Lesezeit: 4 Minuten
Everdell: BellfaireEverdell: Bellfaire ist das Taschenmesser unter den Erweiterungen zu Everdell. Klingt das sexy? Kommt drauf an, ob man Gucci-Hase oder Dachs-Waldläuferin ist. Daher ist eine Einordnung schwierig. Ich versuche trotzdem die Frage zu beantworten, ob man diese Erweiterung braucht und was die Unterschiede zu Pearlbrook und Spirecrest sind. Die sind nämlich gewaltiger Natur! Vielleicht noch gewaltiger als dieser 3D-Baum aus dem Grundspiel. Spoileralarm: Der wird in Bellfaire direkt mal gefällt. Also folgt mir ein letztes Mal in das bezaubernde Tal von Everdell, wenn ich die dritte der drei Erweiterungen vorstelle.

Kurzcheck: Darum geht es in  Everdell: Bellfaire

Everdell: Bellfair packt thematisch das Jubiläumsfest aus. Ganze 100 Jahre hat das Reich nämlich auf dem Buckel. Dabei ist die thematische Einbettung der Erweiterung relativ egal, sie passt aber zum spielerischen Spiegelbild. Anders als in den vorherigen Erweiterungen, wo ein passendes Thema umfangreiche Änderungen mitbrachte, ist Bellfaire eher ein buntes Sammelsurium aus individuellen Bestandteilen. Ganz ähnlich wie ein Jahrmarkt mit seinen unterschiedlichen Buden. Es bietet die Möglichkeit, mit fünf oder sechs Personen Everdell zu spielen, neue Ereignis- und Waldkarten, einen Markt, der Ressourcentausch ermöglicht, eine neue königliche Auszeichnung und asymmetrische Tierfähigkeiten und Spielertableaus.

Was du in dein Spiel integrierst, bleibt dir überlassen. Die Erweiterung hat also einen extremen Modulcharakter. Da wären wir beim Taschenmesser. Everdell: Bellfaire ist vielseitig, mit jeder Erweiterung integrierbar und daher eigentlich für alle Spielenden perfekt geeignet. Anders als Pearlbrook und Spirecrest, welches das Original zu einem Wettrennen oder einer Reise umbauen und dabei die Anforderungen definitiv erhöht, schmiegt sich Bellfaire wie ein schmusiger Welpe an das Grundspiel und seine Erweiterungen. Wer jetzt aber neue Welten und liebreizende Herausforderungen sucht, ist auf dem Jubiläumsfest falsch.

Everdell: Bellfaire
Das Spielmaterial ist nicht ganz so üppig.

Eigentlich Pflicht

Gäbe es eine für mich passende Bettwäschekollektion, sie müsste Asymmetrie heißen. In nichts kuschle ich mich in Brettspielen lieber hinein. Entsprechend super finde ich die Option, jeder Tierart in Everdell Fähigkeiten einzuschenken. Endlich sehen die Tiere nicht nur abartig süß aus, sondern die können jetzt auch was! Eichhörnchen, ihr kennt meine Abneigung hoffentlich, bekommen nun, wenn sie einen Zweig erhalten, einen zusätzlichen. Igel erhalten an Orten, wo sie keine Beeren bekommen, immer eine Beere. Diese kleinen Naschkatzen! Füchse dürfen an einem Waldort eine andere schon besetzte Ortsaktion ausführen. Nur drei Beispiele von den 15 Völkern, die aber aufzeigen, wie cool diese Neuerung ist.

Everdell: Bellfaire
Die neuen Fähigkeiten.

Der Markt ist die zweite Sache, die mich absolut überzeugt. Vier Warenmarker definieren das Angebot wie z. B. drei Zweige und eine Karte. Du kannst am Markt einen Worker einsetzen und dir die angebotenen Waren des Markers nehmen. Danach wandert der Marker in den Verkaufen-Bereich. Dort kann durch einen Worker die Nachfrage des Markers bezahlt werden. Dafür bekommt man drei Siegpunkte und zwei Ressourcen seiner Wahl. Danach wandert der Marker wieder in den Verkaufen-Bereich. Der Markt bietet also mehr Optionen, allerdings mit der Gefahr, anderen Siegpunkte zu ermöglichen.

Gerade zu zweit mit geringem Kartendurchsatz finde ich die Ereigniskarten oft schwer zu erfüllen. Habe eine Kapelle und den Pfarrer kann gefühlt so realistisch sein, wie meine persönliche Mondlandung. Die neuen Karten sind weniger spezifisch und können daher schneller erfüllt werden. So wird ein Element bei uns wieder wichtig, das eher von Glück gezeichnet war und wenig spielerische Relevanz besaß.

