
Kurzcheck: Darum geht es in Die Burgen von Burgund: Special Edition
In dem Kennerspiel für 1-4 Spielende baut ihr über 5 x 5 Runden euer Fürstentum ausgehend von einer Startburg aus. In jeder Runde würfelt jeder Spielende zwei Würfel und führt mit der entsprechenden Augenzahl eine Aktion aus. Entweder kauft man eines der unterschiedlichen Plättchen aus der entsprechenden Auslage und speichert es auf seinem Playerboard, oder man platziert es aus eben diesem Vorrat in sein Fürstentum. Regel beim Platzieren: Es wird angrenzend zu bestehenden Plättchen und mit der passenden Würfelzahl gepuzzelt. Mit den Würfeln ist aber noch mehr möglich: Waren verkaufen oder Arbeiterchips zum Manipulieren des Wurfes kaufen. Diese sehr einfachen Regeln werden durch viele individuelle Eigenschaften der Plättchen und eine sehr tolle Punktevergabe ergänzt. Leider werden diese Regeln besser erklärt, denn die Anleitung fällt da etwas ab. Die Vielfälitgkeit der Minen, Burgen, Tiere, Klöster, Gebäude und Schiffe mit ihren wichtigen und tlw. unterschiedlichen Funktion runden das Spiel ab.

Die Geschichte des Spiels
Ich bin in der Zugreihenfolge hinten. Es ist die erste Aktion in unserer Partie. Unsere Partie? Kati, Hanny Bunny und Lissy sitzen am Tisch. Wie so oft. Die Burgen von Burgund: Special Edition ist seit der Auslieferung ein absoluter Dauerbrenner bei uns auf dem Tisch. Hannah startet und schnappt sich eine Burg. Genau die Burg, die zu Katis Würfel passt. „Ich habe schon keinen Bock mehr“, motzt Kati. Wir kennen diesen Zustand bei ihr. Sie verliert immer und ist die schlechteste Verliererin der Welt. Alle anderen Spieler am Tisch brechen in schallendes Gelächter aus. Ich beobachte das Treiben. Ich sitze in der Zugreihenfolge hinten, habe also mit den ersten Zügen nichts zu tun, sondern reagiere auf das, was übrig bleibt.

Meine Überlegungen
Was kaufe ich? Kaufe ich Schiffe, um in der Zugreihenfolge nach vorne zu kommen? Dieser Zug ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht günstig. Die Minen sind weg, die Burgen sind weg. Es liegt genug aus, das ich gewinnbringend nutzen kann. Also verwerfe ich diese Richtung zunächst. Allerdings liegen Kühe aus. Viele Kühe. Die mag ich haben, denn ich habe eine große Wiese und kann so über die Runden Kühe in Massen sammeln. Ein weiterer Vorteil: Meine Würfel passen perfekt um diese beiden Plättchen einzulagern und ich muss keinen Arbeiter dafür ausgeben.
Ich könnte jetzt die ganze Partie mit allen taktischen Überlegungen darlegen. Mein Freund Michael tut Die Burgen von Burgund als Würfelspiel ab, und da widerspreche ich mächtig. Es gibt so viele unterschiedliche Wege, Timing-Synergieeffekte oder die Größe des Gebietes. Einfach der Wahnsinn. Es gibt End-of-Game-Wertungen über die Klöster, mit denen man mächtige Punkte machen kann. Kleine Gebiete zu Beginn der Partie generieren mächtige Punkte, denn abgeschlossene Gebiete sind zu Beginn mehr wert als zum Ende. Ach, ich gerate ins Schwärmen.

Die Lernkurve
Meine Kinder sind mittlerweile brutal und gnadenlose Architekten. Sie analysieren ihr Fürstentum und starten mit den richtigen Zügen passend zu ihren Würfeln. Die Burgen von Burgund fordert genau das heraus. Wie spiele ich meine Würfel am besten, wie nutze ich die Fähigkeiten der einzelnen Plättchen, um Vorteile aus dem richtigen Timing zu generieren, und wie reagiere ich auf die Züge meiner Mitspieler? Diesen Satz würde ich ähnlich auf Civolution übertragen. Dass sich beim Spielen unterschiedliche Taktiken und Wege eröffnen, macht den besonderen Reiz des Spiels aus. Ich ertappe mich immer wieder dabei, wie ich überlege und in meinem Kopf meinen Zug plane. Fuck, und dann schnappt mir Lissy das verplante Plättchen weg. Dabei kommt bei Burgen von Burgund selten Downtime auf. Okay, manchmal muss man kurz über die veränderte Situation nachdenken, aber das ist eher selten. Egal ob mit 2, 3 oder 4 Spielenden: Die Burgen von Burgund skaliert immer perfekt.

