Für mich als „Magic-Hasser“ war Mage Wars die Offenbarung und Rückkehr zu Kartenspielen. Das war jetzt etwas polemisch, sorry liebe Magic Freunde, aber ich konnte nach einigen Jahren geringer Leidenschaft in meiner Jugend einfach nichts mit Magic anfangen. Wie mit fast allen Sammelkartenspielen. Das ist eine persönliche Sache, weil ich die Machtlosigkeit beim Kartenziehen nicht mag. Die Taktik beim Deckbau ist interessant, im Spiel selber kann ein einarmiger Pavian dann mit einem guten Deck den Sieg nach Hause schaukeln. Da werden mir jetzt etliche Leute widersprechen – am Ende wissen aber auch diejenigen was ich meine. Wie gesagt, es ist etwas persönliches. Warum also feier ich Mage Wars so ab?
Kurzcheck: Worum geht es in Mage Wars?
In Mage Wars übernimmt jeder Spieler einen Magier, erstellt mit seinen Attributen ein Deck und bekämpft sich dann in einer Arena. Hört sich klassisch an! Ist aber völlig anders. Denn die Arena ist ein Spielbrett mit 12 Zonen auf denen die Karten ausgespielt und auch bewegt werden. Karten werden hier also eher zu einer Art Miniatur – zumindest die beschworenen Monster. Zusätzlich hat man von Anfang an sein gesamtes Deck auf der Hand. Wobei das nicht ganz stimmt, denn das Deck steckt in einem stylischen Zauberbuch aus dem jeder Spieler pro Runde zwei Karten selber auswählt. Glückslastiges Kartenspiel komm mal rüber! Ja du, spring in den Abgrund! Wir brauchen dich hier nicht. Gut, dafür muss man würfeln wenn man kämpft, egal. Mage Wars fühlt sich absolut frisch an und zelebriert das direkte Duell zwischen zwei Magiern in einer Arena absolut stimmungsvoll und authentisch. Zumindest so weit wie ich das als mächtiger Wohnzimmer-Magier beurteilen kann.
Gemeinsamkeiten
Dabei hat Mage Wars einige Gemeinsamkeiten mit anderen bekannten LCG/TCG wie Magic. Monster haben Lebenspunkte und Verteidigungswerte. Sie besitzen Sonderregeln wie Fliegen, eine höhere Geschwindigkeit, sind zäh oder in Rage. Es macht keinen Sinn hier jetzt alle Eigenschaften aufzuzählen, glaubt mir einfach, dass es massig viele verschiedene Fähigkeiten gibt, die einem Magic in nichts nachstehen. Das betrifft auch nicht nur die Monster sondern auch Gegenstände, den Magier selbst und seine direkten Zauber. Kurzum, massig viele Sonderfähigkeiten und mit ihnen diese netten Symbiosen die jeden Deckbauer Tränen in die Augen treiben.
Weitere Gemeinsamkeit ist, dass jede Karte einer Farbe angehört. In Magic wäre das z.B. rot, grün oder blau. In Mage Wars nennt man das Schule. So gibt es unter den 10 Schulen unter anderem die Arkan-, die Feuer- oder Geistschule. Man kann Schulen mischen, auch das geht in anderen Kartenspielen. Dann hören die Gemeinsamkeiten aber auf, denn schon beim Deckbau stellt sich ein gänzlich anderes Gefühl ein.
Anspruchsvolles Zauberbuch
Zuerst einmal gehört jeder Magier einer Schule an. Karten aus dieser Schule kosten die einfachen Punkte der Karte. Karten fremder Schulen kosten das doppelte, verfeindeter Schulen sogar das dreifache. Jedem Magier stehen 120 Punkte zur Verfügung. Man steht also vor der Herausforderung die gesunde Balance in sein Deck zu bekommen. Wer als Heiligmagier Dämonen aus der gegensätzlichen Dunkelschule beschwören möchte, muss tief in die Tasche greifen. Er könnte aber! Und wie oft brauche ich eine Karte wirklich? Durch das Wegfallen des Kartenziehens muss man theoretisch keine Karten mehrfach im Deck haben um Wahrscheinlichkeiten beim Ziehen zu erhöhen. Vielleicht braucht man aber trotzdem manche Karten mehrfach?
Anders als in vielen LCG/TCG kann ich in Mage Wars außerdem mit den Ressourcen besser kalkulieren. Das liegt zum einen an dem festen Ertrag den jeder Magier am Anfang einer Runde generiert, zum anderen kann ich nicht verbrauchte Punkte sparen. Generiere ich am Anfang 10 Mana, und gebe nur 5 aus, kann ich die Runde darauf 15 Mana ausgeben. Durch ausgespielte Karten lassen sich die Managewinnung noch erhöhen. Auch wenn mir der Gegner Mana abziehen kann, bin ich im Regelfall in der Lage meinen Manafluss beim Deckbau und der Spieleröffnung zu planen. Was spiele ich in Runde vier? Wann amortisiert sich mein Manabrunnen? Wie kriege ich in Runde X, das mächtige Monster Y aufs Feld? Fragen die Mage Wars hier stellt, sind so in keinem anderen magicartigen Kartenspiel möglich und heben den strategischen Anspruch enorm an.
