Lesezeit: 6 Minuten
YROYRO ist die Geschichte von väterlicher Verantwortung und Magneten. Wie passt das zusammen? Hey, wie mir jemand in jüngster Vergangenheit mitteilte, koppeln manche Paare eheliche Sehnsüchte mit Frischhaltefolie. Bilder im Kopf sind etwas Feines. Insofern ist meine Verbindung harmlos. Mein größerer Sohn philosophierte nämlich von sich aus über Brettspielmechaniken – was für ein epischer Moment – und offerierte in präziser Analyse, dass Engine-Building jawohl das Beste wäre. Ich hingegen weiß, er liebt unter anderem Animes. Festgestellt habe ich allerdings auch, dass ich Brettspielschachteln liebe, die einen magnetischen Klappverschluss besitzen. YRO ist nun ein knackiger Engine-Builder, besitzt einen magnetischen Klappverschluss und ist passend optisch vom Mangaka Takashi Konno verzaubert worden. Drei gute Gründe, sich dieses kompakte Brettspiel doch einmal anzuschauen!

Kurzcheck: Darum geht es in YRO

In YRO stellen wir in Konkurrenz zueinander eine gesellige Truppe aus Charakteren zusammen, die verschiedenster Herkunft und Profession entstammen. Das Ziel: Meine neun Charaktere im 3×3-Raster sind am Ende besser als deine, weil deren Symbiosen aus Kampfstärke, Reichtum, Magie- und Technikfähigkeit für mehr Siegpunkte gesorgt haben. Es geht also darum, sich die stärkste Gilde zu zimmern. Das geht überraschend zügig und ohne Downtime vonstatten, ja es könnte sogar von parallelen Spielen geredet werden. Überraschend ist auch die Qualität. Kompakte Ausmaße, aber mit Magnetverschluss, Mini-Double-Layer-Tableaus und Markern aus Holz zeigt YRO, dass kleine, reisetaugliche Brettspiele auch Deluxe-Flair versprühen können.

Spielerisch ist der Kernaspekt, sich aus unzähligen verschiedenen Charakteren eine Engine aufzubauen. Dies geschieht insgesamt über sechs Phasen pro Runde, wobei diese immer gleichzeitig abgewickelt werden. YRO endet, sobald eine Person 40 Siegpunkte erreicht oder 9 Charaktere im persönlichen Raster liegen. Das ermöglicht schon einmal zwei verschiedene Hauptstrategien: Schnell und effektiv 9 Charaktere einstellen und damit die meisten Siegpunkte machen oder langsamer spielen und über eine fette Siegpunkteengine das Spielende einläuten. Der Grundablauf ist immer gleich: Charakterkarten ziehen, Charaktere kaufen und ausspielen, Kampfstärke ermitteln und Siegpunkte ausschütten, danach Tech- wie Magielevel anpassen, Geld einnehmen, Siegpunkte durch Spezialeffekte erzielen und dann das Spiel von vorn. Erklärung in unter 10 Minuten. Absolut familientauglich. Doch was ist nun der Reiz und der Grund, warum es so oft auf den Tisch rotiert?

YRO
YRO ist klein und sehr fein!

Symbiosen über Symbiosen

Als guter Engine-Builder besitzt YRO für seine spielerischen Reize zwei wichtige Grundattribute: massiv viele verschiedene Charaktere und dadurch massiv viele verschiedene Symbiosen. Der Anfang jeder Runde ist damit immer gleich geschwängert von spannenden Entscheidungen, leicht glasiert mit einer Ummantelung aus Glück. Du hast nämlich immer Handkarten von der letzten Runde auf der Hand und darfst jetzt Karten abwerfen. Welche Charaktere möchtest du nicht mehr ausspielen? Willst du manche für später behalten? Diese Fragen sind deshalb relevant, weil du nach dem Abwerfen auf 5 Karten wieder aufziehst. Je mehr du wegwirfst, desto größer die Chance auf vielleicht noch passendere Karten. Der Witz ist nämlich, dass es keine schlechten Charaktere gibt, sondern nur falsche für deine Spielsituation.

