 Die Crime Places geben meiner Frau und mir wieder die Chance in Alter Egos zu schlüpfen. Die mit Hüten im Gesicht und im kalten Wind flatternden Trenchcoats. Wo der Mond in dunkler Nacht mit seinem schummrigen Licht unsere harten Gesichter in die Ewigkeiten der Verbrechensbekämpfung meißelt. Wo Crime ist, sind auch wir! Und wenn es auch nur am Brettspieltisch ist, wir sind mit unserem Kopfkino woanders – zumindest dann, wenn uns die Fälle begeistern. Ob die Crime Places dafür taugen? Oder wird die Garotte gezückt und der Spielspaß blutig abgewürgt
Die Crime Places geben meiner Frau und mir wieder die Chance in Alter Egos zu schlüpfen. Die mit Hüten im Gesicht und im kalten Wind flatternden Trenchcoats. Wo der Mond in dunkler Nacht mit seinem schummrigen Licht unsere harten Gesichter in die Ewigkeiten der Verbrechensbekämpfung meißelt. Wo Crime ist, sind auch wir! Und wenn es auch nur am Brettspieltisch ist, wir sind mit unserem Kopfkino woanders – zumindest dann, wenn uns die Fälle begeistern. Ob die Crime Places dafür taugen? Oder wird die Garotte gezückt und der Spielspaß blutig abgewürgt
Kurzcheck: Darum geht es in Crime Places
Die Crimes Places sind ein neues Rätsel- und Escape-Game-Format, welches ausschließlich über Karten gesteuert wird und das Trendthema der „Lost Places“ mit Kriminalfällen und einer Prise Horror mischt. Daher sind die Spiele auch ab 16 Jahren. Egal welchen der beiden Fälle ihr spielt, die sich übrigens im Schwierigkeitsgrad massiv unterscheiden, es sind immer 72 stimmungsvoll gezeichnete Karten. Die Karten kreieren dabei innerhalb eines vorgegebenen Rasters aus 9 Karten verschiedene Orte aus einer Art Ego-Perspektive. Blicken wir nun z. B. in eine Küche und auf der Karte rechts unten sehen wir eine Schüssel mit blutigem Verbandszeug, können wir diese Karte umdrehen und ein gut geschriebener Text offenbart uns die Geheimnisse. So rätselten wir uns von Ort zu Ort, um am Ende den Fall zu lösen.
Der Vorteil dieses simplen Prinzips: kein Regellesen. Keine wirkliche Anleitung. Karten auslegen. Umdrehen. Vorlesen. Weiterziehen. Dabei sind manche Karten durch Symbole blockiert, die wir erst umdrehen dürfen, wenn wir dieses Symbol freigeschaltet haben. Dies geschieht entweder durch die Erkundung von Räumen an sich oder durch das Lösen von Rätseln. Des Weiteren strukturieren besondere Story- und Fragekarten den Fall. Entsprechend niedrigschwellig sind die Crime Places in ihrer Handhabung. Das muss beileibe nichts Schlechtes sein, kann sich so auf die Atmosphäre konzentriert werden. Doch wie unterscheiden sich nun die beiden Fälle und lebt der Spielspaß noch?

Was kann was?
Die ersten Fälle sind Crime Places 1: Das Sanatorium und Crime Places 2: Bar der Dämonen. Ersteres hat durchaus das gruseligere Szenario. Ein verlassenes, baufälliges Sanatorium, in dem Verbrechen an der Menschheit vollzogen wurden und wir jetzt ein mysteriöses Geheimnis entlarven müssen? Schon etwas Gänsehaut, wenn ich auch Texte oft weniger gruselig empfinde als sie es vermitteln wollen. Allerdings ist dieser Fall leichter als der zweite Fall. Hier geht es in die Bar der Dämonen und Fans von Buffy und Co. dürfen vor Freude abkreischen. Wobei es schon etwas morbider zugeht. Dieser Fall ist auch bedeutend schwerer. Entsprechend für mich motivierender und das von Anfang an.
Das Auf- und Ab im Sanatorium
Als Brettspiel-Krimi-Expertenase roch ich hier zunächst Langeweile. Der Start ist so simpel, ich hatte Angst um meine Zukunft, denn ich nicke manchmal gefährlich weg und Stirn auf Echtholztisch kann schmerzen. Der Grund: Die Auslage war anfänglich eher ein Einstieg in die Hintergrundgeschichte und keine Untersuchung eines Tatortes. Ich hatte Sorge, dass nun alle weiteren Orte, die ich auslege, einfach sehr linear abgewickelt werden und ich stumpf Karten umdrehe, vorlese und dies in einer Endlosschleife. Diese Kartennmechanik legen die Crimes Spaces zwar nie ganz ab, aber es wächst trotzdem in der Breite und streut dann nach einer halben Stunde Spielzeit auch erste komplexere Rätsel ein, für die mehr gemacht werden muss, als einfach nur Karten umzudrehen. Im Mittelteil der gut strukturierten Geschichte war ich plötzlich richtig motiviert, den Fall zu lösen. Was ist wirklich im Sanatorium mit unserer Freundin passiert? Was lauerten für Machenschaften hinter der Leitung? Ich hatte Fragen. Ich wollte Antworten und zerkritzelte mit Notizen Papierzettel. So soll es sein, selbst auf mechanisch einfachem Niveau. Zum Ende hin flaute die Begeisterung leider wieder etwas ab. Mir war die Auflösung zu einfach, die mannigfaltige und durchaus tiefe Ausgestaltung des Szenarios wurde mir zu wenig umfassend geklärt. Meine Frau störte das weniger, aber mein Kopfkino ließ die Erwartungen explodieren. Mein „Kopf“ war Steven Spielberg auf Crime-Blockbuster-Niveau, das tatsächliche Ende eher Kleinstadttheater. Kann die Bar der Dämonen mehr?

