Ecos: Der erste Kontinent reizte mich enorm! Die Erschaffung des ersten Kontinents als eine Art Naturgeist, genial! Dazu ein für mich frischer Bingo-Mechanismus, im Kern einfache Regeln auf Familienspielniveau und im Abgang der Geschmack von strategischer Tiefe durch Drafting. Ich sah die schicken Holzelemente, die Tiere und das Kopfkino sprang an. Hier stand Afrika Pate und ich hatte wahnsinnige Lust diesen Kontinent zu gestalten. Nun wurde Afrika mehrmals gestaltet oder eher Dune – der Wüstenplanet. Manchmal eher ein Meer mit Inseln. Tiere? Tonnenweise! Wobei, manchmal auch nur Bäume. Was nach ordentlicher Abwechslung klingt, ist nur ein kleiner Teil des großen Problems von Ecos, dem Land der Zufälligkeit.
Kurzcheck: Darum geht es in Ecos: Der erste Kontinent
In Ecos: Der erste Kontinent gestalten die Spieler einen Kontinent und versuchen dabei möglichst viele Siegpunkte zu kreieren. Das Fundament ist ein Bingo-Spiel. Jede Runde zieht ein Spieler einen Stein mit Symbol aus einem Beutel. Entsprechend dem Symbol darf nun jeder Spieler eine Energie auf seine vor ihm ausliegenden Karten stellen, wenn auch dort das Symbol abgebildet ist. Hat ein Spieler auf seiner Karte alle Symbole mit Steinen belegt, schreit er aufgeregt ECOS und darf die Karte aktivieren, um die Effekte abzuhandeln. Danach wird die Energie wieder in den eigenen Vorrat gelegt und die Karte um 90° gedreht. Je nach Karte kann man unterschiedlich oft Aktionen auslösen bis diese abgeworfen wird. So erschaffen die Spieler Lebensräume aus Steppen, Bergen, Wäldern oder Wasser, platzieren Tiere, ja, erschaffen ganze Herden und lassen sie auf dem Kontinent umherziehen. Auch das Abreißen von Landstrichen oder das Fressen von Tieren steht auf der Agenda! Klingt nach einer Menge Spaß…
Und Gott erschuf die Synergien
Freunde, schön das die Sonne gezogen wurde. Schau, ich platziere hier eine Energie auf das Sonnen-Symbol und…ECOS! Durch die Karte erhalte ich zwei Joker-Symbole, die ich hier auf die Nashornkarte platziere. Schon wieder ECOS! Ich darf jetzt ein Nashorn auf ein Wüstenfeld platzieren. Schöne 3 Siegpunkte. Da angrenzend kein Tier steht erhalte ich 5 Extrapunkte. Jetzt bekomme ich noch zwei Joker-Symbole. Die Energie platziere ich auf der dritten Karte und… genau ECOS! Schon wieder darf ich auslösen. Diesmal darf ich einen Berg platzieren und schreibe mir 4 Punkte gut, falls angrenzend maximal ein Berg steht, gibt es wieder 5 Punkte obendrauf. Schöne 17 Punkte in einem Zug und glaubt mir, das geht noch besser. Dabei habe ich mir diese Karten sogar bewusst gedraftet! Einer der guten Momente in Ecos: Der erste Kontinent, die sogar relativ oft vorkommen.
Ohne Drafting bei Spielbeginn verliert das Spiel seinen Reiz, mit Drafting, mag es anfänglich noch so unübersichtlich sein, ist dieses Spiel vorm Spiel reizvoll. Denn Symbiosen zum Bauen gibt es ohne Ende! Dabei müssen nicht nur passende Effekte beachtet werden, sondern auch die Häufigkeit und Zusammenstellung von Symbolen. Trotzdem reicht mir das nicht, schlimmer noch, selbst diese Spielspaß-Power wird aus einem anderen Blickwinkel zum Killer. Fern ab der Tatsache, das Brettspieleinsteiger mit dem Drafting überfordert sein können.
…und dann das Monster!
Ecos: Der erste Kontinent ist für bis zu sechs Spielern. Man stelle sich nun obige Situation vor. Fünf Spielern dabei zugucken, wie sie ihre tollen Kombos abfeuern? In Ecos erschaffen wir nicht nur einen Kontinent, sondern das unbeliebteste Geschöpf der Brettspieler: das Downtime-Monster! Du willst dieses Bingo-Spiel niemals mit sechs Spielern spielen. Eigentlich nicht einmal mit vier Spielern. Es gibt immer den Spieler am Tisch, der nach seiner Platzierung von Energie nicht Ecos schreit und dann zum Zuschauen verdammt ist. Vielleicht sieht er sogar wie andere Spieler gerade seinen Kontinent zerstören, weil sie vorhandene Symbiosen vernichten. Da wird das Wort Ecos ganz schnell zum persönlichen Weltuntergang. Passt irgendwie nicht zum Thema der Erschaffung.