Vorbildlich: Der Rundenablauf ist auf jedem Tableau vermerkt.

Hast du die Druidin ausliegen, bekommt diese einen Kampfbonus von +3 pro Magiestufe deiner Gilde. Und bekommst du Siegpunkte in der Kampfphase, erhältst du pro Magiestufe einen zusätzlichen Siegpunkt. „Captain Offensichtlich“ erklärt dir nun, dass diese starke und zugegeben auch teure Karte kaum etwas wert ist, wenn du deine Magiestufe nicht pushst. Da bringt der sexy Stachelritter, der dir am Ende jeder Runde 4 Siegpunkte einbringt, auch nichts. Wobei 4 Siegpunkte sich trotzdem lohnen könnten! Die Buchhalterin produziert in der Produktionsphase allerdings einen Magie- und Technikpunkt. Das wäre was! Jetzt brauchst du nur einen Charakter, der auch mit der Technikstufe Vorteile erspielt. Wenn du jetzt die Schleiertänzerin ziehst und es dir leisten kannst, sie auszuspielen, tanzt der Speichelfluss im Mund Pogo, denn diese erhöht pro Magiestufe deine Kampfstärke um 2 und dein Einkommen um 2 Münzen pro Technikstufe. Dieser Symbiosetornado zeigt den Kernaspekt des Spiels. Welche Charaktere ziehst du? Welche spielst du aus? Die Wege sind divers und das Pushen der Kampfstärke nur ein Beispiel von vielen Möglichkeiten der Fokussierung!

YRO
Synergien zu bauen ist das Ziel

Puzzle-Effekt

Symbiosen sind zudem nicht alles. In YRO ist es auch entscheidend, wo die Charaktere ins persönliche Raster gespielt werden. Nur die Karten, die in den drei Spalten vorn ausliegen, dürfen ihre Kampfstärke in den Ring werfen. Da jeder Charakter zwei Gilden angehört und du Belohnungen bekommst, wenn in Reihe und Spalte gleiche Gildenfarben liegen, ist es auch relevant, was du wie zusammen puzzelst. Das macht YRO nicht zu keinem komplexen Puzzler, aber wer gelegentlich seine Charaktere besser auslegt, erspielt sich kleine Vorteile. Vielleicht rusht du aber auch auf ein volles Raster und lässt Puzzle-Boni links liegen, das setzt langsamere Engine gehörig unter Druck.

YRO
Gar nicht so einfach, das Raster, die Kampfstärke und die Gildenfarben zu optimieren.

WAAAAAAAAS?!

Wichtig ist nun aber auf dem Tisch. Da sitze ich als Papa, Engine-Builder-Gott und Brettspielblogger mit breiter Brust am Tisch. Hey, ich bin hier eingespielt. Meine Kampfstärke? Gute Synergien katapultieren mich jede Runde auf den ersten Platz. Es klingeln die Siegpunkte. Dazu habe ich zusätzlich Charaktere, die mir jede Runde Extra-Siegpunkte einbringen, ein Puzzle-Bonus für die Technikstufe sorgt zudem über zwei günstige Grubenzwerge gute Einnahmen. Mein Blick wandert zu meinem jüngsten Sohn. Er passt bisher fast immer in der Ausspielphase für ein Extraeinkommen, hat erst einen Drachen ausliegen, stinkt in der Kampfwertung ab und hat so mal gar keine Engine. Verwirrt will ich ihm noch einmal den Witz mit dem Engine-Building erklären und ernte böse Blicke. Er kann das, sagt er. Ich halte meinen Mund. Zwei Runden später knallt er in der Ausspielphase zwei fetteste Drachen in eine Reihe, wobei einer der Herr der Drachenritter ist. Puzzle-Bonus geschmeidige 7 Siegpunkte. Ab jetzt werden diese Boni auch noch verdoppelt, seine Kampfstärke ist explodiert und zusätzlich macht er am Rundenende ab sofort immer 8 Siegpunkte. Äh. Jetzt habe ich den Witz mit dem Engine-Building verstanden und verliere das Spiel.