Versackt in der Bar
Die Bar der Dämonen kann vor allem anders. Es ist, als würde das Konzept aus dem Sanatorium auf den Kopf gestellt. Statt langer Vorgeschichte werden wir direkt in Rätsel gedrückt. Spielerisch ist der Einstieg somit gelungener, aber wie es die Schachtel verrät, auch schwerer. Zwar offenbaren manche Rätsel, wie auch schon im Sanatorium, durch die bewusst grob gehaltenen Zeichnungen manchmal ihre Lösungsprobleme, insgesamt war ich hier aber viel schneller am Haken. Direkt im zweiten Raum erwarteten uns drei weitere Rätsel und motivierendere Aktionspunkte, bei denen wir vor Entscheidungen gestellt wurden. Ähnlich wie auch im Sanatorium gab es auch Karten, die man vielleicht nicht umdrehen sollte, weil negative Konsequenzen warten. Hier war es aber logischer verpackt, was vielleicht lieber in Ruhe gelassen werden sollte. Weniger gefühlte Willkür und das erzeugt am Ende ein belohnenderes Spielgefühl. Die Rätseldichte, wenn auch nicht alle Kopfnüsse, ist insgesamt auch wesentlich höher.
Also der viel bessere Fall? Nicht ganz. Denn wo im Sanatorium eine gut strukturierte Geschichte wartet, bietet Crime Places 2: Bar der Dämonen eine wilde, mysteriöse und bisweilen für mich zu chaotische und schwer zu folgende Erzählstruktur. Ja, die Geschichte will anfänglich vieles nicht offenbaren, was an sich nicht das größte Problem darstellt. Am Ende funktioniert es sogar. Aber der geschichtliche Einstieg, bei dem ich mit einem verrückten und verurteilten Massenmörder, der mir einfach so ausgehändigt wird, in einem Wald eine alte Hütte untersuche?! Da fehlte mir etwas die Fantasie. Horror und Mysterie als Konzept hin oder her.

Fazit
Trotzdem schafften es die Crime Places, uns in ihre Welten zu ziehen. Das System ist wunderbar niedrigschwellig, der Einstieg reißt ohne Umschweife die Tür zum Spielen auf. Müde von der Arbeit? Hier kann trotzdem noch gespielt werden, selbst wenn sich die Spielzeit bei mehr als zwei Stunden einpendelt. Besonders der zweite Fall bietet eine gelungene Rätseldichte, die für leicht knisternde Hirnzellen sorgt. Allerdings zeigt sich auch die Schattenseite des Formats: Die Mechanik bleibt stets sichtbar, manche Rätsel lösen sich eher von selbst und narrative Wucht wechselt sich mit erzählerischen Stolpersteinen ab.
Das Sanatorium punktet mit Atmosphäre und einem dramaturgisch soliden Mittelteil, verliert aber im Finale an Kraft. Für mich zu viele ungeklärte Fragen und eine eher fast unspektakuläre Auflösung. Die Bar der Dämonen liefert fordernde Rätsel und spielerische Motivation, verzettelt sich jedoch gerade anfänglich erzählerisch in ihrem eigenen Mysterie-Nebel. Letztlich heißt das: Die Crime Places sind kein Meisterwerk des Genres und weit entfernt von den aufwendigen Krimi-Spielen der Konkurrenz, aber trotzdem schöne Unterhaltung, wenn man die Materialschlachten nicht erwartet. Eine Art besseres Adventure Game mit Rätseln für Erwachsene. Wer also Lust auf immersive Ermittlerstimmung ohne Regelballast hat und gerne stimmungsvolle Texte liest, findet hier athmosphärische Tatorte auf kleinem Raum.

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