Lesezeit: 5 Minuten

Howdy, willkommen in Dice Town!

Dice Town läuft wohl eher unter dem Brettspielradar. War zumindest bei mir so. Am Stand von Board Game Box auf der Spiel’18 über das Würfelspiel gestolpert, wurde mir dort mit Begeisterung das Spiel in der Theorie näher gebracht. Das Western-Setting wie auch das Material sahen gut aus, dazu ist es als Familienspiel bei den Köpfen hinter Board Game Box sehr hoch angesehen. Also ritt ich mit meinen glorreichen Brettspiel-Ganoven in den Wilden Westen nach Dice Town. Sind wir gekommen, um als Großgrundbesitzer dieses Ortes zu bleiben oder wird der Spielspaß skalpiert?

Kurzcheck: Darum geht es in Dice Town

In Dice Town versuchen die Spieler durch das Werten von Pokerwürfeln zu Besitzrechtskarten und Goldnuggets zu kommen – die bringen Siegpunkte. Zur Hilfe eilt einem mit seinen Aktionskarten der Central Store, die Salondamen, die anderen Spielern gerne Karten klaut und natürlich der Sheriff. Hast du ihn auf deiner Seite, bist du bei Gleichständen das Zünglein an der Waage. Doch genug der Theorie, junger Cowboy! Binde dein Pferd an und komm in den Saloon. Setzt deinen Cowboyhut ab, schnapp dir lässig fünf Würfel, hau den Würfelbecher auf den Tisch und dann reiß ihn – Stop, nun mal langsam!
Vorsichtig unter den Becher geluschert, ein Würfel drunter behalten, der Rest geht heimlich auf die Hand. Tja, was haben deine Mitspieler wohl ausgewählt? Eins, zwei, drei – Würfelbecher hochgerissen und du weißt es. Das wiederholst du normalerweise fünfmal, bis jeder Würfel ausgewählt wurde. Dann hat jeder sein Würfelergebnis und darf, wenn er das jeweils höchste Ergebnis hat, die sechs Orte von Dice Town besuchen, die alle eine spezielle Aktion ermöglichen.
Wer die meisten 9er hat, darf in die Mine zum Nugget schürfen, bei Königen wirst du der Sheriff und bei den meisten 10er darfst du die Bank ausrauben. Das Spielprinzip sollte klar sein! Zwei Elemente machen das Spiel aber besonders interessant. Wobei das irgendwie banal klingt, sorgt es doch dafür, dass sich erwachsene Spieler vor Schadenfreude kringelig lachen. Interessant klingt auch zu sehr nach schwergewichtigen Eurogame, Dice Town ist und bleibt zu jeder Zeit ein munteres Kniffel 2.0! Entsprechend mehr Spaß macht es, wenn viele Spieler am Tisch sitzen. Mit drei Personen fängt der Spaß langsam an, bei vier und fünf dreht er richtig auf!
Treffen sich drei Spieler im Wilden Westen. Das Spielbrett ist für so ein kleines Würfelspiel ziemlich überdimensioniert, versprüht dadurch aber einen tollen und wertigen Charme.

Ca$h, Asse und Pokern

Eines der Elemente welches Dice Town die zwingend notwendige Schärfe bringt, ohne dabei das Spiel zu verkomplizieren, sind die Dollarscheine. Jeder hat davon acht auf der Hand, drei liegen am Anfang in der Bank. Mehr Geld gibt es nicht im Spiel! Das ist wichtig zu wissen, denn das bedeutet, mehr bei mir, ist zwingender weniger bei Dir! Und mehr bei mir bedeutet ich kann richtig Druck machen. Pro Dollar den ich ausgebe – und wieder in die Bank wandert – darf ich einen Würfel mehr unter dem Becher behalten. Bezahlt wird nach dem Anheben des Würfelbechers. So weiß kein anderer Spieler was für ein Spiel man treibt.
Wir erinnern uns, gewürfelt wird so lange bis alle Würfel gewertet werden. Erster Wurf unterm Becher, gleich mal drei Damen und zwei Könige? Also ein schönes Full House! Zack, vier Dollar bezahlt und fertig ist die Runde. Da gucken die anderen doof aus dem Holster. Ein letzter Wurf ist allerdings noch erlaubt. Ich sorge für einen eigenen starken Wurf und verkürze den anderen damit ihren Spieldurchgang. Aus stumpfen Würfeln wird so ein kniffliges Pokern mit Geld und taktischen Würfeldurchgängen.
Das mächtigste Würfelergebnis ist das Ass, aber auch das riskanteste! Asse erlauben mir im Rathaus mit einem Wurf gleich mehrere mächtige Besitzrechtskarten zu nehmen. Mächtig deshalb, weil sie oft sehr viele Siegepunkte ausschütten. Die Asse sind aber auch die einzige Würfelseite, die in keinem der anderen Orte etwas Wert sind. Gefährliches Spiel! Hier ist pokern angesagt. Was haben die anderen gewürfelt und wie hoch ist meine Chance etwas zu erreichen, wenn ich mir jetzt X Würfel unter dem Becher kaufe? Nach jedem Wurf schaut man grinsend unter seinen Becher. Bluffen und riskante Manöver sind in Dice Town an der Tagesordnung!
Schnell verstanden! Der linke Spieler hat die meisten 9er, also darf er in die Mine und nimmt sich drei Nuggets. Der Spieler in der Mitte darf die Bank ausrauben (10er) und wird neuer Sheriff, allerdings reichen zwei Paaren für eine Besitzrechtskarte nicht aus, weil der rechte Spieler ein Full House hat.

