Kurzcheck: Darum geht es in Imperium: Klassik
Jedes der acht Völker bringt sein eigenes Startdeck mit. Diese sind aber relativ schmal gehalten, besitzen aber trotzdem eine eigene Ausrichtung. Während einer Partie versuchst du über einen Kartenmarkt dein Deck zu verbessern und eigene Karten zu aktivieren. Pro Zug hast du drei Aktionen, um eben diese neuen Karten zu kaufen, andere auszuspielen oder Ressourcen zu generieren. Die meisten der Karten werden direkt abgelegt. Andere, wie Gebiete, Errungenschaften deines Volkes oder Städte bleiben hingegen im Spielbereich. Man kennt das! Eine Besonderheit ist die Geschichte, ein persönlicher Ablagebereich von dauerhaft entfernten Karten, die aber trotzdem z.B. für Siegpunkte gewertet werden.
Zweite Besonderheit: Immer wenn du deinen Nachziehstapel aufgebraucht hast, entwickelt sich dein Volk weiter und du erhältst eine verdeckte Karte von deinem Volksstapel. Entweder eine Verbesserung oder durch Aufstände eine Schwächung des Decks. So wächst dein Volk stetig an, bis der Volksstapel aufgebraucht ist. Dann wechselt man vom Barbaren-Status zum Imperium-Status. Die zweite Phase des Spiels tritt ein! Nun kannst du im Regelfall deine alten Barbaren-Karten nicht mehr benutzen, dafür aber starke Imperium-Karten. Wenn du jetzt deinen Nachziehstapel durchgespielt hast, kannst du enorm starke Karten aus deinem Entwicklungsdeck kaufen und punktuell dein Deck verbessern. Das Spiel kann auf einige verschiedene Arten enden, meist immer dann, wenn ein bestimmter Stapel aufgebraucht ist. Wer dann die meisten Siegpunkte über die Karten erzielt gewinnt.
Unschöner Einstieg
Normalerweise schreibe ich im Kurzcheck etwas über die Atmosphäre und die thematische Verknüpfung. Tja, das fehlt nicht umsonst und da sind wir beim Faltengesicht meiner Frau. Imperium: Klassik hat bei mir verschiedene Einstellungsstufen geweckt. In der ersten Stufe denkt man sich, was mache ich hier eigentlich?! Es fühlt sich absolut mechanisch an. Da hat man Gebiete, die kann man ausspielen und andere Karten unterschieben. Warum? Man sieht Symbole auf Karten und weiß gar nicht, wofür man die braucht. Ich sammelte Ressourcen ohne Ende, konnte sie zuerst aber gar nicht ausgeben. Einen hohen Anspruch habe ich auch nicht gefühlt. Fast fühlte sich das Spiel banal an. Seelenlos. Ein Materialmonster wie Clash of Culture oder Eclipse hat man mit dem ersten lockeren Blick im Sinne des Spielziels eher durchdrungen, als das mechanische Imperium: Klassik nach drei Blicken.
Dazu spielte es sich so zäh wie Römersandale in Pfirsich-Weißwein-Sauce schmeckt. Wir saßen in der ersten Partie fast drei Stunden an dem Kartengeschiebe. Mit jedem Zug merkte ich, dass will meine Frau nie wieder spielen und auch ich war doch ziemlich verstört. Das feiern jetzt alle ab? Viel zu lange Spielzeit, im letzten Drittel immer ähnliche Aktionen, man sehnt das Spielende regelrecht herbei. Ich war auch so mit inneren Fragen zur Mechanik beschäftigt, dass mir das Thema völlig abging. Ja, der Kniff zwischen Aufbau im Barbarenstatus, dem Aufstieg zum Imperium und dem verbundenen Zwang gewisse Karten nicht spielen zu können, ist frisch und cool. Aber der Rest?
Zweite Chance
Hatte ich Lust auf weitere Partien? Ganz sicher nicht. Aber ich biss mich rein. Es folgten weitere Partien, andere Völker und dann verstand ich irgendwann die Begeisterung für das Spiel. Stufe 2! Die Völker spielen sich wirklich alle unterschiedlich. Einfaches Beispiel. Als Grieche habe ich nur extrem wenige Karten im Volksstapel, bin extrem schnell aufgestiegen und kaufe dann teure Imperium-Karten wie Philosophie oder Wissenschaft. Dafür habe ich viel mehr Karten im Entwicklungsstapel und das eigene Spiel wird plötzlich langsamer. Die Skythen hingegen sind als eher barbarische Nomaden mit unzähligen Barbarenkarten gesegnet und besitzen nur ganz wenige Imperium-Karten. Sie fokussieren sich dafür auf viele Gebietskarten, haben also ein großes Reich und ihrer fiese Reiterei. Merkt ihr was? Plötzlich kommt das Thema durch! Wer das Spiel in all seinen Facetten durchdrungen hat, findet dann auch die passende thematische Einbettung.
