Lesezeit: 5 Minuten
Spirit Island: Zerklüftete ErdeSpirit Island: Zerklüftete Erde auf dem Tisch. Plötzlich ein Knall, mir wird ganz schummrig, da klingelt zeitnah der Nachbar. Verwundert drückt er meiner Frau meine Schädeldecke in die Hand, die zum wiederholten Male durch die Decke geschossen kam. Ihre Synapsen glühten zu dieser Zeit selber schon auf Hochtouren und dabei ist sie eigentlich eine Mathemagierin und jongliert daher mit Zahlen und Möglichkeiten im Schlaf! Spirit Island war im Grundspiel schon ein absolutes Expertenspiel und da legt die Erweiterung Spirit Island: Zerklüftete Erde noch eine Schippe drauf!

Braucht man das? Ich war erst ziemlich skeptisch, denn grundsätzlich bin ich kein Freund von Erweiterungen, die nur mehr vom Gleichen bieten. So wollte ich auch der zerklüfteten Erde keinen Besuch abstatten und manch spielerische Erlebnisse davon gaben mir rückblickend Recht. Aber es zieht sich ganz sicher nicht durch die ganze Erweiterung!

Kurzcheck: Darum geht es in Spirit Island: Zerklüftete Erde

Grundsätzlich verändert sich der Grundlegende Ablauf des Spiels nicht. Wer also meine ausführliche Rezension zum Grundpiel kennt, der hat einen guten Überblick. Größte Neuerung sind die Einöde-Plättchen, die den Schaden pro Plättchen in einem Gebiet erhöht. Es gehört in seiner Funktion zu den anderen Plättchen aus der Erweiterung Ast & Tatze wie Bestien, Wildnis, Seuchen und Streit. Ich finde diese Zustände für Gebiete grandios und daher empfehle ich allen, die ohne Erweiterung Ast & Tatze spielen, diese unbedingt zu integrieren. Auch andere Elemente aus der vorherigen Erweiterung werden durch Zerklüftete Erde ausgebaut. So gibt es weitere interessante Ereigniskarten, deren Funktion es im Grundspiel nicht gab, dem Spiel aber mehr Lebendigkeit und eine spannende Portion Zufall schenkt. Neu ist auch die Aktion Isolieren, die ermöglicht in Gebieten das Aussetzen von Aktionen. Ziemlich gelungen, weil es die taktischen Möglichkeiten erweitert.

Ansonsten erweitert Spirit Island: Zerklüftete Erde die Auswahl der Geister ganz massiv, schenkt euch zwei neue Inselteile, verändert die Fähigkeiten (Aspekte) der Grundgeister und macht sie dadurch wieder interessanter. Die Erweiterung ermöglicht nun auch das Spielen zu fünft oder sechst. Natürlich gibt es wieder neue Szenarien und eine weitere Nation. Kurzum, die Schachtel ist extrem prall gefüllt, mit wenigen echten Neuerungen, aber vielen kleinen Anpassungen und mehr Auswahl!

Rein ins Vergnügen.

Geh mir weg!

Nach der Sichtung des Materials, der großen Erfahrung beim Grundspiel und den ersten Partien mit der Erweiterung war für mich eine Sache klar. Mit fünf oder sechs Personen will ich Spirit Island nicht spielen. Durch die Ereignisse, den Zustandsplättchen und auch der Erhöhung der Komplexität der Geister im Schnitt, ist die Anforderung an die Spielgruppe und ihrer Kompetenz bei gemeinsamen Absprachen extrem hoch. Respekt, wer es macht, aber ich will nicht dabei sein! Für mich also ein absolut unnötiges Element.

Einer meiner neuen Favoriten.

Der Kopf kann platzen

Der folgende Warnhinweis gilt eigentlich schon für Ast & Tatze, wird hier aber noch einmal verschärft. Ich habe nicht umsonst mit meiner Schädelplatte im Einstieg schriftlich hantiert. Der Verwaltungsaufwand und der Anspruch steigt! Die Zustandsplättchen ermöglichen neue Strategien, beeinflussen Karten, Kämpfe und Ereignisse. Das ist nicht negativ zu verstehen, man muss nur wissen, dass Spirit Island mit allen Erweiterungen ein knallhartes Komplexitätsmonster ist. Der größte Nachteil: Der Aufbau verschlingt plötzlich Zeit. Wo ich früher im Grundspiel richtig fix, auch gerade Solo losspielen konnte, artet es über drei Spielschachteln in echt nerviger Arbeit aus. So sehr, dass sich plötzlich hier und da Überwindung in die Vorfreude auf die nächste Partie schlich. Damit hätten wir die Schattenseiten aber hinter uns gebracht …

Spirit Island: Zerklüftete Erde
Die vielen neuen Möglichkeiten sorgen mitunter im Standardspiel für einen schnellen Sieg.

