Kurzcheck: Darum geht es in Atlantis Rising
Atlantis Rising bietet kooperatives Worker-Placement. Jeder übernimmt die Rolle eines Archonten mit Spezialfähigkeit und erhält dazu ein paar normale Arbeiter. Das Ziel ist nicht die Rettung der Insel, die geht immer unter. Es geht darum, ein Portal zu errichten, mit denen die Einwohner der Insel fliehen können und um die Herstellung mächtiger Gegenstände, um ein Vermächtnis des Volkes zu schaffen. Dafür platziert ihr reihum auf den Inselteilen Arbeiter, um Ressourcen, weitere Arbeiter oder mächtige Bibliothek-Karten mit Fähigkeiten zu erhalten. Mit den Ressourcen könnt ihr dann zusammen besagte Gegenstände herstellen. Diese bieten neuen Plätze für Arbeiteraktionen oder starke Einmaleffekte. Sind alle 9 Gegenstände hergestellt, könnt ihr das Portal erschaffen und fliehen, was einem Sieg gleichkommt.
Da fehlt jetzt natürlich was! Richtig, die Insel geht unter. Und das geht verdammt schnell! Zwischen der Platzierung aller Arbeiter und der Ausführung der Aktionen zieht ihr Schicksalskarten, die angeben, was mit der Insel passiert. Meistens bricht ein Inselteil weg. Nach der Ausführung der Aktionen brechen je nach gespielten Runde weitere Inselteile weg. Atlantis hat also die Standfestigkeit eines betrunkenen Boxers in der 10ten Runde. Das die Inselteile wegbrechen, hat weitreichende Konsequenzen! Willkommen beim Wettrennen …
Hilfe, die Aktionen schwinden
Einfache Geschichte, wer an den Rändern der Insel Aktionen ausführen will, der erhält die mächtigsten Gewinne, muss aber eine Badehose mitbringen. Ein simples Beispiel. Auf der Halbinsel, wo du Gold erhältst, brauchst du bei einem Würfelwurf auf dem untersten Plättchen nur eine 3, im Zentrum hingegen eine 5. Was haben wir aber im Kurzcheck gelernt? Nach dem Platzieren der Arbeiter werden erst einmal Schicksalskarten gezogen. Heißt, das unterste Inselteil bei „Gold“ kann direkt untergehen, denn das Wasser frisst sich natürlich von der Küste zur Mitte der Insel. Damit geht dein Arbeiter baden und in der folgenden Aktionsphase heißt das 0 Gold für den Wagemutigen mit der Badehose. Du weißt aber auch, dass all die herzustellenden Gegenstände und das Portal massig Ressourcen brauchen. Ihr habt gemeinsam also keine Zeit, nur in der vorerst sicheren Inselmitte eure Aktionen auszuführen, weil die von der Chance etwas zu erhalten viel zu schlecht sind! Da fliegt euch selbst auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad die Insel flockig um die Ohre. Was also tun?
So geht kooperativ
Rauft euch zusammen! Gemeinsam müsst ihr eure Archonten und deren Spezialfähigkeit gut nutzen. Da werden Würfelproben erleichtert, untergegangene Inselteile temporär aktiviert oder noch nicht gebaute Gegenstände benutzt. Symbiosen zu schaffen, das macht Spaß und ist das Zünglein vor dem Untergang! Auch Bibliothek-Karten helfen oft anderen SpielerInnen und der vom Timing geschickte Einsatz ist extrem wichtig. Das erfordert wieder Absprachen untereinander. Plötzlich ist es völlig egal, dass die Grundmechanik nur aus dem Werfen eines Würfels gegen eine einfache Probe besteht.
