Kurzcheck: Darum geht es bei Beyond the Sun
Füge hier einen Text ein, der beschreibt, wie die Erde untergeht und die Menschheit hinter der Sonne nach neuen Heimaten sucht. Fertig ist das Gerüst von Beyond the Sun. Du übernimmst eine der vier Fraktionen, die leicht asymmetrisch angelegt sind und versuchst, Technologie zu erforschen, die aufeinander aufbaut und gleichzeitig deine Flotten aus Raumschiffen zu fremden Planeten zu schicken, um sie zu kolonisieren. Beyond the Sun besitzt für diese zwei sehr unterschiedlichen Spielbereiche auch zwei Spielbretter. Es gibt also nicht nur eine thematische Trennung aus Gebietskontrolle im Weltraum und dem Forschen auf der Erde, sondern auch eine materialtechnische. Gesteuert wird das Spiel durch Workerplacement und Tableau-Optimierung, wobei ersteres für mich das Highlight darstellt.
Ein Techbaum-Traum
Der große Spaß ist die Entwicklung des Tech-Baums auf dem Spielbrett. Jede Technologie, die du freischaltest, schenkt dir Entwicklungsboni, die dein Tableau verbessern oder Raumschiffe ins Spiel bringen, und ermöglicht dir neue Aktionen für deinen Worker. Dabei gibt es vier Kategorien, die unterschiedliche Bereiche abdecken, wie ökonomische oder kriegerische Entwicklungen. Um bessere Technologien zu lernen und damit mächtigere Boni und Aktionen zu erhalten, muss man, wie in einer Baumstruktur üblich, die zusammenhängenden vorherigen Technologien ebenfalls erlernt haben. So weit, so klar.
Der Clou ist, dass vor dem Spiel überhaupt nicht feststeht, wie sich der gesamte Techbaum entwickelt. Schaltest du einen Platz durch Verbindungen frei, wählst du aus gezogenen Technologiekarten eine passende aus und platzierst diese. Wer forscht, definiert also die Entwicklung des Spielbretts mit seinen Aktionen. Andere SpielerInnen, die nachfolgen, können dann nur das lernen, was du ins Spiel gebracht hast. Gleichzeitig definierst du nachfolgende Technologieplätze. Denn zusammenhängende Technologien müssen in der Kategorie übereinstimmen. Das birgt durchaus strategische wie taktische Entscheidungen. So könntest du als Pazifist und Ökonom mit in den Militärzweig einsteigen und dort an Gabelungen mit anderen Technologien den Pfad in Richtung Ökonomie drücken. Statt starke Raumschiffe gibt es plötzlich Androidenrechte. Da es zahlreiche Technologiekarten und einen sehr verschachtelten Techbaum gibt, steckt in Beyond the Sun viel Abwechslung. Ebenfalls interessant, marschierst du bei der Forschung vor, definierst du zwar den Weg, aber nachfolgende MitspielerInnen können besser planen, ob sie den Weg überhaupt gehen wollen.
Gemeines All
Die Weiten des Alls sind geprägt durch eine hohe Interaktion! Ausliegende Planeten müssen erobert werden. Nur wer die stärkste Flotte hat, darf Planeten mit Holzscheiben von seinem Tableau bekuscheln. Du willst die Steine loswerden, weil du so deine Produktion erhöhst. Gleichzeitig winken einmalige Boni, wenn du Planeten übernimmst. Noch besser, du erlernst Terraforming! Dann kannst du als Eroberer eines Planeten diese dir endgültig krallen und in deine private Auslage legen. So kannst du noch einmal deine Produktivität erhöhen, erhältst am Ende Siegpunkte für den Planeten und hast sogar manchmal eine Spezialfähigkeit freigeschaltet. Klar wie Space-Brühe, es lohnt sich in den Kampf um Planeten einzusteigen. Es ist aber auch verdammt Aktions- wie Ressourcenintensiv und damit alles andere als leicht. Damit wären wir beim anspruchsvollen Ressourcenmangement…
Es geht einfach nicht!
Beyond the Sun und seine Ressourcenengine ist eine verdammt verflixte Sache. Ich hab da in meiner Erstpartie in die Tischkante gebissen. Wer nicht aufpasst, gerät in eine fiese Sackgasse. Am Ende deines Zuges produzierst du je nach deiner Entwicklung Population oder Erz. Wer nicht vorausschauend plant, dem geht der Nachschub an Population allerdings aus. Damit fällt dein Kartenhaus zusammen! Ohne Population kannst du keine neue Technologie erforschen und auch keine Raumschiffe produzieren. Wer zu schnell und unbedarft wächst, stößt an seine Produktionsgrenze. Da heißt es dann nur noch mit Verlust Population erhandeln oder man weicht auf eine Notaktion aus. Das willst du vermeiden, weil andere dir davonziehen. Das richtige Maß an Wachstum ist der Sprung aufs Siegertreppchen. Das liegt mir nicht. Ich will immer schnell nach vorne preschen. Gib mir alle Planeten! Wo ist meine Armada an Raumschiffen?! Bei der Forschung, natürlich vorne mit dabei. So fällt man bei Beyond the Sun allerdings schnell auf seine Kauleiste. Großartig!
