
Kurzcheck: Darum geht es in Bullet♥︎
Kurze Vorabinfo, das Herz im Namen gibt es auch als Stern. Bullet♥︎ und Bullet★ sind die gleichen Brettspiele, sie besitzen nur andere Charaktere, wobei die ★-Version mit anspruchsvolleren Charakteren zum Brettspieltisch marschiert. Der grundlegende Gedanke ist allerdings gleich und unfassbar simpel. Ich erkläre dir das Spiel in 3 Minuten. Es gibt Bullets in Form von Chips in jeweils fünf Farben mit den Zahlen von eins bis vier. Und das in rauen Mengen! Dazu erhält zum Spielstart jede Person einen Charakter mit unterschiedlichen Fähigkeiten, einem eigenen Deck und einen Beutel mit 10 zufälligen Chips. Pro Runde wächst die Anzahl an Chips, die du zufällig in den Beutel bekommst. Mega cool, ihr spielt immer alle gleichzeitig. Eine Runde endet, wenn ihr alle Chips aus euren Beuteln verpuzzelt habt.

Spielmechanisch ist das Herzstück ein Raster aus fünf Spalten, die den Farben der Chips zugeordnet sind und vor jeder Person als Tableau ausliegen. Nun angelst du dir deinen persönlichen Beutel und ziehst einen Chip. Anhand der Farbe und Zahl weißt du, in welcher Reihe und auf welcher Position du den Chip legen musst. Easy. Nächster Chip! Die Bullets fliegen dir halt wild entgegen. Das Problem, durch von Chips besetzte Felder in deinem Raster werden beim Platzieren neuer Chips nicht mitgezählt. Da die Reihen jeweils nur 6 Felder besitzen, fliegen so spätere Chips direkt unten aus dem Raster. BÄM! Fühlst du den Schmerz? Du wurdest gerade getroffen. Zack, ist einer von vier Lebenspunkten weg. Alle Chips aus dem Beutel? Nächste Runde. So wandern mehr und mehr Chips in den Umlauf, es wird immer hektischer, voller und gewinnen kannst du nur, wenn du am Ende übrig bleibst. Zumindest in einem der vielen Spielmodi die Bullet♥︎ bietet. Und natürlich fehlt bisher der Thrill des Spiels, weil Chips aus Beutel ziehen und platzieren nun wahrlich keine Begeisterung auslösen würde. Stellen wir uns also in den Kugelhagel und gehen in die Tiefe.

Adelheid Beckenbauer
Bullet♥︎ bietet eine Manga-Anime-Optik und da dürfen skurrile Namen nicht fehlen. Adelheid Beckenbauer, die mit Musikattacken à la Beethoven um sich schmeißt, wäre so eine. Ich liebe das Spiel für diesen Charme. Bleiben wir bei Adelheid. Diese hat auf ihrem Tableau wie alle anderen Charaktere eine Energieleiste. Mit dieser Energie können Fähigkeiten ausgelöst werden. So kannst du mit Adelheid Chips z. B. nach unten, links oder rechts um ein Feld bewegen. Für zwei Energie sogar diagonal. Wir wissen jetzt, die Chips können in den Spalten bewegt werden und so können auch Farben und Zahlen in andere Spalten wandern.
Die Auflösung des Spielsogs sind die Angriffsmuster-Karten. Davon hast du pro Runde drei Ausliegen. Diese Karten geben jeweils ein Muster von Chips im Raster vor. Dazu können freie und belegte Plätze, aber auch Farben und Zahlen gehören. Zeitgleich zeigt das Muster dann, welche Chips „gecleart“ werden. Heißt: Du darfst die Chips von deinem Raster nehmen und der links von dir sitzenden Person ans Tableau legen. Fies und genial: Diese Bullets fliegen der Person in der nächsten Runde zusätzlich um die Ohren. Ein magischer wie fieser Moment. Nachteil: Die genutzten Karten musst du ablegen. Das Ziel ist also, verschiedene Bedingungen über Karten in einer Runde zu erfüllen. Je besser du am Ende puzzelst und deine Karten sinnvoll einsetzt, desto mehr Bullets bekommen deine Gegner:innen reingepfeffert und umso länger überlebst du selbst, weil dein Raster nicht vollläuft.

Eine wie keine
Steigerung von Asymmetrie? Bullet♥︎! Die Charaktere unterscheiden sich nicht nur über ihre speziellen Aktionen, die für Energie gekauft werden können, sondern vor allem über die Decks und allgemeine Sonderregeln. Rie Akagi hat nur zwei Lebenspunkte, kann sich aber heilen und ist immun gegen eine Bullet-Farbe. Esifir Volkova hat mehr ausliegende Karten und kann Chips differenzierter nach unten bewegen. Young-Ja Kim kann Chips gar nicht im Raster entfernen, dafür bewegen ihre Karten die Chips, die sich dann gegenseitig verdrängen. Alle Chips, die links, rechts oder oben so aus dem Raster gedrängt werden, sind dann vernichtet. Marieal Martin hat einen Spezial-Chip im Raster, um den sie herum Chips entfernen kann, der aber auch als Barriere für die Bewegung der Chips dient. Es gibt Charaktere, die zusätzliche Sniper-Chips benutzen oder mit Zahlen arbeiten. Die schon vorgestellte „Frau Beckenbauer“ agiert beispielsweise mit Farben und kann Chips umdrehen, die dann zu Joker-Chips werden. Jede Heldin spielt sich wirklich grundlegend anders und besitzt somit einen ganz eigenen Puzzle-Reiz!