Eher nett

Es gibt einen Spielplan, der den 3D-Baum ersetzt. Wer ist so wahnsinnig? Zugegeben, die Übersicht ist besser und je nach Tischgröße kann das eine Verbesserung sein. Die neuen Ablagetafeln hübschen das Spiel auf. So ein eigenes Tableau für Ressourcen und einen Ausgangsbereich für die Stadt aus Karten hat schon was. Platzsparender wird das Spiel dadurch aber nicht. Die königliche Auszeichnung ist ein eine variable Belohnung, ganz wie die einfachen Ereignisse, die auf die Mehrheit einer Kartenart am Ende abzielt. Ist als weiteres kleines Wettrennen ganz nett. Natürlich gibt es auch neue Waldkarten, die völlig neue Aktionsplätze für die Worker bereithalten. Kann man davon zu viele haben? Eigentlich nicht, ich habe sie ehrlich gesagt, aber auch nicht vermisst. Das man nun Everdell zu fünft oder sechs spielen kann, mag einige da draußen freuen. Ich kenne aber niemanden. Vom Platz über Downtime, ich sehe hier nur blanken Horror!

Fazit

Eulen sind Weise und betrachten Dinge objektiv? Eulen empfehlen diese Erweiterung! So könnte man die Krux von Bellfaire wohl treffend beschreiben. Everdell und seine zwei vorherigen Erweiterungen lassen mit ihrer liebreizenden Art jeden Süßigkeitenladen zu einem Müllkippe mutieren und bieten spielerische Neuerungen, die Fans von mehr Tiefgang abholen. Das bietet Bellfaire zu keiner Zeit. Die Antwort auf die Frage, ob Pearlbrook oder Spirecrest müsste trotzdem Everdell: Bellfaire heißen. Es macht jede Partie besser, selbst wenn man nur mit dem Grundspiel spielt. Thematisch wie spielerisch liebe ich die asymmetrischen Fähigkeiten, weil sie den Tieren mehr Gesicht geben, der Markt ist eine tolle Option und die neuen Ereignisse sind weniger umständlich zu erfüllen. Trotzdem hat diese Erweiterung passend zur Schachtelgröße viel weniger thematischen und spielerischen Durchschlag. Es ist und bleibt ein Taschenmesser. Zweckdienlich, unscheinbar, aber wenn es fehlt, merkt man es im Wald von Everdell durchaus.

Everdell_ Bellfaire
AUSSTATTUNG
100
SPIELIDEE
100
SPIELSPASS
100
Leserwertung0 Bewertungen
0
Kurzfakten
Modulcharakter
Interessant auch ohne andere Erweiterung
Erhöht kaum den Tiefgang
Asymmetrische Fähigkeiten
Umfang eher gering
Spielinformationen
Genre: Engine-Builder
Personen: 1 - 6
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: 90 - 120 Minuten
Autor/in: James A. Wilson
Rezensionsexemplar erhalten
82
Redakteur | Admin | Gründer von Brett & Pad | Website | + Letzte Artikel

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5 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Klingt nach einer sinnvollen Ergänzung zu den anderen beiden Erweiterungen. Und asymmetrische Fähigkeiten sind natürlich immer gerne gesehen! Aber ist ja schon ein starkes Stück, dass die den Evertree gefällt haben… 😱😅

    Antworten
  • Hallo Christian, haben uns gerade die Bellfaire Erweiterung angeschafft und ein paar mal gespielt und finden es auch gelungen. Wir haben allerdings das Problem, dass wir uns nicht ganz klar ist wie die Fähigkeit der Schildkröte gespielt wird. Wenn ich eine Karte ausspiele darf ich dann mit der Ressource die auf der Fähigkeitskarte liegt auch diese Karte bezahlen? Und wenn ich mir die Ressourcen genommen habe, lege ich dann eine neue aus meinem Vorrat drauf? Mich verwirrt der Satz: „Nachdem“ du eine Karte ausgespielt hast. ODER, wenn dort bereits 1 Ressource liegt….

    Antworten
    • Also ich verstehe das so, dass du 1) natürlich die Ressourcen benutzen kannst, um Karten zu bezahlen. 2) Legst du nach dem Ausspielen einer Karte, eine Ressource auf die Karte, wenn sie leer ist. 3) Wenn die Karte nicht leer ist, musst du die Ressource nehmen, die auf der Karte liegt.

      Antworten
  • Hallo Christian,
    danke für diese Rezension! Finde auch, dass es bei Everdell zu zweit die Karten auf der Wiese lange liegen und sich kaum ändern.
    Welche Erweiterung ermöglicht denn da eigentlich einen besseren Kartendurchsatz? Bellfaire?

    Danke dir!

    Antworten

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