Lesezeit: 5 Minuten
Mini-Cooper-Action wie aus dem Drehbuch!

Als Einstieg zu Getaway Driver könnte ich Phrasen dreschen wie großer Spaß in kleiner Schachtel oder vielleicht Spielspaß auf der Überholspur? Wie wäre es mit kein Langeweile-Skandal dank Spielspaßfilter? Hätte alles sein können, wenn nicht meine Frau die Entscheidung getroffen hätte, dieses Spiel nie wieder spielen zu wollen. Klingt schon interessanter? Tja, was sagst du nun, wenn genau das für uns ein Qualitätsmerkmal für Getaway Driver ist! Also auf die Tube gedrückt und die Erklärung gestartet!

Kurzcheck: Darum geht es in Getaway Driver

Getaway Driver orientiert sich thematisch wie optisch an klassischen Verfolgungsjagden wie in The Italian Job. Im normalen Modus übernimmt ein Spieler das Auto des Flüchtenden, Driver genannt, der andere Spieler die Polizei. Als Flüchtender, natürlich im roten Auto, das ist schneller, hat man neben dem Vollgas, ein paar Asse im Ärmel, vor allem wenn der Verkehr dichter wird. Das Ziel, so lange nicht geschnappt zu werden, bis der Polizei-Spieler das letzte Stadtplättchen auslegt, der Zugang zum Highway bietet und das Spiel zu Gunsten des Drivers beendet. Bist du auf der Seite des Gesetzes, legst du jede Runde verdeckt Stadtplättchen aus, versuchst die Route des Drivers zu erahnen und rüstest dich mit verdienten Polizeimarken auf! Straßensperren, Nagelketten, Panzerwagen, Peterwagen bis zum Helikopter, das Arsenal ist gar nicht mal klein und lässt den Driver schwitzen. Dein Ziel? Den Druck aufrechthalten und mindestens mit einem deiner Fahrzeug über mehrere Runden an der Stoßstange zu kleben! Dann wird der Driver schneller in Ketten gelegt als ihm lieb ist.

Ich weiß nicht wie es euch geht, aber ich sehe da eine knallharte Verfolgungsjagd.

Der Driver: Sei unberechenbar

Als Driver willst du zwei Dinge: Strecke machen und deine Koffer einsammeln. Strecke machen deswegen, weil du nur so den Polizei-Spieler zwingst neue Stadtplättchen auszulegen. Du kannst entweder direkt auf ein Stadtplättchen rasen und musst mit den Konsequenzen leben oder du schaust es Dir vorher an. Dann steigt aber das Pursuit-Meter! Also Obacht wenn die eh schon verfolgt bist dann kann das Spiel plötzlich schnell vorbei sein. Die Koffer, die vor dem Spielstart zufällig auf den Spieltisch geworfen wurden, brauchst du, um deine ausgespielten Handkarten ein zweites Mal zu aktivieren. Die Karten des Drivers bieten jeweils zwei Aktionen. Zum einen haben sie eine Sonderaktion, wie doppelte Bewegung und zum anderen ein Stunt-Symbol. Fährst du als Driver auf ein Stadtplättchen, welches ein identisches Stunt-Symbol besitzt, kannst du, bei mittleren Verkehr (gelbe Ampel) oder musst du, bei starker Verkehrsdichte (rote Ampel), eine passende Karte ausspielen.

Durch den Stunt entgehst du der Gefahr eines Unfalls, platzierst ein Gefahrentoken und eine folgende Polizeistreife würde crashen und aus dem Spiel fliegen. Leider hast du nur fünf Karten auf der Hand und du musst dich bei jeder Karte für den Stunt oder Sonderaktion entscheiden. Ohne Koffer wird der Spieldurchgang extrem hart. Du bist also auf die Koffer angewiesen um Unfälle zu vermeiden oder Verfolger abzuschütteln. Das weiß natürlich auch die Polizei! Was macht die wohl?

Einige der Karten des Drivers. Oberhalb sieht man das Pursuit-Meter. Erreicht der Spielstein das rote Licht, hat der Driver verloren.

Die Staatsgewalt: Druck!

Die Polizei weiß natürlich um die Position der Koffer und um deren Wichtigkeit. Bevor der Driver dran ist, zieht der Polizei-Spieler entsprechend der freien Plätze um den Driver herum neue Stadtplättchen. Dann vorsichtig inspizieren, dem Driver in die Augen schauen und fies grinsend verdeckt auslegen. Das Mind-Game ist eröffnet! Als Polizist versuche ich natürlich den Weg zu den Koffern mit roten Ampel zu pflastern, denn das saugt dem fiesem Typen im roten Auto die Karten aus der Hand. Nett sind auch die Plättchen, bei denen ich viele Polizeimarker erhalte, denn nur so kriege ich meine Fahrzeuge in die Stadt. Wichtig ist, mach den Driver verrückt! Übe Druck aus! Von oben eine Streife, von rechts der Panzerwagen, geradeaus, tja mein Freund, da lege ich wohl die rote Ampel hin. Kreise ihn ein! Er wird einen Teufel tun und sich die Stadtkarten angucken. Er spielt also blind! Aber Vorsicht, eine guter Zug des Spielers und deine teuer erkauften Fahrzeuge crashen! Das schmerzt, ist neue Verstärkung nicht so einfach auf die Straße zu bringen. Und einmal falsch gedacht und der viel wendigere Driver tanzt dich auf der Straße aus.