Die Geschichte zur Special Edition
Die Burgen von Burgund: Special Edition war eine lange, ständig wiederkehrende Diskussion zwischen Christian und mir. Der Grundtenor von Christian: Die Burgen von Burgund: Special Edition ist immer noch das gleiche Spiel wie meine Version von Alea, die bereits in meinem Regal steht. Lange bin ich der Versuchung widerstanden. Bis ich das Spiel bei Olli von der Board Game Theory auf dem Tisch gesehen habe. Abends bin ich dann sofort in die Kampagne gegangen und habe gepledged. Allerdings ohne die 3D-Tiles und ohne die Acryl-Hexfelder. Der Preis: 97 Euronen plus die Zusatzkosten. Anders als bei anderen Spielen war meine Frau begeistert und fragte häufig nach, wann das Schiff eintrudelt. Warum? Weil wir vorher schon Die Burgen von Burgund sehr gerne gespielt haben.
Warum die Special Edition?
Wozu die Special Edition, wenn das Spiel doch als Alea-Version im Regal steht? Dazu braucht man nur den Karton anzuschauen und den Deckel zu lupfen. Nein! Es geht nicht um Bling-Bling oder die beliebte Rubrik: Pimp my Brettspiel. Die Trays zur Aufbewahrung sind logisch durchdacht, denn die Weinbergerweiterung liegt unten. Oben ist alles für den schnellen, systematischen Spielaufbau: Lederbeutel für die Tiere, Gebäude, den Markt und die Klöster, dazu Münzen, Holzwaren und die universellen Plättchen für Schiffe, Burgen und Minen. Der Auf- und Abbau läuft so zügig und zielgerichtet. In der Mitte dann die unfassbare Auswahl an Fürstentümern plus die wahnsinnig guten Playerboards und das Overlay. Und wer jetzt mosert, dass man so viele Fürstentümer nicht braucht, der schaut sich mal an, wie eine Partie läuft, wo alle Burgen zusammenstehen oder weit verteilt sind. Oder er schaut dem munteren Treiben zu, wenn Hannah und Jakob zufällig die beiden gleichen Fürstentümer haben.

Awaken Realms
Jaja. Der Neid. Das beliebte deutsche Thema. Was lese ich viele kritische Stimmen, nach der Awaken Realms Next 2025. Na klar, jetzt schlachtet AR mit Agricola den nächsten Klassiker nach Puerto Rico aus. Dazu wird noch ein Zombi Thema über die Agricola Mechanik gestülpt und Das Verrückte Labyrinth wirkt einfach nur überproduziert. Es ist relativ einfach AR schlecht zu reden, denn nicht alles was das Studio anfasst ist spielerisches Gold. Aber wenn man bedenkt, dass dieses Studio als kleines Miniturenbemalstudio angefangen hat und einfach eine Vision umgesetzt hat, dann zollt das meinen Respekt. Und jeder der nach oben möchte, kann dies gerne tun. Einfach machen, das Risiko tragen, Arbeit investieren und sein eigenes Schicksal in die Hand nehmen.
Im Fall von Die Burgen von Burgund: Special Edition zündet das Konzept bei mir zu 1000%. Alle Verbesserungen meiner Version machen das Spiel zu einem Erlebnis. Ich durfte auch in den Genuss der Deluxe Variante kommen. Diese sieht grafisch imposant auf dem Tisch aus. Allerdings ist mir das Handling hier einen Tick zu umständlich, denn ich ziehe erst die Acrylteile aus dem Beutel, lege sie auf mein Playerboard und suche mir dann beim Platzieren im Fürstentum das 3D Teil raus. Zudem haben die Acrylteile nur die englische Erklärung aufgedruckt. Für die deutsche klebt man Aufkleber drüber. Das ist unsexy.

Fazit
Die Burgen von Burgund: Special Edition ist ein Familienschatz. Ich weiß, dass später die Special Edition in irgendeinem Haushalt meiner Kinder stehen wird und dass meine Enkelkinder es lieben werden. Mit Die Burgen von Burgund hat Stefan Feld ein Meisterwerk geschaffen. Awaken Realms haben mit ihrem Know-how und ihrer Vision von Brettspielen den Klassiker auf das aktuelle Niveau der Brettspiele gehoben, ohne ihn zu verschlimmbessern. Im Gegenteil. Die Präsentation, die Funktionalität und die Aufbewahrung sind auf einem absoluten Top-Niveau. Ist es nach über 60 Partien ein verklärter Blick auf ein nostalgisches Relikt? Mitnichten. Die Burgen von Burgund ist ein fein ausbalanciertes Spiel mit unterschiedlichen Wegen, um Siegpunkte zu generieren. Es ist für alle Spieleranzahlen perfekt ausbalanciert und bietet einen enormen Wiederspielwert, wenn man 2025 dem Plättchenlegen Spaß abgewinnen kann und keine innovativen Mechaniken erwartet. Dabei eignet sich das Spiel sowohl für Familien, um Kinder an Brettspiele heranzuführen, als auch für die gehobene Brettspielrunde und Vielspieler. Diese Version des Spiels sollte in allen Familien- und Brettspielhaushalten im Regal stehen. Ein Klassiker der neuen Titeln in nichts nachsteht.

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- Markushttps://brettundpad.de/author/markusschwind/20. Februar 2025
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„Jaja. Der Neid.“
Neidisch bin ich höchstens auf den Platz, den manche Leute haben, um das alles unterzubringen – ich fand die Version wegen des wirklich tollen Materials auch sehr geil. Bis ich ein Unboxing-Video gesehen hab, wo jemand die Boxen der Komplettversion auf den Tisch stapelte – und dahinter verschwand 😉
Wenn es nur ein, und zwar genau dieses, Brettspiel bräuchte, dann wär sowas eine Pflichtanschaffung – aber ich hab eh schon Platzprobleme, also reichen mir Versionen für den Pöbel 🙂
Nix für ungut, ich gönn es Dir.