Kurzcheck: Darum geht es in Dungeon Lords
Wer das Videospiel Dungeon Keeper aus dem Jahre 1997 kennt, dem muss ich hier thematisch nichts mehr erklären. Für alle anderen eine kurze Einordnung des Spiels. Du darfst in Dungeon Lords endlich deine böse Seele streicheln! Du bist der Oberschurke und baust über vier Jahreszeiten ein fieses Dungeon, mit Fallen und Räumen, dazu heuerst Du Monster und Kobolde an. Zum einen, um die fleißige Kobold-Arbeiter zu knechten, zum anderen, um die am Jahresende erscheinenden Helden so richtig zu verdreschen. Das ganze machst du zwei Jahre. Was für ein herrliches Thema. Schon im Blutrausch? Die Peitsche aus dem Schlafzimmer geholt? Tja, es gibt da jemand, der ist noch fieser als deine Schurken-Seele: Das Brettspiel selbst!
Dungeon Lords ist von seiner Grundmechanik einfach aufgebaut und übrigens per Anleitung einfach nur wunderbar thematisch erklärt. Jede Runde programmierst du verdeckt drei Aktionen mit Karten, die danach per Arbeiter ausgeführt werden – die coolen Details folgen später – nur ist das Spiel eine einzige Mangelwirtschaft! Du kannst hier durch schlechtes Management bei Steuerabgaben brutale Minuspunkte sammeln, dir können die Monster bei Nahrungsmangel abhauen, dann wären da noch die verschis**** Mitspieler, die dir deine Aktionen verkac****. Was drehe ich hier emotional so am Rad? Tja, weil das Spiel verdammt emotional ist. Es ist hammerhart! Dabei habe ich die Helden noch gar nicht erwähnt. Wenn eine fiese Gruppe aus Dieb, Magier, Krieger und vielleicht Paladin dein Dungeon stürmt, zerfetzt es mit Pech deine liebevolle Behausung, als wäre es eine Piñata auf dem Kindergeburtstag. Packung Taschentücher reicht da nicht. So kann es durchaus sein, dass in der Erstpartie dein Punktekonto am Ende im einstelligen Bereich liegt. Plus- wie Minuspunkte gibt es für fast alles am Ende. Kompliziert ist Dungeon Lords nicht, aber es ist erbarmungslos!
Clou in der Grundmechanik
Gehen wir noch einmal einen Schritt zurück und schauen uns die Grundmechanik an. Acht Karten für acht Aktionen wären das Fundament. Alle planen nun gleichzeitig verdeckt mit drei Karten ihre drei Aktionen. Erstes Hindernis: Die Karten, die du auf dem zweiten und dritten Slot planst, pausieren eine Runde. Heißt, zwei deiner geplanten Aktionen kannst du nächste Runde nicht wiederholen. Zweites Hindernis: Die geplanten Karten und ihre Reihenfolge bestimmen nicht deine Aktionsreihenfolge, sondern definieren nur, in welcher Reihenfolge du die Arbeiter auf das Spielbrett stellst. Im Uhrzeigersinn stellen erst alle nacheinander ihre Arbeiter auf das Aktionsfeld von der ersten Karte. Dann folgen auf die gleiche Weise die anderen Kartenslots. Warum wird das gemacht? Nun, jede Aktion auf dem Spielbrett hat drei Plätze, die alle zwar der gleichen Aktionsgattung angehören, aber unterschiedlich ausgelöst werden. Stellst du einen Arbeiter auf ein Aktionsfeld, musst (!) du das erste freie Feld wählen. Daher ist es elementar zu erahnen, wer welche Aktion auf welchen Slot plant, damit du wiederum deine Karten so planen kannst, dass deine Arbeiter auf die bestmöglichen Felder platziert werden. Erst nach dieser Planung werden die Aktionen der Arbeiter ausgelöst.