Zudem entdeckt man einfach die spielerische Vielfalt. Der Markt und wie dort die Karten erscheinen, gibt dem eigenen Spiel und Volk immer wieder einen anderen Drive. Du hast in Imperium: Klassik eben nicht ein festgezurrtes Volksdeck, sondern spielerische Freiheit beim Ausbau. Weiter gefällt mir der harte Wettrenncharakter. Es geht immer darum Speed mit seinem Deck aufzubauen. Temporär verkleinern, ausdünnen, dann wieder ein Anwachsen. Jetzt feiere ich die Mechanik mit dem Unterschieben von Karten unter Gebiete. Es triggert Entscheidungen. Bekannt, aber deswegen nicht weniger schlecht ist dann beim Deckbau der Blick auf die Siegpunkte und ihre Symbiosen. Welche Karten brauche ich? Welche sollten andere Personen am Tisch nicht bekommen?
Ein Problem bleibt
Kommen wir zur letzten Stufe und das ist leider ein ziemlich eklatantes Problem für mich. Mir frisst bei all der spielerischen Begeisterung das Spiel zu zweit immer noch zu viel Zeit. Man kann es spielen, aber das Verhältnis aus aktiver Zeit und Downtime passt nicht. Psychologisch sitze ich zudem immer noch vor einem Kartenspiel. Selbst wenn man das Spiel beherrscht, zwei Stunden sind immer drin. Manche Züge erfordern mehr Denkarbeit. Später fackelt man mit drei Standard-Aktionen, Gratis-Aktionen durch spezielle Karten und fünf Erschöpfungen regelrechte Powerzüge ab. Es dauert einfach seine Zeit! Dazu ist die Interaktion nicht besonders erwähnenswert. Klar, man kann je nach Volk mehr oder weniger stark in das Spiel anderer eingreifen. Es bleibt aber eben genau das. Ein Eingreifen, weniger ein interaktives Spielen. Wer sich die Bewertungen bei BoardGameGeek anschaut, findet unter den Bestnoten fast ausschließlich Bewertungen mit Fokus auf den Solo-Modus. Auch da ist übrigens die Spielzeit nicht gering! Eine fiese persönliche Zwickmühle, weil ich alleine nun absolut gar nicht gerne spiele.
Fazit
Entsprechend schwer ist Imperium: Klassik zu beurteilen. Der Einstieg ist suboptimal. Man fühlt anfänglich viel zu wenig Thema. Es ist in seinem Fokus auf die Mechanik, die man auch erst einmal durchdringen muss, fast als seelenlos zu bezeichnen. Wer sich aber in das Spiel tiefer reinfuchst, anspruchsvollere Völker ausprobiert, merkt, wie viel spielerischer Spaß hier drin steckt. Es erfordert definitiv Ausdauer und Einarbeitungszeit! Plötzlich greift dann auch die thematische Einbettung. An dieser Stelle rate ich zu Imperium: Legenden, denn dort sind die Völker außergewöhnlicher, anspruchsvoller und abwechslungsreicher gestaltet. Problematisch bleibt aber die Spielzeit. Zu zweit kann man darüber streiten, wobei es mir hier auch schon zu ausufernd ist. Im letzten Drittel wächst einfach die Downtime. Zu dritt oder viert ist es für mich unspielbar. Ohne den Solo-Modus ausprobiert zu haben – sorry, ist nicht mein Ding – ist es wohl vor allem für diese Zielgruppe zu empfehlen.
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10 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Ich finde das Spiel einfach Hammer. Es katapultierte sich direkt in die Top 5 meiner liebsten Solo-Spiele. Schnell aufgebaut und fluffig gespielt, mit einem hohen Reiz es gleich nochmal zu versuchen, sollte das Volk gerade nicht optimal gespielt worden sein. Aber es ist auch genau wie du es im Fazit beschreibst, ich möchte es eher nicht zu zweit spielen (Faktor Interaktion und Downtime). Für Solospieler eine absolute Empfehlung, für ein Mehrpersonenspiel aber nicht. Und auch bei den Markern gebe ich dir absolut recht – sie sind zweckmäßig aber hässlich.
Schließe mich der Meinung meines Vorredners an. Solo eine Wucht, zu zweit vielleicht auch noch gut ertragbar, aber mehr…nein danke.
Die häufig kritisierten Marker stören mich komischerweise gar nicht. Finde sie jetzt auch nicht schlechter als zum Beispiel die Marker bei einem Descent oder Imperial Assault.
