Lesezeit: 5 Minuten
Heimliche HerrschaftHeimliche Herrschaft von Board Game Circus reiht sich in die Riege von CuBirds und Wildes Weltall perfekt ein. Es ist schnell erklärt, ebenso schick in seiner Gestaltung, angenehm reduziert in seiner Mechanik und am Ende besteht die elementare Chance, dass alle am Tisch sich gegenseitig  verarschen. Klingt derb, aber passt! Ich wurde hier schon von meinem jüngsten Sohn hart ausgeblufft. Wie also wird diese Spannung, wo stets Augenhöhe in Sachen Gewinnchancen am Tisch zelebriert wird, aufgebaut?

Kurzcheck: Darum geht es in Heimliche Herrschaft

Der Kaiser ist tot. Lang lebe Heimliche Herrschaft. Du bist Nachfahrin oder Nachfahre des Kaisers und gehörst zwei von vier Fraktionen an, die natürlich um den nun leeren Thron buhlen. Da wären die dunklen Untoten, die grünen Freunde der Wälder, die roten Kaiserlichen und die blauen Wasserfreaks. Das Spielprinzip ist nun denkbar einfach. Mittels einer offen ausgespielten Handkarte veränderst du auf einem kleinen Spielbrett zwei Spielsteine in ihrer Position auf einer Leiste. Das macht ihr reihum, bis eine Person am Tisch entsprechend der Anzahl von Mitspielenden eine bestimmte Menge an offenen Karten vor sich ausliegen hat. Dann ist das Spiel sofort vorbei und anhand der Position der Spielsteine hat eine Fraktion gewonnen. Exemplarisch würde das bedeuten, dass die Kaiserlichen gewinnen, wenn der rote Stein mindestens zwei Felder weiter als der grüne Stein gelaufen ist. Jetzt deckt ihr eure geheime Rollenkartekarte auf und mit Fanfarenstößen wird der Spielsieg verkündet. Natürlich gibt es beim Kampf um den Thron noch einige Finessen, die ich euch jetzt erkläre.

Heimliche Herrschaft
Der Spielbereich ist schön übersichtlich.

Doppelt hält besser!

Der Clou, du hast wie eingangs beschrieben auf deiner geheimen Rollenkarte zwei Fraktionen, mit denen du gewinnst. Dieser Kniff ist genial! Ich kann vielleicht recht offensichtlich als Untoter spielen, der beide Marker in den schwarzen Endbereich der Skala bringen will. Wenn es klappt, habe ich eventuell gewonnen. Zweite Möglichkeit: Ich spiele insgeheim das Wasservolk. Die gewinnen nämlich, wenn beide Marker sehr nah beieinanderstehen und maximal nur einer in der schwarzen Zone steht. Da alle zwei Fraktionen besitzen, man gefühlt in einer Partie öfters seine Taktik ändert, ist es ein wildes hin und her. Einfaches System, maximaler Nervenkitzel! Wer offensichtlicher spielt, der findet vielleicht andere am Tisch, die mit aufspringen. Gerade im letzten Drittel des Spiels gibt es fast so etwas wie Allianzen. Aber nur fast! Verrat durch das plötzliche Umschwenken auf die andere Fraktion sind genauso an der Tagesordnung wie der Kampf um die Mehrheit bei einer Fraktion. Bluffen macht hier einfach derbe Spaß!

Heimliche Herrschaft
Die verschiedenen Rollen und deren Siegbedingungen.

Heimlich

Oft gewinnen nämlich mehrere Spielende über die gleiche Fraktion und dann entscheidet in erster Linie, wer die meisten Anhänger der siegreichen Fraktion vor sich ausliegen hat. Nun wird auch das „Heimlich“ im Titel klar. Das bezieht sich nämlich nicht nur auf die verdeckte Fraktionszugehörigkeit, sondern auch auf so manch andere Karte. Es ist in Heimliche Herrschaft möglich, Karten verdeckt auszuspielen oder offene Karten umzudrehen. Diese Karten zählen nicht für die benötigte Anzahl zum Spielende, aber für die Mehrheit bei den Siegbedingungen. Was habe ich und du also wirklich ausliegen? Sind meine drei verdeckt ausliegenden Karten alle Charaktere der Untoten? Alles Kaiserliche? Was willst du jetzt tun?

Heimliche Herrschaft
Ich mag die Optik des Spiels.

Optionen, Optionen, Optionen!

Du kannst verdammt viel tun. Jede Karte hat seinen persönlichen Kniff. Manche lassen Marker stark in eine Richtung sprinten, andere zusätzliche Karten auslegen. Oft müssen Gegner:innen Karten abwerfen oder verdeckte aufdecken. Es gibt einen Ablagestapel, einen Friedhof und mit der Taverne einen offenen Kartenmarkt und natürlich besitzt Heimliche Herrschaft Karten, die all diese Bereiche durcheinanderwirbeln. Dabei geben sich die zusätzlichen Manöver selten kompliziert, bisweilen vielleicht sehr situativ, aber durchaus immer spannend. Die Sonderregeln sind so gelagert, dass sie Grundschüler:innen mit etwas Lesekompetenz durchaus verstehen und entsprechend gut mitspielen können.