Und da sind wir bei der Stärke von Atlantis Rising, denn es ermöglicht in allen Facetten des Spiels die Zusammenarbeit auf einfache Art und Weise, sodass man selbst in großer Gruppe oder mit AnfängerInnen sehr gut spielen kann. Ein Spirit Island zu fünft oder gar zu sechst? Muss nicht sein! Atlantis Rising mit sieben Personen? Immer her damit! Downtime gibt es zudem nicht. Aktionsphasen wie Arbeiter platzieren oder aktivieren macht ihr zusammen. Beim Bauen oder Errichten von Barrikaden gegen den Untergang teilt ihr einfach die Ressourcen. Auch beim wirklich spannenden Moment, wenn die Schicksalskarten rufen und das Chaos auf der Insel ausbricht, zieht jeder am Tisch eine Karte. Alle sind beteiligt, richtig so! Atlantis Rising ist famos leichtfüßig unterwegs und schweißt Gruppen bei nie komplizierten Würfelproben und der stetig zunehmenden Spannung durch den wirklich fühlbaren Untergang zusammen.
Schwierigkeitsgrad
Spannung entsteht also vor allem, wenn man als Gruppe die Atmosphäre genießen kann und alle am Tisch jedem die Daumen drücken. Jubelschreie im Wohnzimmer, wenn eine riskante Planung mit dem eigentlich verpatzen Wurf einer 4 aufgeht, weil man gemeinsam daraus eine 6 macht. Wenn die Gruppe sich allerdings nicht auf die seichte Grundmechanik einlassen kann, dann zündet der Funke nicht. Man kann zwar den Schwierigkeitsgrad gehörig anziehen, was ich geübteren Gruppen absolut empfehle, weil die Insel dann zu einem wirklich erbarmungslosen Ort wird, allerdings erfordert es nur eine etwas bessere gemeinsame Planung und ein Quäntchen mehr Glück. Wem die seichte Würfelmechanik nicht gefällt, der kann sich nur an der Optik sattsehen, was nicht Sinn eines Brettspiels sein sollte. Vielleicht ist es in der Beziehung ähnlich gestrickt wie Pandemie, wo zwar nicht gewürfelt wird, aber Glück beim Kartenstapel auch eine Rolle spielt, wenn man als Gruppe gewinnen möchte.
Fazit
Atlantis Rising wirkt mit der Mechanik-Brille betrachtet wie ein trockenes Eurogame, das mit einer Prise zu viel Würfelproben gesegnet ist. Trocken und Atlantis passt nun aber gar nicht und das bestätigt sich dann auch innerhalb der Partien! Es ist sicher eines der seichtesten kooperativen Brettspiele in meinem Regal, wobei die Zusammenarbeit trotzdem nie trivial ist. Der Druck durch schnell untergehende Inselteile, der damit einhergehenden Verschlechterung des eigenen Fortschritts und der Menge an zu bauenden Zielen, erschafft schnell ein stetiges Kribbeln im Nacken. Nur durch gute Zusammenarbeit und der Schaffung von Symbiosen wird das Unmögliche möglich gemacht. Dabei besitzt Atlantis Rising keine Downtime, eine schöne Modularität und ist ohne Probleme mit bis zu 7 SpielerInnen zu erleben. Das muss erst einmal getoppt werden! Erwartet nur keinen mechanischen Tiefgang, es bleibt bei einfacher Würfelmanipulation und übersichtlichem Ressourcenmangement. Dafür glänzt es dann aber als kooperatives Gateway Game in absoluter Spitzenqualität, bei dem sich trotzdem erfahrene Spielernaturen nicht langweilen müssen.
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2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Hi Christian,
ich habe das Spiel nun mit zwei meiner Brettspielgruppen, zu dritt, zu viert und auch schon zu zweit gespielt. Trotz sehr schönem Spielmaterial ist das Spiel in keiner der Partien positiv aufgenommen worden. Aussage war immer: Für das was das Spiel mechanisch bietet, dauert es viel zu lange. Das sehe ich auch so. Für mich ist es ein Blender und wird die Sammlung wieder verlassen.
Ich kann das verstehen, wie gesagt, mechanisch besitzt es keinen Tiefgang, das habe ich ja auch geschrieben. Allerdings spiele ich es dafür auch nicht. Wir hatten einfach immer eine gute Zeit, gerade in gemischten Gruppen und es war gerade auf höheren Schwierigkeitsgraden echt spannend. Ein Blender ist es für mich nicht, allerdings kann es mit einer anderen Erwartungshaltung definitiv floppen.