Kurzcheck: Darum geht es in Pandemic Legacy: Season 0
Das Grundkonzept wird auch diesmal nicht verändert und ein Prolog ohne Auswirkungen lehrt einen das Spielprinzip. Du sammelst wieder über Karten Sets, um damit nichts anderes als die Welt zu retten. Gut, es geht nun um Agenten und den Kampf CIA gegen KGB, mit all ihren Machenschaften, wie die Entwicklung eines Krankheitserregers als Waffe. Das Spiel sucht also den thematischen Anschluss an Season 1. Aber anders als bisher, wo die Reihenfolge der Seasons aus Aspekten der Geschichte durchaus eingehalten werden sollte, können Einsteiger in die Reihe auch mit Season 0 starten, der ja eigentlich Teil 3 ist. Es ist ein konsequentes Prequel und somit zum Einstieg geeignet.
Was direkt beim Auspacken und der ersten Spielvorbereitung klar wird, das Material ist phänomenal! Pandemic Legacy: Season 0 schenkt einem keine schnöden Würfel, sondern schicke Agenten. Die Charaktererschaffung, einfach nur mega! Wirklich, das toppt die Vorgänger im Halbschlaf. Wo ein Unterschlupf früher ein einfaches Häuschen war, wartet jetzt ein cooles Gebäude auf euch. Das Spielbrett scheint mit Streichhölzern, Kaffeebecher und passenden Flecken atmosphärisch direkt aus einem 60er-Büro gezaubert. Wir starteten also extrem motiviert und es schien, das Season 2 doch noch einmal getoppt werden könnte!
Das beste Pandemic?
Ich kann natürlich nicht verraten, was euch alles erwartet, aber über den mechanisch starken Einstieg können wir sprechen. Der Kampf gegen die Agenten ist nämlich richtig cool umgesetzt und wartet mit einigen frischen Veränderungen. Es gibt nun Einsatzteams, das sind Busse, die ihr über das Sammeln von fünf gleichen Karten erschaffen könnt. Einmal erstellt, können diese gemeinsam gesteuert werden und für euch Agenten aus Städten vertreiben. Allerdings muss die Fraktion des Einsatzteams mit der Stadt übereinstimmen. Insgesamt erhöht es die Möglichkeiten sich zu wehren und auch strategisch vorzugehen.
Ausbrüche sind jetzt Eskalationen, wo der KGB die Überwachung für die nächste Partie verstärkt und so einem das Leben schwer macht. Neu im Spiel sind zusätzliche Effekte auf den Stadt-Karten, die bei einem Ausbruch ausgelöst werden. Das ist nie sonderlich schön und kann das Spiel in eine fiese Abwärtsspirale ziehen. Hier entsteht ein gänzlich neue Dynamik!
In Städten, die durch den KGB überwacht werden, sollte man als CIA-Agent seinen Zug zudem nicht beenden, dann dadurch verliert man Tarnung. Der Russe ist watching you! Am Ende kann der eigene Agent dadurch sogar sterben. Wer sich das Spielbrett zum Start anschaut, sieht, dass ganz schön viele Städte mit KGB-Überwachung starten. Das Leben als Agent ist also von Anfang an spannend. Die Ziele sind auch anders aufgebaut und auf die neuen Mechaniken und das Thema perfekt zugeschnitten. Schlussendlich ist Pandemic Legacy: Season 0 für mich in seiner Gesamtheit das beste Grundspiel aus der Reihe.
Aber…
Die ersten Monate verfliegen wie im Flug! Das Spiel krallt sich wieder emotional ins Spielerherz, weil die dazukommenden Mechaniken mit all ihren Stickern, Karten und Material Pandemic Legacy: Season 0 anfänglich zum Agenten-Traum erheben. Wer sein eigenes Kind am liebsten James Bond genannt hätte, der braust gedanklich mit seinem Aston Martin durch die kurvigen Straßen des Spielspaßes. Ach, Ethan Hunt zählt natürlich auch. Und wie cool ist bitte der neue Abschlussbericht! Story gibt es nicht nur auf Karten, sondern auch in einem Abenteuerbuch. Je nach Ausgang, Mission und sonstigen Effekten wird etwas anderes vorgelesen. So viel Story gab es in einem Pandemic wohl noch nie.