Ist das geil!

Größter Pluspunkt auf der Haben-Wollen-Agenda: die 10 neuen Geister! Meine Güte sind die gelungen. Von den neuen Geistern katapultieren sich einige direkt in meine Top 5. Sie sind atmosphärisch genial angelegt und machen spielerisch einfach Spaß. Da agiert man plötzlich als Tierschwarm aus Ratten und Krähen oder wird ein schalkhafter Gestaltwandler. Was musste ich über seine Karte Unerwartete Tiger lachen. Wie gelungen ist seine Fähigkeit, einfach verdeckte Fähigkeitskarten zu ziehen und diese auszulösen, ohne das man vorher weiß was passiert. Spannend, atmosphärisch gelungen und einfach mal was anderes.

Nicht einfach zu spielen, aber auch wieder so unendlich thematisch ist der mächtige Vulkan. Hierbei zerstörst du die Insel mit krassen Ausbrüchen, machst richtig Schaden, kannst aber nur von wenigen Gebieten aus agieren. So ein Vulkan steht eben nicht in jeder Nachbarschaft. Richtig cool finde ich auch Nebel des leisen Todes, der sich wirklich wie ein wabernder und dynamisch ausbreitender Nebel spielt. Und wie heftig sind bitte die Geister Sternlicht sucht Gestalt und Tagessplitter teilen den Himmel! Die Komplexität ist hier nicht umsonst mit sehr hoch angegeben. Allein das Verständnis der Geistertableaus ist ein Spiel im Spiel. Kurzum, die neuen Geister sind abwechslungsreich und mit einem spürbaren Unterschied zu bisher bekannten Geistern kreiert. Allein das rechtfertigen den Kauf der Erweiterung!

Spirit Island: Zerklüftete Erde
Kein Kommentar!

Ist das heftig!

Beim hohen Anspruch klinken sich die Szenarien mit ein. Wie irre ist bitte das Szenario Der große Fluss! Meine Frau und ich schauten uns beim ersten Versuch einfach nur verdutzt an. Das war so die Marke HSV gegen Bayern München, wo die Lederhosenträger vorm Halbzeitpfiff mit 5:0 führen. Man staunt, ist begeistert über den erlebten Spielwitz, will aber das diese Demütigung schnell vorbei geht. Spirit Island verkommt bei dem Szenario zu einem richtigen Tower-Defense-Spiel. Wirklich wahnsinnig cool! Vielleicht auch abartig, je nachdem wie stark die eigene masochistische Ader ausgelegt ist.

Die anderen Szenarien sind leichter, aber nicht weniger interessant, vor allem weil sie immer thematisch glänzen! Ich zumindest habe die Entdecker, die sich plötzlich als Schatzräuber eine neue Rolle überstülpen, spielerisch schätzen gelernt. Am Ende sind die Szenarien und Nationen toll gemacht, aber eben keine wirklichen Neuerungen, wie eben so vieles in der Schachtel. Wer darauf den Fokus legt, der sollte, wenn nicht schon geschehen, erstmal bei Ast & Tatze einsteigen.

Spirit Island: Zerklüftete Erde
Eine deftige Klatsche!

Fazit

Der Preis für die Erweiterung wirkt happig und den Stempel More of the Same muss sich Spirit Island: Zerklüftete Erde aufdrücken lassen. Normalweise bin ich damit gedanklich mit einer Erweiterung durch, noch mehr, wenn die erste Erweiterung Ast & Tatze so viel spielerisch Neues und vor allem Elementares bereit hält. Dann allerdings lassen die neuen Geister die Muskeln spielen! Was sind das bitte für thematisch und spielerisch geniale Ansätze. Schnell gerät man wieder in den unnachahmlichen Sog dieses Spiels, weil man alle Geister auch in Kombination untereinander ausprobieren will muss. Die tollen Szenarien sind dann weitere spielerische Würze! Der Rest ist der Gattung Pimp my Brettspiel zuzuordnen, was bei der Qualität der bisherigen Erweiterung und des Grundspiels wahrlich kein Nachteil ist. Nur eines sollte dir klar sein, Spirit Island wird definitiv nicht einfacher und du hast hier mit gestiegenem Verwaltungs- und Aufbauaufwand zu tun, dafür aber eben ein herrliches Komplexitätsmonster auf dem Tisch . Aber genau dafür lieben wir dieses weiterhin außergewöhnliche kooperative Brettspiel, oder?