Der Hybrid
Wenn es dann in der Arena ins Eingemachte geht, wirft Mage Wars seinen Kartenspiel-Deckmantel vollständig ab. Hier geht es um Bewegungsreichweiten von beschworenen Biestern und Reichweiten von Feuerbällen. Man beschwört Wälle um gegnerisches Fortkommen zu behindern, erweckt Schreine und Artefakte, die stationäre Buffs verteilen. Dabei hat jede ausgespielte Kreatur einen Aktionsstein, der Magier zwei. Ist ein Spieler am Zug, muss er eine Karte aktivieren die ihren Stein noch nicht aufgebraucht hat. Hier ist der Spieler im Vorteil der mehr Steine hat, weil er wichtige Aktionen nach hinten legen kann um zu schauen wie der Gegner reagiert.
Das Taktieren auf dem Brett ist knifflig. Bewegen, Kämpfen, Beschwören, man kann nie alles gleichzeitig! Eine Karte kann immer nur dort abgelegt werden wo der eigene Magier steht. Außerdem kann man einige Karten verdeckt ausspielen. Mal ist es eine Falle die beim Betreten einer gegnerischeren Kreatur verehrenden Schaden anrichten kann – manchmal ist es nur ein Bluff. Denn vielleicht opfert der Gegner ja einen Gegenzauber um die Karte zu vernichten? Ja, in Mage Wars wird gepokert! Man kann feindliche Kreaturen übernehmen, Abwehrbollwerke bauen oder weniger auf Kreaturen setzen und seinen eigenen Magier mit Waffen, Rüstungen und Gegenständen zur Kampfmaschine hochrüsten. Pass aber auf deine Schreine und ihre positiven Buffs auf, denn auch diese können leicht vernichtet werden. Vielleicht mit vielen kleinen Kreaturen? Wenige, aber starke Monster? Über Unterstützungsmagie, die schlechte aber günstige Karten mächtig macht oder brutale Angriffsmagie? Und denk immer dran, geschickte Bewegung ist die halbe Miete! Wir sind hier nicht bei einem Kartenspiel – zumindest nicht so wirklich.
Nichts für Zwischendurch
Diese vielen Optionen beim Deckbau vor dem Spiel und während der Duelle, machen Mage Wars zu einem recht komplexen Vertreter seiner Zunft. Wer mit ebenbürtigen Gegner spielt, der muss wissen, das hier keine 30 Minuten ausreichen um einen Sieger zu küren. Mage Wars siedelt sich bei der Spielzeit eher in den Bereich der Tabletops an. Bei Grüblern, die jede Runde die vielen möglichen Karten immer wieder abwiegen, oder speziellen Zermürbungsdecks, explodiert die Spielzeit. Mein ungeschlagenes extrem defensives Lichtmagie-Deck war ein Garant für Partien von über 3 Stunden.
Glück gehört dennoch dazu
Bei all den vielen Spielelementen die rein gar nichts mit Glück zu tun haben und Mage Wars so wunderbar von der Konkurrenz abheben, fällt der Kampf dann aus dem Raster. Denn hier wird gewürfelt was das Zeug hält! Der Schaden ist ebenso abhängig von Fortune wie die Abhandlung von Statuseffekten oder mancher Fähigkeit. Ich habe bei Mage Wars schon heftigst in die Tischkante gebissen. Wer seine Ressourcen perfekt spart, mit gekonnten Bewegungen den Gegner verwirrt, dann eine perfekt getimte Zustandsveränderung herbeizaubert, um brachialen Schaden mit seinem wahnsinnig teuren Feuerdämon anzurichten – geplant über zwei oder drei Runden – und dann nur Leerseiten würfelt. Argh! Ich krieg allein beim schreiben Bluthochdruck. Aber auch das ist Mage Wars.
Fazit
Ich liebe Mage Wars und es ist nicht umsonst in meinen Top 10! Wer es nicht kennt sollte es ausprobieren – unbedingt. Das hier ist kein Magic oder eines seiner vielen Klone. Mage Wars ist mehr, viel mehr. Sehr unterschiedliche Magier mit ihren vielen Schulen sorgen mit dem strategischen Manasystem und dem Umstand, dass man alle seine Karten zu jeder Zeit selbst auswählen kann, für einen tiefgreifenden und frischen Deckbau. Kein Kartenziehglück bestimmt dein Weg, sondern einzig und allein dein Plan! Dieser Anspruch wird in der Arena fortgesetzt. Es ist nicht nur wichtig was du ausspielst, sondern auch wo! Geschicktes Bewegen der Karten und das Erkennen von Symbiosen ist hier genau so wichtig wie in einem Tabletop, wo Miniaturarmeen aufeinander treffen. So vermischt Mage Wars geschickt die Stärken bekannter LCG/TCG mit dem taktischen Anspruch eines Tabletop. Aber Vorsicht, Würfelpech kann jeden Plan zunichte machen und wer gegen ebenbürtige Gegner spielt, katapultiert die Spielzeit nach oben. Im übrigen ist der Preis mehr als fair – ob Grundspiel oder Erweiterungen. Von daher, absolute Kaufempfehlung!
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