In der Praxis
Der Stepptanz der Synapsen wird in der Praxis deutlich. Ich brauche Nahrung. Auf dem Spielbrett gibt es drei Aktionsfelder bei der Nahrungsaktion. Beim ersten Feld muss ich ein Gold abgeben und erhalte zwei Nahrung. Beim zweiten Aktionsfeld erhalte ich eine Bosheit, dafür erhalte ich drei Nahrung. Auf dem dritten Aktionsfeld erhalte ich schon zwei Bosheit, dafür aber drei Nahrung und ein Gold. Thematisch raubst du halt den Händler aus und klaust das Gold, welches die erste Person beim Händler gelassen hat. Ich sagte ja, thematisch ist das der Knaller. Was mache ich nun? Ich habe nämlich kein Gold! Ich möchte auch keine zwei Bosheit erhalten, dann rutsche ich auf der Leiste über die Schwelle, wo mich später der Paladin angreift. Ich möchte also meinen Arbeiter an zweiter Stelle platzieren. Wo plane ich und meine Mitspieler:innen ihre Nahrungsaktionskarte, damit mein Arbeiter als Zweiter platziert wird?
Da jede Aktion so aufgebaut ist, man gleichzeitig sieht, welche Aktionen bei anderen aus der vorherigen Runde gesperrt sind und wie ihr Vorrat an Ressourcen ausschaut, ist das weniger Glück, als man vermutet. Weitere Daumenschraube: Die verschiedenen Aktionsarten auf dem Spielbrett werden in fester Reihenfolge ausgeführt. Erst ist die Nahrung dran, dann folgt der Ruf, Tunnelausbau, Goldgewinnung und so weiter! Man muss also über die Runden hinaus planen. Gold erhalte ich erst an Position 4, kann dieses Gold also niemals für Nahrung an Position 1 in der gleichen Runde einsetzen. Koboldgewinnung, die ich z.B. für die Goldschürfung brauche, liegt auf Position 5, das Gold eben auf der 4. Das System ist wirklich sehr schnell durchschaut, es sorgt aber durch seinen Aufbau für Interaktion und rauchende Schurken-Köpfe!
Power-Schellen
Bisher ist Dungeon Lords also knifflig. Jetzt holt es die Diablo-Schellen raus, als wäre Will Smith bei den Oscars. Da wären z.B. innerhalb der drei Jahreszeiten Ereignisse. Du musst Steuern bezahlen oder deine Monster ernähren, sonst hauen sie ab! Und du musst nach gewissen Regeln dein Dungeon bauen, was einen strategisch fordert. Das alles ist nicht ohne, weil du nicht viele Aktionen hast, bis am Ende des Jahres die Helden anmarschieren. Die Anleitung fokussiert sich nicht umsonst ausführlich auf den Kampf und spendet sogar Kampftutorials! Wer die Kampfmechanik nicht versteht, der werkelt erst einmal die Hälfte des Spiels fröhlich rum, um am Ende die absolute Vernichtung zu erleben.
Die richtige Planung von Fallen, Monsterfähigkeiten und wann man diese in der Kampfphase einsetzt, ist von entscheidender Bedeutung. Das fängt auch schon weit vor dem Kampf an. Die Helden werden nämlich während der Jahreszeit Stück für Stück verteilt, wobei die Stärke der Helden mit der Bosheit der Spielenden korreliert. Bist du in Bosheit ein Wicht, kommt halt der schwächste Held. Allerdings ist Stärke nicht alles! Die Helden haben auch Fähigkeiten. Priester heilen Schaden, Diebe schwächen Fallen, Krieger schützen die Gruppe und Magier überraschen mit fiesen Zaubern. Die richtige Zusammenstellung der Gruppe, die dein Dungeon besucht, ist zu beachten. Wer Dungeon Lords beherrscht, der jongliert während der Aktionsphasen so mit seiner Bosheit, das genau die passenden Helden ins eigene Dungeon wandern. Schlechte Spieler:innen können hier allerdings ordentlich Frust erleben!