In einer anderen Partie zimmerte mein größerer Sohn eine fulminante Münz-Engine auf den Tisch. Er hatte eigentlich kaum etwas anderes als Münzen und Markt-Charaktere. Letzter Platz. Bis er in der letzten Runde die Karawanenführerin spielte, die zunächst Siegpunkte für Charaktere aus der Marktgilde ausschüttete und dann am Spielende für jede Münze einen Siegpunkt uns ins Gesicht schmetterte. Autsch. Fetter Sieg. Fettes Grinsen, vor allem, weil er die Karawanenführerin von Anfang an auf der Hand hatte. Er hatte einen Plan. Diese kleinen Geschichten erzählt YRO immer wieder. Kein Wunder, dass es zurzeit so gerne auch von meinen Kindern gespielt wird.

Okay … das hat so wirklich funktioniert.

Alles in Gildenbutter?

Die Faktoren des gleichzeitigen und fluffigen Spielens und des gebotenen Engine-Buildings stehlen ein Stück der goldenen Gildenbutter vom knackigen Synergie-Brot. YRO ist zwar unfassbar schnell gespielt, bietet in dieser Zeit bis auf das Wettrennen um die höchste Kampfstärke allerdings keine Interaktion. Es gibt keine Aktionen und schon gar keine Engine, die destruktive Elemente bietet. YRO ist ein nebeneinanderher um die effektivste Engine. Läuft es fluffig, hat eine Person am Tisch den heiligen Gral der Engine am Tisch entwickelt, die in der Spielsituation nicht gekontert werden kann, schaust du dir beim Verlieren zu. Das klingt dramatisch, aber durch die Kürze der Partien, der nicht vorhandenen Downtime und den vielen verschiedenen Symbiosen ist dies verschmerzbarer, gerade im Bereich Absacker- oder Familienspiel. Erwartet nur kein fieses Fest der Interaktion und umarmt manchmal die eigene Machtlosigkeit. Der Weg zur Gildenlegende ist eben ein friedvoller Weg.

YRO
Auch über die Kampfstärke werden jede Runde Siegpunkte generiert.

Fazit

Das aufgebaute und erfolgreiche Engines in einer Partie nicht aktiv behindert werden können und die Interaktion allgemein nicht im Vordergrund steht, ist für manche Gruppen wohl ein Hindernisgrund. YRO erkauft sich damit allerdings eine Fluffigkeit, zerstört direkt jegliche Gedanken an Downtime und hat direkt in der Gateway-Gilde angeheuert. Die große Stärke ist somit die Einstiegsfreundlichkeit! Schnell erleben alle am Tisch verschiedene, spannende Synergien und sammeln im Einklang von wertigem Material erste Erfahrungen im Engine-Building. Das heißt mitnichten, dass erfahrenere Personen hier keinen Spaß haben. Auch als schneller Absacker weiß YRO zu gefallen. Dies liegt in den mannigfaltigen Möglichkeiten, seine Gilde aufzubauen. Nicht nur durch die verschiedenen Charaktere mit ihren Symbiosen, sondern auch durch die Herausforderung, das Raster richtig zu bespielen oder sich für eine Strategie zu entscheiden. YRO ist somit ein echt feines Familien- und Absackerspiel!

YRO Feine Gildenarbeit
Spielinformationen
Genre: Engine-Builder | Personen: 1 - 5 | Alter: ab 10 Jahren | Dauer: 20 - 30 Minuten | Autor: Masato Uesugi | Illustration: Takashi Konno (今野隼史) | Vergünstigtes Rezensionsexemplar
SPIELSPASS
8
MATERIAL
9
SPIELIDEE
7.5
Positive Aspekte
Richtig feines Material
kompakt in allen Belangen
Schnell zu begreifen (Gateway-Spiel)
Viele verschiedene Synergien
Extra Kniff durch das 3x3 Raster und Puzzle-Bonus
Keine Downtime
Negative Aspekte
Eher ein nebeneinanderher
Wenig Interaktion bis auf den Kampf um die höchste Kampfstärke
Gebaute Engines können nicht zerstört, sondern nur in der Effizienz übertrumpft werden (was nicht immer gelingt)
8
Weitere Informationen
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