Was ich mich frage: Zumindest auf der damaligen Spieleschmiede-Website stand, dass es PDF-Tutorials des Designers zu jedem Volk geben soll. Gefunden habe ich solche aber noch nie. Wisst ihr da mehr?
Hi, was sind denn deine Top 5 Solo-Spiele? Ich muss zu Zeit öfter alleine zocken
Hallo Florian, ganz oben auf der Liste steht natürlich Mage Knight, gefolgt von Terraforming Mars, Die verlorenen Ruinen von Arnak, Arkham Horror Kartenspiel bzw. Eldritch Horror (je nach Vorliebe für Karten oder Board), aber auch eine wundervolle Welt funktioniert solo hervorragend. Des weiteren liebe ich Star Wars Outer Rim, könnte sich aber eventuell mechanisch anfühlen. Empfehlen könnte ich dir sonst noch Empires of the North, durch die Soloszenarien fluffig gespielt und sieht grafisch auch toll aus.
Also ich finde Marvel Champions alleine wirklich richtig stark! Und Bloodborne mag ich auch alleine.
Bloodborne finde ich auch richtig stark. Ich habe seit kurzem das Spielbuch ( einsamer Wolf,dass Feuer des Mondes) für mich entdeckt. Solo oder zusammen mit meinem Sohn
Bloodborne finde ich richtig stark. Außerdem habe ich das Spielbuch ( einsamer Wolf, das Feuer des Mondes ) für mich entdeckt, Solo oder mit einem Sohn
Ups! Da war ich wohl etwas übermotiviert
Ich teile die Meinung von Autor Christian zum Spiel „Imperium“ größtenteils. Solo der Hammer, zu zweit ist es grenzwertig, zu dritt oder viert ist es quasi unspielbar lang und langweilig. (Noch nie ausprobiert, aber schon zu zweit saßen wir drei Stunden dran und es wurde im letzten Drittel zäh, weil die größere Kartenauslage viele Möglichkeiten bringt und der aktive Spieler dann oft länger nachdenken muss. Wenn ich mir vorstelle, dass nach meinem Zug DREI WEITERE Spieler dran sind, bevor ich wieder was machen kann… da kann man locker 5 bis 7Minuten warten. Zu tun hat man in dieser Zeit fast nichts, da kaum Interaktion.)
Wer IMPERIUM gar nicht Solo spielen möchte, sollte darauf verzichten. Wer gern solo spielt und ein geniales Strategiespiel sucht mit extrem großer Abwechlung und Vielfalt bei den Völkern, der SOLLTE UNBEDINGT zugreifen! Allein die ersten zwei Varianten „Klassik“ und „Legenden“ bieten mit insgesamt 16 Völkern viel Abwechslung; dazu kommt jetzt neu „Horizons“ (bald auf deutsch als „Horizonte“) mit weiteren 14 (!) Völkern. Darunter sind reale und fiktive Völker, die sich teilweise komplett abartig anders spielen, mit ganz anderen Mechaniken (Utopisten?!?!?!?! Total abgefahren. Und auf die Begegnung mit den Marsianern freue ich mich schon.) Auch der Solo-Bot ist hervorragend gelöst, jedes Volk hat seine eigenen Aktionen, dazu noch andere entweder im Barbaren- und Imperium-Status. Allerdings muss man den Bot auch erst mal verwalten, was wieder etwas umständlich ist, jedoch auch spannend, weil man immer hofft, der Bot macht einen den eigenen Plan nicht kaputt.
Auch die comichaften Illustrationen finde ich persönlich sehr sehr schön. Allein dafür hat sich der Kaufpreis fast gelohnt.
Ich habe mir für das Solospiel alle drei Versionen von IMPERIUM gekauft und bereue nichts. Das einzige, was ich bereue, ist, dass ich Imperium kaum mit anderen Leuten spielen kann. Nur ein Freund mit Expertenspielerniveau zockt es auch hin und wieder gerne zu zweit mit mir..
Ich finde, nur Marvel Champions bietet noch mehr Abwechslung in seiner Vielfalt und Abwechslung, wie man die Partien gestaltet. Allerdings läuft es in MC flüssiger und eine Partie ist deutlich schneller und actionreicher (30-45 min im Regelfall). Und man sollte natürlich Comichelden halbwegs mögen. 😉
Hallo Chris,
wow … vielen Dank für deinen ausführlichen und informativen Post. Grandios! Es soll von dem Spielprinzip jetzt ja ein AUsflug ins STar Trek Universum starten. Das muss ich mir dann auch noch einmal anschauen.
Liebe Grüße
Christian