Interaktionsgrinsen
Es macht einfach Spaß auf langfristigen Erfolg zu planen, bei dem dir deine MitspielerInnen immer in die Quere kommen. Beyond the Sun sieht nicht nach einem 4X-Interaktions-Abenteuer aus, ist es aber in seinen besten Momenten! Ich merke, wie Party-Martin mir im All auf die Pelle rückt und meinen besetzen Planeten klaut. Das zwingt mich zur Zurücknahme einer Holzscheibe auf mein Tableau. Plötzlich kann ich keine Population mehr erzeugen. Gleichzeitig heizt mir meine Ehefrau auf dem Forschungstableau ein, weil sie unseren bisherigen gemeinsamen Pfad in eine Richtung lenkt, der mir gar nichts bringt. Jetzt bin ich aber dran, der Blogger schlägt zurück! Verdammt, wieso ist denn das Aktionsfeld für die Bewegung der Raumschiffe besetzt? Forschen kann ich nicht, dafür fehlt mir ein Populations-Würfel… habe ich etwa schon wieder nicht vorausschauend genug gespielt? Zu zweit sinkt die Interaktion etwas, allerdings werden die Spielbretter an die Spieleranzahl angepasst. Es bleibt damit auch zu zweit spannend.
Haariges Spielende
Das Spielende ist fies und kann ein Stück weit frustrieren. Der Fehler liegt am Ende aber immer zwischen den beiden eigenen Ohren. Das Spielende tritt dann ein, wenn je nach Anzahl teilnehmender Personen eine bestimmte Menge an Meilensteine erreicht werden. Erst sind sie in weiter Ferne, dann aber geht es Schlag auf Schlag. Bei vier Personen müssen nur vier Meilensteine erreicht werden. Dann spielt ihr noch eine Runde und zack vorbei. Wer sich am Ende verplant und die Erfüllung von Meilensteinen bei Gegnern vom Timing falsch einschätzt, oder wichtige Aktionsfelder von anderen SpielerInnen blockiert sind, gerät fies ins Hintertreffen. Vorherrschendes Gefühl: „Ach hätte ich nur einen Zug mehr gehabt…!“ Anfänglich hat es nicht den Anschein, aber in Beyond the Sun steckt ein verkapptes Wettrennen. Äußerst positiv, es ist durchaus möglich durch Spezialisierung (Forschung/Weltall) zu gewinnen, wobei auch Mischstrategien möglich sind.
Fazit
Beyond the Sun sieht wirklich unverschämt nüchtern aus. Teilweise sind wohl Prototypen mit mehr opulenter Grafik gesegnet. Während der Partie bin ich dann allerdings über diese staubtrockene Präsentation dankbar! Das Spiel um die Erforschung von Technologie und dem Balgen um Planeten muss doch ziemlich vorausschauend gespielt werden, da braucht es vielleicht die Seele einer Excel-Tabelle. Auch wenn Beyond the Sun insgesamt nicht allzu komplex ist, ist die Verzahnung und das weniger breite, dafür intensive Ressourcenmangement doch fordernd. Gut, ich könnte Endless Space und seinem Giga-Techbaum auch einen Schrein zur Anbetung bauen. Da mag meine Begeisterung etwas verklärt sein. Nichtsdestotrotz ist Beyond the Sun gerade aufgrund der extrem variablen Entwicklung des Techbaums und der damit einhergehenden Abwechslung im Bereich Workerplacement zu empfehlen. Behalte nur im Kopf, das es am Ende ein großes Wettrennen ist und man sich hier aktiv um die Eroberung von Planeten streitet!
Info: Strohmann Games arbeitet gerade an einer deutschen Version von Beyond the Sun.
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4 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Super Beschreibung, trifft es genau auf den Punkt! Sehr gut zu lesen, witzig spritzig. Danke!
Vielen Dank für den netten Kommentar. Dir scheint Beyond the Sun also auch zu gefallen 🙂
Ich finde das Design sieht ein bisschen nach retro aus. Hat seinen Reiz.
Kurze Frage : ist es ähnlich fordernd und komplex wie Eclipse? Ich sehe ausser den kämpfen da gewisse paralellen in der Beschreibung.
Wie lange war bei Euch die Spieldauer?
Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Es mag gewisse Parallelen haben, aber grundsätzlich ist es schon eine andere Ausrichtung. Trotz der Planetenoberungsphase und einem gewissen Area-Control-Aspekt, spielt es sich durch den Workerplacement Part und dem angekoppelten Tech-Board ganz anders. Es spielt sich wesentlich unpolitischer als Eclipse und die Spielzeit ist auch viel geringer.