Einschränkung
Bevor wir zum Fazit kommen, bei all der Begeisterung für das Thema und den spielerischen kleinen Kniffen, ich persönlich mag Dungeon Lords vor allem zu viert spielen. Es geht auch zu zweit oder dritt, aber dann mit einigen Änderungen, die eben weitere Personen am Tisch simulieren. Mag ich nicht! Dungeon Lords braucht echte Menschen, echte Interaktion, echte Schurken am Tisch. Dann kann es glänzen. Und du solltest Sitzfleisch mitbringen, denn die Spielzeit ist nicht gering.
Fazit
Du kennst das Computerspiel Dungeon Keeper oder hast deine Zeit in DSA, D&D und anderen Rollenspiel verbracht? Dann ist auch nach 13 Jahren Dungeon Lords ein Spiel für dich, wenn du ein dickes Monsterfell hast. Du wirst manch Zahn an der Tischkante verlieren, der Paladin wird dir die Laune der nächsten Tage verhageln und Freundschaften schließt man hier nicht unbedingt am Tisch. Das ist aber eben auch Teil des Reizes! Dungeon Lords ist thematisch eine wahrlich gelungene Sache, die Anleitung famos geschrieben und das Spiel ist trotz übersichtlicher Aktionen und dem altbekannten Workerplacement durch seine Kniffe, der Verzahnung und seiner Erbarmungslosigkeit trotzdem fesselnd. Also vergiss den nächsten Kickstarter und investiere in gute Klassiker!
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3 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Hey Christian, mal wieder eine Rezension zu einem Spiel, welches ich persönlich schon längere Zeit im Auge habe. Ich glaube, ich muss mir das mal holen. Früher in der späten Jugend habe ich Dungeon Keeper geliebt. Das Spielprinzip war einfach der Knaller. Endlich hatte man einmal die dunkle Seite gespielt. Noch dazu in einem so schön übertriebenen Ambiente. Wo konnte man sonst eine Hühnchenfarm bauen, um seine Monster zu ernähren? Oder die fetten Teufler, die mit Giftfurzen unterwegs waren und sich ständig mit den Skeletten in die Wolle gekriegt haben. Die Krönung waren dann die eisernen Jungfrauen, die sich selbst in der Folterkammer haben etwas „verwöhnt“ lassen, damit sie stärker werden. Einfach zu geil. 😀
PS: Hast Du auch die Erweiterungen gespielt? Kannst Du dazu noch etwas sagen?
Hahahah, du bist ein Bruder im Geiste! Ja, das war damals einfach mega geil. Das Brettspiel ist da natürlich abstrakter, bietet aber trotzdem diese „böse“ Seite. Keine Hemmungen wegen des Alters, das Spiel ist heute immer noch gut. Wie gesagt, es ist nur echt fies und wirklich erbarmungslos. Ein Netz für schlechte Entscheidungen gibt es hier nicht.
Die Erweiterung habe ich auch und da wird auch noch ein Artikel zu kommen. Wollte das nur erst einmal aufteilen. Vorweg, die Erweiterung hat ein paar weitere coole Einfälle und mehr vom Gleichen, allerdings von der positiven Sorte. Ich muss die aber noch öfters spielen um sie genauer beurteilen zu können. Gerade was Spielzeit, Tiefgang, Downtime ect. anbelangt.
Hehehe, ja, das mit dem Bruder im Geiste weiß ich von meiner Seite aus schon länger. Dein Spielgeschmack und Deine Einschätzungen verfolge ich schon länger und der passt sehr gut zu meinem eigenen. Von daher stöbere ich immer sehr gerne auf brettundpad herum und lese mir Deine bzw. jetzt Eure Berichte durch. Denn gerade die Prise (oder eher Handvoll) Bling-Bling von Markus benötige ich für meine Lieblingsspiele auch. Von daher feiere ich diese Rezensionen auch sehr ab wie z.B. bei der Spielmatte zu Eclipse, die Tower von Cloudspire usw..
Ich mache mich dann mal auf die Suche nach Dungeon Lords. 🙂