus,
grundsätzlich gebe ich dir Recht, dass der Reiz bei Arche Nova insbesondere darin liegt, mit dem zu spielen, was man hat, seine Strategie an die jeweilige Situation anzupassen und zu versuchen, das Beste aus seinen Möglichkeiten rauszuholen (ähnlich wie bei Terraforming Mars). Der Witz an unserer „Mulligan-Regelung“ ist ja, dass bisher keiner von uns diese Regel jemals in Anspruch genommen hat, weil man meistens doch einen Weg findet, mit seinen Karten etwas Sinnvolles zu machen (und man seinem Mitspieler auch nicht den „X-Marker“ gönnen möchte… ;-)).
Trotzdem finde ich es gut, wenn es diese Regel gibt und man notfalls darauf zurückgreifen kann. Stell dir vor, du hast 8 Startkarten, bei denen nur Sponsorenkarten und Artenschutz-Projektkarten, aber keine einzige Tierkarte dabei ist. Dein Mitspieler hat hingegen ein super ausgewogenes Startdeck und schnappt dir dann auch noch die einzig brauchbare Tierkarte aus der Auslage weg. Das Spiel wäre doch dann schon gleich beim Start entschieden, oder?
Aber grundsätzlich stimme ich dir zu. Es hat schon seinen Reiz, dass der Zufall einem die Startkarten zur Verfügung stellt und man dann versucht, das beste daraus zu machen.
Viele Grüße
Was dann passiert? Man scheißt auf Tiere und baut einen abgefahrenen Zoo der auf Wissenschaft basiert. Ist mir mal genauso passiert. Am Ende hatte ich glaube ich nur vier Tiere, dafür 8 Forschungssymbole, zig Sponsoren und habe haushoch mit meinen Symbiosen gewonnen. 😀