Ja, es entsteht hier oft Chaos, vieles ist nicht planbar und Heimliche Herrschaft ist jetzt kein beinhartes Optimierspiel. Dafür können aber alle mitspielen, sich in Bluffs suhlen, egal wie die Erfahrung aussieht. Und all das trotz der vielen Optionen, die das Spiel bietet. Schnell gespielt, viel gelacht und für absolut wild gemischte Gruppen geeignet. Ihr solltet im besten Fall nur vier oder fünf Personen sein, weil die Dynamik und das Chaos das Spiel besser packen.

Heimliche Herrschaft
Unzählige Karten

Am Tisch

Ich habe sechs offene Karten ausliegen, bei der siebten beende ich das Spiel. Grandios! Ich spiele auf Untote und das offensichtlich. Mein großer Sohn ebenfalls. Ich schiele aber auf meine zweite Option. Da gewinne ich über das Wasservolk. Ich habe drei verdeckt ausliegende blaue Karten. Es läuft, denn beide Spielsteine befinden sich im dunklen Bereich der Skala, aber dicht beieinander und das an der Grenze des dunklen Bereichs. Das Wasservolk kann wird gewinnen. Ich habe dafür die perfekte Karte auf der Hand, um die Spielsteine für mich sehr günstig zu bewegen. Bedingung: Im Markt müssen viele grüne und rote Karten liegen. Ich schmecke den Sieg.  Was passiert? Von meinen Mitspielenden wird mir erst eine offene Karte umgedreht, heißt, ich kann das Spiel nicht beenden. Dann wird der für mich passende Markt aus roten und grünen Karten abgeräumt und ich muss noch eine verdeckte Karte offen auslegen. Sie ist blau. Die Tischgesellschaft ahnt die Finte. Kurz danach beendet Party-Martin mit einem Powerzug das Spiel und die grünen Baumschmuser gewinnen. Ich kotze innerlich und schreie Revanche!

Heimliche Herrschaft
Sieg!

Fazit

Heimliche Herrschaft ist angesiedelt zwischen Absacker und Familienspiel. Die Ersterklärung dauert wenige Minuten und dann kann wirklich jeder bluffen, taktieren und das sich immer wieder bietende Chaos genießen. Oft ist lange nicht abzusehen, wer gewinnt, dafür steckt zu viel Dynamik drin. Trotzdem ist man kein verlorener Spielball des Zufalls. Mitspielende richtig einschätzen, Allianzen temporär schließen, sich eine passende Hand zurechtlegen, um perfekte Nadelstiche bei anderen zu setzen oder eben das Chaos einzudämmen, bieten Raum für taktische Spielereien. Gerade die Rollenkarten mit ihrer doppelten Fraktionszugehörigkeit ist der entscheidende Kniff, der stete Spannung und Taktik gekonnt vereint. Gerade in größerer Gruppe mit vier oder fünf Personen entwickelt sich Heimliche Herrschaft zu einem famosen, einfach zu spielenden Bluffspiel, welches mit einer tollen Dynamik glänzt!

Info: Heimliche Herrschaft wird bald eine Erweiterung mit dem Namen Forgotten Legends erhalten. Wir werden, wenn es soweit ist darüber berichten. Neben einer neuen Fraktion wird es Fähigkeiten für Anführer:innen und viele neue Karten geben.

Heimliche Herrschaft

25 €
8.1

AUSSTATTUNG

8.0/10

SPIELIDEE

7.8/10

SPIELSPASS

8.5/10

Kurzfakten

  • Schicke Optik
  • Einfaches Spielprinzip
  • Hohe Dynamik & Interaktion
  • Taktische Fraktionszugehörigkeit
  • Durchaus chaotisch
  • Reizvoll mit 4 oder 5 Personen

Spielinformationen

  • Genre: Bluffspiel
  • Personen: 2 - 6
  • Alter: ab 10 Jahre
  • Dauer: 20 - 40 Minuten
  • Autor/in: A. Müller, M. Müller (II), R. Stocker
  • Rezensionsexemplar erhalten
Redakteur | Admin | Gründer von Brett & Pad | Website

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2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Die Rezension klingt eigentlich besser als 8,1 (was ja auch eine gute Note ist). Ich hatte das Spiel bei Kickstarter damals gesehen und hatte mich aufgrund des schicken Artwork schon angesprochen, dann aber dagegen entschieden. Aber nun bin ich echt heiß drauf

    Antworten
    • Spielspaß ist ja eine 8.5 🙂

      Und wenn du zu viert oder fünft spielst und Chaos magst, dann lass dich eher von den Wörter begeistern und nicht der Wertung.

      Wenn du eher zu zweit spielst, dann eher nicht. Geht auch, ist dann aber nicht nach meinem Geschmack.

      Antworten

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