Ich bin im Modus
Der kompetitive Multiplayer wird unter Zeitdruck gespielt. Du hast nur drei Minuten, um alle deine Chips zu verpuzzeln. Läuft die Zeit ab, musst du alle restlichen Chips ziehen und darfst weder Karten noch Energie für Aktionen ausgeben. Da riecht es schnell nach Chaos im Raster oder es schwebt das Game Over durchs Wohnzimmer. Es gibt aber auch eine Art Highscore-Modus. Ohne Zeitdruck, dafür mit wesentlich mehr Chips pro Runde. Wie viele Runden überlebst du? Du willst im Team 2 vs. 2 spielen? Kein Problem. Jetzt könnt ihr für Energie euch sogar Chips aus euren Rastern schicken. Sogar einen kooperativen Modus gibt es, bei dem ihr zusammen gegen einen Boss antretet. Auch hier hat jeder Boss ein eigenes Deck und Spezialregeln, die die Bedingungen fürs Puzzeln verändern. Verrückt: Jeder Spielmodus hat seinen Charme. Das sind hier keine Verlegenheitsmechaniken oder Marketing-Versprechen, um alle Zielgruppen zu ködern. Ich sitze hier, egal in welchem Modus, mit Begeisterung am Tisch und feiere meine fetzigen 15 Minuten. Länger dauert eine Partie selten. Supergeil!

Gib mir mehr!
Ich liebe Bullet♥︎. Alle schauen sich an. Die Hand im Beutel. Knistern in der Luft. Schau mir in die Augen! Der Timer wird gestartet. Wie Rennautos mit qualmenden Reifen lospreschen, schießen die Hände aus den Beuteln. Chips werden platziert. Klack. Nächster Chip. Klack. Wie schnell sind die anderen? Ich bewege jetzt erst einmal ein paar Chips mit meinen Fähigkeiten. Verharre also beim Ziehen neuer Chips. Wie soll ich jetzt die Formationen meiner Karten erreich… Bäm. Legt mir mein lumpiger Sitznachbar 3 Chips ans Tableau. Verdammt, nächste Runde muss ich die auch verpuzzeln und wieso konnte der schon 3 Chips clearen. Während ich überlege, macht es wieder BÄM. Jetzt liegen da schon fünf Chips. ARGHHHH! Jetzt aber Hand in den Beutel, durchstarten, Energie geschickt ausgeben und mein Raster leeren. Ich gehe hier nicht Game Over! Verdammt, schon den dritte rote Chip hintereinander gezogen. Meine rote Spalte verstopft. Pech gehabt beim Ziehen der Anfangschips. Gehört dazu. Konzentration jetzt, ich muss Chips vernichten!
Drei Minuten sind am Anfang fast zu lang. Nach ein paar Runden und der wachsenden Anzahl an Chips wird es aber kniffliger. Hektischer, ohne zu hektisch zu sein. Ich liebe diesen Flow und noch viel mehr schätze ich die nicht vorhandene Downtime und die knappe Spielzeit. Bullet♥︎ ist kein komplexes Spiel, aber es macht einfach Laune. Einzig die Tokens aus Pappe brauchen ein Pimpen, weil hier ansonsten vermutlich Abnutzungserscheinungen auftreten. Münzkapsel helfen. Die Holzvariante ist vom Preis leider ziemlich happig und die sehr dünnen Tableaus, die sich bei mir leicht wellen, sind leider nicht ganz optimal. Und so sehr ich die Abwechslung der Charaktere liebe, es gibt nicht umsonst diverse Erweiterungen. Ein Kaufsog kann hier durchaus entstehen.

Fazit
Ihr wollt nicht immer die vom Ablauf gleichen Brettspiele spielen? Mal etwas anderes wagen? Keine Stadtnamen im Titel? Und nicht schon wieder beim Tauschen von Ressourcen einschlafen? Die Lösung ist Bullet♥︎. Ob in der Familie oder in der „Expertengruppe“, als Aufwärmer oder Absacker, die Bullets treffen zielsicher das Begeisterungszentrum. Keine Downtime, weil paralleles Spielen zu jeder Zeit angesagt ist und eine herrlich erfrischend kurze Spielzeit erzeugen, mit den vielen verschiedenen Spielmodi und hoher Asymmetrie bei den Charakteren, ein abwechslungsreiches und treffsicheres Spektakel. Gut, die Papptokens vertragen ein Pimpen und das Spiel schreit nach zusätzlichen Kosten, weil mehr Charaktere das Äquivalent zu Spielspaß sind. Trotzdem gibt es bei mir eine neue goldene Regel: Bullet♥︎ geht immer.

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3 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Klingt irgendwie ziemlich chaotisch, absurd aber auch total witzig. Schade, dass es aktuell wohl nicht wirklich verfügbar ist. Ich denke aber bei 40 Euro Kaufpreis wäre da für mich eine Mitspielpartie erstmal das richtige zu oft schon waren solche außergewöhnlichen Spiele dann doch ein Reinfall für mich.
Gegeneinander ist es anfänglich durchaus etwas chaotisch, aber es kommt nie an so Sachen ran wie 5-Minute Dungeon. Kooperativ gibt es dann gar keine Hektik, sondern nur Absprachen, denn der Zeitdruck entfällt. Der Preis ist jetzt durch den Import aus UK (da gibt es das noch) etwas teurer, verstehe also, wenn man unsicher ist. Es ist auf jeden Fall ein besonderes Spiel und ich mag es echt gern.
Das sieht interessant aus! Meine Söhne spielen ja recht gerne 5 Minuten Dungeon und das hier scheint so ein bisschen (zumindest im Kooperativen Modus) in die Richtung zu gehen.
Schade, dass es hierzulande nicht gut erhältlich ist, aus der UK wird es dann doch ein bisschen teuer.
Münzdosen müssen dann aber sein! Bei so einem hektischem Spiel mit dünnen Pappscheibchen zu hantieren könnte frustrierend werden.
Kommt auf die Liste!