Kurzcheck: Darum geht es in Kyoto
In Kyoto übernehmt ihr jeder eine Nation und gemeinsam versucht ihr durch das Erfüllen der Zielvorgaben von Studien die Erde zu retten. Dazu gehören natürlich auch die Interessen des eigenen Landes, das an seinem Wohlstand selbstverständlich festhalten will. Jeder hat ein Recht auf Thermalbäder und Golfplätze. Hatte ich schon von den Lobbyverbänden erzählt, mit dem du gemeinsame Sache machst? Entsprechend geht es eher darum, dass die anderen die Erde retten und auf Wohlstand verzichten. Natürlich nur inoffiziell! Und so versuchst du, durch geschicktes Handeln, einem Bluff zur richtigen Zeit und kleinen Bestechungsgelder deine persönlichen Ziele zu erreichen. Es ist eine kleine Klimakonferenz im Wohnzimmer, mit allem drum und dran. Und glaubt mir, wenn zu viele zu hart feilschen, dann geht die Erde schneller zu Grunde, als du denkst. Zum Glück passiert das ja nur im Brettspiel…
Das Thema von Kyoto ist zwar ernster denn je, wird aber mit einem enorm satirischen Anstrich präsentiert. Fast jede Karte, die unseren bekannten Wohlstand aufzeigt, brennt uns die Perversität auf die Netzhaut. Kolonnen von LKWs, die Geldscheine transportieren, Kosmetika, mit Cremes aus Dollarzeichen, Ledermäntel, gefüllt mit Geldscheinen oder SUVs, bei denen die Reifen aus fetten Gold-Talern bestehen. Kyoto ist auf jeden Fall pädagogisch wertvoll und ist für jeden Typ, der meint, er könnte ja nun die Welt besser retten, ein wunderbares Experiment. Kyoto sollte aber auch ein gutes Brettspiel sein! Wie steht es um diese Qualitäten?
Das Spielprinzip
Jeder Runde hat eine Nation den Vorsitz und zieht zwei Studienkarten. Davon suchst du eine aus und legst sie in das stylische Rednerpult. Das hat einen Grund. Es ist so konzipiert, das man die versteckten Umwelteinflüsse nicht sieht und nur die offensichtlichen. Die versteckten Einflüsse kennt nur der Vorsitz. Das ist je nach eigener Lobby und Zustand der Erde schon ein wichtiges Detail. Nun habt ihr als Gruppe 90 Sekunden Zeit die Anforderungen zu erfüllen. Dafür müsst ihr immer Wohlstandkarten opfern und Geld bezahlen. Wer wie viel besteuert ist nebensächlich. Da am Ende aber Geld wie auch die Wohlstandkarten Siegpunkte einbringen und je nach vertretener Lobby noch Extra-Punkte für gewisse Karten winken, will man persönlich natürlich gar nichts beisteuern. Dabei kann man andere Personen auch bestechen, damit sie gespielte Wohlstandskarten zurücknehmen oder vielleicht ausspielen. Gehöre ich der Öl-Lobby an, will ich das keiner meiner MitspielerInnen ihre Öl-Karten abwerfen. Das wären am Ende weniger Siegpunkte für mich selbst. Die Ziele durch die Lobby- und Interessenverbände sind vielfältig und manch einer will vielleicht sogar die Erde retten. Es gibt sogar das Kartellamt! Durch diese immer leicht andere Mischung an unterschiedlichen Zielen wird das Spiel spannend und abwechslungsreich. Das Spielprinzip an sich ist schnell verstanden und so taugt das Kennerspiel auch schon für manch Familie.
Harte Verhandlungen?
Kommen wir zum springenden Punkt. Das Spiel wird absolut langweilig, wenn alle die armen Tiere retten wollen und die Wolken schön weiß bleiben sollen. Wer sich nicht in einen leicht korrupten oder zumindest einen für seine Interessen hart kämpfenden Politiker hineinversetzen kann, der braucht Kyoto nicht zu spielen. Du musst dich auch mal für Großwildjäger oder die Schweizer Bank einsetzen können. Und du musst deine Mitspielerinnen ausquetschen wollen. Es schlägt in die gleiche Kerbe wie New Angeles oder ähnliche politische Verhandlungsspiele. Nur wenn alle hart feilschen und die Erde genauso ausgebeutet wird, das sie knapp überlebt und du in Geld badest, entsteht Spielspaß. Stop! Der entsteht natürlich auch, wenn du bewusst die Erde untergehen lässt. Das Land mit den meisten Punkten verliert dann automatisch und es gewinnt der lachende Zweite. Vielleicht feierst du deinen moralisch verwerflichen Sieg auf einem Kreuzfahrtschiff mit einer Tour in die Arktis. Noch existiert sie ja, also hoch die Gläser, es lebe der Wohlstand!
Fazit
Als Klima- und Wohlstandsatire funktioniert Kyoto auf jeden Fall. Das Material ist großartig und damit meine ich nicht nur den schwarzen Humor, sondern auch die Qualität an sich. Das Papp-3D-Rednerpult taugt da als Beispiel. Nur macht Kyoto auch Spaß? Diese Frage musst du dir selber beantworten! Mit der falschen Einstellung und Gruppe frisst sich der Spielspaß auf, als würde eine fette Ladung FCKW auf die Ozonschicht treffen. Die Umweltprobleme meiner Jugend. Kyoto braucht die Motivation zur harten Verhandlung mit einer Prise Rollenspiel. Wenn China Öltanker retten möchte und mit Europa um Nachtskifahren und Sojaimporte streitet, dann können daraus große Momente wachsen. Spielerischer Spaß an Verhandlungen und das Leben der Satire. Beides braucht es, dann ist Kyoto ein toller Absacker im Bereich der Verhandlungsspiele!
Kyoto
24.95 €Kurzfakten
- Tolle Satire!
- Großartige Grafik
- Frisches Thema
- Braucht Rollenspiel und...
- ...Spaß an harten Verhandlungen
- Kurze Spielzeit
Spielinformationen
- Genre: Klima-Spiel
- Personen: 3 - 6
- Alter: ab 10 Jahren
- Dauer: 30 - 45 Minuten
- Autor/in: S. Harrer, J. Krenner
- Rezensionsexemplar erhalten
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