Überraschend beim Thema
Sicher ist dies nun sehr subjektiv, aber bei uns floppte Ecos: Der erste Kontinent vor allem thematisch. Während ich z.B. in einem Spirit Island ganz schnell im Naturgeistermodus bin, fragte mich meine Frau immer wieder nach einer Kiste. Nein, sie wollte keine Kekse naschen, sondern meinte die Energiewürfel mit denen wir als Naturgötter den Kontinent erschaffen. Schatz, das ist keine Kiste, das ist unsere heilige Macht! Drei Minuten später sollte ich ihr eine Tonne reichen. Das Problem wird klar. Dazu wird ein hübscher Kontinent auch nicht belohnt oder ein gewisser Aufbau im Sinne eines ersten Kontinents. Alle Elemente sind am Ende nichts weiter als Siegpunktelieferanten. Ich brauche Wasser? Wüste? Bäume? Dann wird das eben massiv gebaut. So erlebte ich Partien ohne Tiere. Wir schufen Landstriche, die waren zum Abgewöhnen. Man entwickelt keine Identität zu seiner Rolle als Erschaffer, noch zu dem was man erschafft. Klar, Geparden fressen Tiere und Fische leben im Wasser, das reicht mir aber nicht für ein thematisches Eintauchen. Auch finde ich die Gestaltung der Landschaftsplättchen zu grobschlächtig, weil die Texturen viel zu groß skaliert sind.
Reite auf dem Zufall
Logische Konsequenz der Symbiosen mit zum Teil massiver Punkteausbeute: Habe deinen Gegner im Blick! Fällt schwer bei mehr als zwei oder drei Spielern. Vor allem ist es aber manchmal äußerst schwierig eine gegnerische Kombo zu durchbrechen, weil es einen selbst kaum nach vorne bringt oder gar nicht die passende Karte im Spiel ist. Man kann sich neue Karten zwar kaufen, zieht diese aber verdeckt! Ich hätte einen offenen Markt besser gefunden. Man ist dann, bis die Symbole gezogen wurden und der Gegner seine Power-Kombo ausfährt, zum Zugucken verdammt. Wer sich so eine Punkte-Kombo draftet, dem gönne ich das vielleicht noch.
Ich persönlich habe allerdings Spiele gewonnen, weil ich im Spielverlauf Karten erhalten habe, die perfekt zu dem passten, was vorher gebaut wurde. Innerhalb kürzester Zeit wanderte ich mit großen Sprüngen vom abgeschlagenen letzten Platz zum Spielsieg. Ich hatte Glück beim Kartenziehen, Glück bei den gezogenen Symbolen und nochmal Glück, das der Kontinent so gebaut war, wie ich ihn brauchte. Eigene Planung gleich null. Das finde ich weder spielerisch interessant, noch kann ich mich darüber freuen. Auf normalen Familienspielniveau absolut in Ordnung, aber Ecos: Der erste Kontinent ist aufgrund der Spielzeit und des Anspruchs beim Erkennen von Synergien nicht das beste Spiel für Familien.
Fazit
Zu zweit oder dritt spielt Ecos: Der erste Kontinent seine Stärken am besten aus. Akzeptable Spielzeit, selbst bei Eco-Kombos wenig Downtime und man überblickt auch noch die Auslage der Mitspieler. Wer dann noch mit Drafting spielt, kann sich über echtes Symbiosen-Gewitter freuen. Die Grundregeln mögen überschaubar sein und der Bingo-Mechanismus suggeriert anderes, aber Ecos: Der erste Kontinent ist kein Familienspiel. Dafür ist die Downtime in größeren Gruppen viel zu groß und der allzeit wichtige Überblick über eigene und fremde Karten zu mühsam. Wer nicht weiß was er tut, der sieht hier nur Wüstenstaub! Gleichzeitig ist es aber für anspruchsvollere Spieler viel zu glückslastig und das Spiel übernimmt zu oft die Kontrolle über das Geschehen. Großes Manko ist für mich das Thema, welches für mich viel zu selten die Idylle des Cover aufleben lässt und stattdessen Spielmaterial in abstrakte Punktelieferanten presst. Ich bin gefühlt nie eine Macht der Natur und sinnvoller Erschaffer, sondern emotionsloser Plättchenleger. Ecos: Der erste Kontinent ist ein nettes Spiel, ich weiß nur nicht für wen.
INFO: Ecos: Der erste Kontinent ist vorübergehend auf Deutsch ausverkauft.
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3 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Geil, Website mit FIngerprinting (via tools.pinpoll.com). Schnell weg
Hallo,
eigentlich kann man über den Eingangs eingeblendeten Button Cookies deaktivieren, dazu ist Pinpol nach DSVGO umgesetzt und zusätzlich kann man sich unter den Datenschutzbestimmungen über ein Script austragen. Falls das nicht funktioniert, wäre ich sehr dankbar über eine Antwort.
Danke für die wirklich hilfreiche Rezension!