NEIN! Nicht schon wieder!

Das simple Spielprinzip ist schnell verstanden. In die Hände gespuckt, das Glück umarmt. Erster Wurf, gleich eine Straße. Meine Mimik runterfahren. Schnell ein „Och nö Freunde, das war wohl nix“ fahren lassen. Bedröppelt schau ich drein, innerlich tanzt der Bauch vor Schadenfreude und lädt den Colt durch. Die 5-Punkte Besitzrechtskarte gehört mir! Wuhararar. Äh, okay, keine Piraten! Würfel aufgedeckt, diabolisches Grinsen im Gesicht, packe ich selbstsicher vier Dollar in die Postkutsche. Ja, das war die Hälfte meines Vermögens, aber es ist gut investiert. So Freunde, macht euren letzten Wurf. Ach schau, mein Sitznachbar hätte fast eine Straße gehabt, sogar eine bessere, leider fehlt ihm ein Ass. Was macht er denn jetzt? Er spielt eine Karte, die er aus dem Store mit Buben erkauft hatte und darf einen Würfel drehen. Jetzt hat er eine bessere Straße. NEIN! NEEEEIN! Schaum vorm Cowboy-Mund. Nächster Wurf. Wieder eine Straße, jetzt aber. Gleiches Spiel, ich investiere natürlich! Kein Witz, mein anderer Nachbar hatte ein Full House aus Asse und Königen mit einem einzigen Wurf und ich war Pleite. Geschichten für die Ewigkeit, welche in meinen Partien von Dice Town verdammt oft erzählt wurden.
Die Karten aus dem Store können das Spiel ziemlich durcheinander wirbeln.

Fazit

Die Würfelbecher schlugen verdammt oft auf dem Tisch auf. Der verursachte Staub wirbelte aus Dice Town und legte sich in New York nieder. Das ist keine Metapher aus der Hölle Prärie, sondern zeigt auf, dass King of Tokyo gerade einstaubt. Wie sagte ein Mitspieler, das ist ja noch besser als die Monsterhatz! Wer thematisch mit dem Wilden Western etwas anfangen kann, für den trifft das definitiv zu. Aber auch für alle anderen ist Dice Town eine extrem unterhaltsame und an den richtigen Ecken aufgepimpte Kniffel-Variante. Leicht zu lernen, mit etwas Hilfe für spielerfahrene vierjährige schon zu handhaben, sorgt das Pokern um Würfelmehrheiten inklusive taktischem Austechen mit Dollarnoten, für verdammt viel Spaß. Nach hinten raus ist die Spielzeit manchmal etwas zu lang, aber das nehme ich gerne in kauf. Ob als Absacker, Einsteiger-  oder Familienspiel, Dice Town trifft als aufgepimptes Kniffel zielsicher den Spielspaß – lade Dir aber ein paar mehr Spielern ein!
Dice Town
Spielinformationen
Genre: Familienspiel | Spieler: 2 - 5 | Alter: ab 10 Jahren | Dauer: 45 Minuten
SPIELSPASS
8
AUSSTATTUNG
8.5
SPIELIDEE
7
Positive Aspekte
Einfach zu lernen
Viel Interaktion
Spannende Würfelmechanik
Optimal für 3, eher 4 Spieler
Negative Aspekte
Spielzeit je nach Würfen manchmal etwas zu lang
Nichts für kleine Gruppen
8
Redakteur | Admin | Gründer von Brett & Pad | Website | + Letzte Artikel

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