Zusammen: Nervenkitzel

Dieses Katz-und-Maus-Spiel zwischen Driver und Polizei bietet jeden Zug Spannung. Mit extrem wenigen Regeln und der Kompaktheit eines Reisespiels, wird hier auf wirklich überraschende Weise eine Verfolgungsjagd in einer Stadt simuliert. Sicherlich liegt es auch ein Stück weit am wirklich schicken Material! Man hört förmlich den Mini-Cooper beschleunigen, sieht wie er über Bürgersteige rast um die Polizeiwagen abzuhängen, die dann in Hollywood-Manier ineinander crashen, während von rechts der Helikopter die Verfolgung aufnimmt. Dann wird vom Driver panisch auf einen Tunnel-Plättchen gehofft! Getaway Driver ist ein richtiges Duell-Spiel, bei dem man sich nichts schenken sollte. Der Gegenspieler wird höhnisch ausmanövriert!

Da sind wir dann wieder beim Einstieg zu diesem Artikel. Dieses stetige Austricksen, der Versuch den Gegner zu lesen, als Driver unvorhersehbar zu agieren, als Polizist nicht kopflos anzustürmen, sondern taktisch Druck aufzubauen, das kann für manchen frustrieren oder etwas zu viel Spannung am Tisch erzeugen. Passt thematisch zwar wunderbar, liegt aber nicht jedem. Vor allem dann, wenn ein leichtes Ungleichgewicht herrscht und ein Spieler immer wieder verliert, weil er eins um andere Mal fies ausgespielt wird.

Schwächen im Detail

Schade Schokolade, aber da bin ich der Polizei wohl entkommen.

Bevor man sich in das Abenteuer einer Verfolgungsjagd stürtzt und seinen Kinofilm abspult, hat man eine andere Hürde zu nehmen: Das Regelheft! Es liegt nur in Englisch vor, ist prall gefüllt mit Text und nicht immer ganz klar. Ich war nicht allein mit meinen Problemen, wenn man sich die BGG-Einträge im Forum anschaut. Es ist kein Totalausfall, aber für so ein kleines Spiel, mit am Ende wirklich überschaubaren Aktionen, müsste es eigentlich auch kompakter erklärt werden können. Teilweise liegt es auch am Kopfkino, dass man in manche Dinge zu viel hineininterpretiert, gerade auch weil die Stadtplättchen so schick gestaltet sind.

Zweite Barrikade sind die Sticker. Wenn sie denn mal kleben, halten sie auch, aber ich hatte wirkliche Probleme, obwohl ich keine Wurstfinger habe. Überall waren die verdammten Sticker, nur nicht auf den Autos. Der Vierspieler- wie auch der Solomodus sind so typische Kickstarterauswüchse. Sie funktionieren, aber am Ende ist dieses Spiel als Duell-Spiel gestaltet und so sollte man es auch spielen. Mehr Inhalt ist nicht immer besser.

Fazit

Getaway Driver ist flüssig zu spielen und rein vom spielerischen Anspruch eher ein Familienspiel. Doch bevor es zur nervenaufreibenden Verfolgungsjagd kommt, herrscht Stop-and-Go im Regelheft. So ganz einfach zu lernen ist Getaway Driver nicht. Ist dieses Hindernis umkurvt, startet aber der Spaß! Innerhalb von meist nicht mehr als 30 Minuten erlebt man hier ein stimmungsvolles Duell zwischen Driver und Polizei. Wie bei Verfolgungsjagden der Marke Hollywood jagen die Fahrzeuge durch die Stadt und mit nur etwas Kopfkino, sucht man hier ständig die Kupplung unterm Wohnzimmertisch.

Die Polizei fungiert durch den Aufbau der Stadt als eine Art Mini-Overlord, der mit konstanten Druck den Driver zu schnappen versucht. Als agiler Driver sind eher taktisch kluge Entscheidungen gefragt, die im richtigen Moment den Plan des Gegenspielers durchkreuzen und seine Polizei-Armada als Schrotthaufen zurücklässt. Asymmetrischer, spannender und kompetitiver Sprit treiben den Spielspaß-Motor bei Getaway Driver an! Doch Vorsicht, das Spiel schenkt einem nichts und Glück spielt nur eine untergeordnete Rolle, entsprechend frustig kann es bei ungleichen Spielpartnern werden.

Getaway Driver
Spielinformationen
Genre: Legespiel | Spieler: 1 - 4 | Alter: ab 12 Jahren | Dauer: 30 - 60 Minuten | Autor: Jeff Beck (II) | Illustration: Ryan Goldsberry
SPIELSPASS
7.5
AUSSTATTUNG
8.5
SPIELIDEE
7
Positive Aspekte
Kopfkino-Alarm!
Asymmetrische Rollen
Einfache Mechanik
Kompetitive Spannung
Negative Aspekte
Regelheft leider sehr suboptimal
7.7
Redakteur | Admin | Gründer von Brett & Pad | Website | + Letzte Artikel

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