Ich war wirklich begeistert! Leider kann, gerade im Hinblick auf die Überraschungen in der extrem starken Season 2, das Spiel dieses Niveau nicht halten. Vielleicht ist das auch eine gewisse Souveränität, mit dem die erfahrene Spielgruppe agiert, was sie erahnt, aber auch was das Autoren-Duo sich hier erdacht hat. Es ist nie schlecht oder richtig enttäuschend, eher Stagnation auf einem guten Niveau. Pandemic Legacy: Season 0 erreicht selten die spielerische Überraschung der zweiten Season und erreicht zu keiner Weise deren Freiheit bei den Aktionsmöglichkeiten. Zu schnell spult man zu oft die gleichen Ziele ab, zu wenig wirklich Überraschendes schlummert in den Boxen, gerade in der zweiten Hälfte des Spiels. Für mich gab es keinen Brain-Fuck-Moment, keine Gänsehaut. Emotional enttäuscht es, trotz seiner spielerischen Grundqualitäten.
Hinzukommen dann hier und da noch ein paar mechanische Fallstricke, die wir vorher weniger erlebt haben. Es ist demotivierend, wenn man rechnerisch schon vor Spielbeginn weiß, das man ein Ziel nicht schaffen kann. Noch demotivierender ist, wenn man erfährt, dass es in manchen Situationen gewinnbringender für die Zukunft ist, wenn man bewusst verliert, als das man sich einen knappen Sieg erkämpft. Vor allem, wenn es thematisch dafür keine Grundlage gibt.
Fazit
Die Quintessenz des Durchlaufs ist, dass Pandemic Legacy: Season 0 die spielerisch ausgereifteste Erfahrung ist, wenn man sich die Grundmechaniken, Material und das Thema anschaut. Auch die später dazukommenden Elemente machen das Spiel zu einem kooperativen Agenten-Spiel der Extraklasse. Ich bin eigentlich kein Fan der diversen Abwandlungen aus der umfangreichen Pandemie-Reihe, aber ein Grundspiel Pandemie: James Bond, welches die dargebotenen Elemente geschickt vermengt, kaufe ich sofort! Ich war über 12 Monate James Hitman, der Erzfeind des KGBs und dafür bin ich dankbar.
Trotzdem bleibt Pandemic Legacy: Season 0 hinter meinen zugegeben sehr hohen Erwartungen zurück. Dafür gab es ein paar zu viele unglückliche mechanische Fallstricke, die ich vorher so nie erlebt habe. Schwerer wiegt aber, das sich die Season 0 zu früh ausruht, denn der Beginn ist durchaus stark. Wenn ab einem gewissen Moment kaum Nervenkitzel beim Öffnen von Boxen herrscht, man irgendwie alles erahnt und Freiheit und Abwechslung bei Zielen vermisst, dann sind das die Kernbereiche, für die ich eigentlich ein Legacy-Spiel spiele. Exemplarisch ist der finale Höhepunkt eher im Oktober und nicht im Dezember zu suchen. Spielenswert bleibt Pandemic Legacy: Season 0 nichtsdestotrotz und als Gesamterfahrung, über alle Seasons hinweg, ist diese Reihe ein absoluter Meilenstein der Brettspielgeschichte.
Pandemic Legacy: Season 0
ca. 65 €Fleischpöppel | Brettspieler | Videospieler | Rollenspieler | Miniaturenbemaler | Würfel-Lucker | Airbrush-Anfänger | Blogger | Schönspieler | Rum-Trinker | Brettspielsammler | Crowd-Funding-Süchtig | Trockner Grübler | Pöppel-Streichler | Magic-Verweigerer | 4X-Fanboy | Sickerflopp-Liebhaber
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2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Sehr schöne Rezension, danke! Anfangs war ich auch etwas mit den Superlativen überfordert. Mir sind zwar schon einige gute Dinge zu Ohren gekommen aber so eskaliert wie am Anfang von diesem Beitrag ist es noch nie. 😉 Verstehe mich nicht falsch, wir sind auch große Fans dieser Spielreihe… Und dann das ziemlich ernüchternde Fazit.
Ich denke, dass es gerade für Einsteiger super geeignet ist, da es mit Season 1 und 2 anschließend nur besser wird (wie du schon selbst erwähnt hast). Season 2 ist bei mir und meiner Frau auch am besten angekommen, daher werden wir auf Season 0 denk ich vorerst verzichten, bis der Nachwuchs reif genug ist, dass wir von Familienspiel (https://simonjan.de/collections/verkopft) wie Verkopft auf etwas ernsteres umsteigen können. Ich freue mich sehr drauf!
Liebe Grüße, Matti
Man muss auch ein wenig unterhalten. Ich schreibe ja auch mit einem innerlichen Augenzwinkern.
Grundsätzlich hatten meine Frau und ich einfach immer extrem viel Spaß mit den Seasons und die Superlative hat sich Season 2 bei uns einfach verdient. Wir zwei haben da die Zeit um uns herum echt vergessen und waren wie im Rausch.
Für meine Frau gibt es kaum bessere Spiele als Season 1 und 2, das peitscht einen dann emotional natürlich mit.