Spirit Island: Zerklüftete Erde
AUSSTATTUNG
100
SPIELIDEE
100
SPIELSPASS
100
Leserwertung0 Bewertungen
0
Kurzfakten
Geniale neue Geister
Isolieren als neue Aktion super
Erweitert viele bisherige Elemente
Kreative Szenarien
Verwaltungsaufwand steigt
Extrem hohe Komplexität
Spielinformationen
Genre: Kooperativ
Personen: 1 - 6
Alter: ab 13 Jahren
Dauer: 90 - 120 minuten
Autor/in: R. Eric Reuss
Rezensionsexemplar erhalten
94
Redakteur | Admin | Gründer von Brett & Pad | Website | + Letzte Artikel

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3 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Niklas Rummel
    11. Juni 2021 8:53

    Find die Rezi gut gelungen, aber man muss auch darauf hinweisen, dass die Erweiterung nicht ohne Zusatzkosten sinnvoll gelagert werden kann. Das von Pegasus mitgelieferte Inlay ist eine Frechheit, zumal die mitgelieferten Karten nicht mal ungesleevt in die Einlassungen des Plastikinlays passen. Außerdem gibt es für viele Materialien überhaupt keinen vorgesehenen Stauraum und die zu wenigen Zipperbags lassen sich nicht mal richtig schließen. Wer also das Spiel wieder einpacken möchte, muss sich entweder selbst was basteln, Tüten dazulegen oder sich ein Inlay kaufen für nochmal 15€ Minimum.
    Außerdem sind viele Inhalte aus Zerklüftete Erde NUR mit Ast und Tatze spielbar.

    Antworten
    • Beides habe ich doch thematisiert? Ast & Tatze sollte man definitiv besitzen und es steht ja in der Rezension, dass man sich diese zulegen sollte, wenn man sie noch nicht hat.

      Weiter habe ich darauf aufmerksam gemacht, dass mit drei Schachteln und dem darüber verteiltem Material der Aufbau echt nervig wird. Ich habe die Karten nicht gesleevt. Die Qualität ist aus meiner Sicht gut genug, wobei dein Problem dann schon im Grundspiel auftreten sollte, oder? Es ist ja das gleiche Inlay. Der Punktabzug im Vergleich zum Grundspiel ist aber eben genau aus dem Lager/Verwaltungsaufwand bei Auf- und Abbau erfolgt. Mein Wunsch wäre eine Big Box mit entsprechendem Inlay. Von daher stimme ich dir in beiden Punkten absolut zu! Ich habe das alles deshalb verstaut bekommen, weil ich das Material wirklich auf alle drei Schachteln verteilt habe. Das geht dann ganz gut. Nervig bleibt es trotzdem.

      Antworten
  • Ich habe mir damals für SI das Inlay von Towerrex geholt. Die kleine Variante kostet 18 Euro inkl. Versand. Da passt das komplette Material von Ast&Tatze gesleevt ebenfalls mit in die Grundbox hinein. Für Zerklüftete Erde habe ich mir das gleiche Inlay nochmal geholt und dann alles neu auf die beiden Inlays aufgeteilt. Jetzt habe ich alle gleichen Kartenarten aus den drei Pakete zusammengelassen. Dadurch geht der Aufbau ziemlich schnell und das Spiel kommt jetzt öfters auf den Tisch. Gerne auch als Solorunde abends unter der Woche. Finde ich total entspannend…..auch wenn der Schädel natürlich raucht.

    Es gibt auch ein Inlay für 38 Euro von Towerrex für das Basegame mit allen Erweiterungen und den Premium Token. Das wäre auch noch eine Option, wenn man noch keines hat. Da ich das kleine aber schon hatte, habe ich mir dieses nochmal bestellt.

    Deine Erfahrung mit dem Szenario „Der große Fluss“ kann ich voll und ganz bestätigen. Das hört sich erst so locker an, aber in drei Versuchen bin ich bisher immer unter gegangen. Da liege ich dann anschließend im Bett und grübele, was ich das nächste Mal besser machen könnte. Irgendwann packe ich es noch. Der Reiz ist da, es demnächst wieder zu probieren. Das muss doch irgendwie zu schaffen sein. Grrrr….

    Antworten

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