Coaster Park von Pandasaurus Games eroberte mein Spielerherz vor der SPIEL17. Die Idee im Wettstreit mit anderen aus 3D-Material Achterbahnen zu bauen und diese dann mit einer Murmel zu testen, fand ich grandios. Erste positive Previews und Youtube Videos entfachten weiter meine Begeisterung. Als ich dann erfuhr das es sogar einen Looping gab, war die Vorbestellung fix. Im Übrigen klang der spielerische Inhalt, aus Versteigerung der Teile und der Einstellung von Personal, mindestens solide. Solide ist am Ende der Spielkarton. Der Rest? Eine Achterbahn der Gefühle! Aber von den schlechten!
Kurzcheck: Darum geht es in Coaster Park
In Coaster Park dreht sich für bis zu vier Spieler alles um die Aufgabe Achterbahnen zu bauen. Jeder für sich, maximal drei an der Zahl. Die Teile für die Achterbahnen erhält man über einen Versteigerungsmechanismus. Statt Teile zu kaufen, darf man auch Mitarbeiter einstellen, die einem wichtige, weil mächtige Sonderfähigkeiten einbringen.
Das alles kostet Geld, welches natürlich nur begrenzt vorhanden ist. Man muss also geschickt versteigern, um selber günstig einzukaufen. Das Gebot gibt immer der (wechselnde) Startspieler ab, kauft jemand anderes, erhält der Startspieler das Geld.
Gewonnen hat am Ende derjenige mit den meisten Siegpunkten. Die bekommt man indem man am Spielende seine Murmel durch die Achterbahn laufen lässt. Je nachdem wie weit sie kommt und welche Teile verbaut wurden, gibt es unterschiedlich viele Punkte. Taktisch wird es durch Punktekombos, ausgelöst durch spezielle Anordnungen der Einzelteile und geheimen Auftragskarten. Fliegt die Murmel allerdings aus der Bahn, erhält man nur Punkte für „abgerollte“ Elemente! Pro Bahn hat man immerhin drei Versuche. In der Theorie hört sich das nach einem thematisch originellen Spiel an, das für Familien oder verspielte Expertenspieler gleichermaßen geeignet ist. In der Praxis ist das Schmerz auf vielen Ebenen.
Erster Spielversuch – ein Desaster
Da ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll, fangen wir mit der ersten Partie an. Testspiel mit meiner Frau und einem imaginären dritten Spieler – der Arme, da muss er jetzt durch! Ich bin Startspieler und beginne die erste Versteigerung. Nur welcher Preis? Erfahrungswerte keine vorhanden. Was kann Teil X, braucht man das und wie viel ist es Wert? Keine Ahnung. Grundsätzliches Problem für Erstspieler bei Versteigerungsmechanismen. Wer sich hier verzettelt kann sogar handlungsunfähig werden.
In der zweiten Runde ergattere ich den Looping! Geil, der passt sicher zu meiner steilen Abfahrt. Nur wie bauen? Anleitung kryptisch, das angebliche Video von Pandasaurus, das helfen soll, nicht online. Ich probiere mit meiner Frau 30 Minuten den Looping zu bauen. Es reizt. Es nervt. Es ist frickelig. Wir geben auf. Spielen wir ohne Looping weiter. Kleine Info, in einer zweiten Auflage wird es den Looping nicht mehr geben. Ich lasse das mal so stehen – mit Bluthochdruck. Wir basteln munter weiter. Funktionieren unsere Bahnen? Keine Ahnung. Ausprobieren verboten, es sei denn man verzichtet auf den Kauf bei einer Versteigerung und bezahlt eine Münze. Gesagt, getan und ausprobiert.
Die Murmel flog in jeder erstellten Achterbahn aus der Bahn, schaffte kaum einen Hügel. Entweder zu wenig oder zu viel Schwung, garniert mit Links- oder Rechtsdrall. Deprimierend! Nervig! Mega ätzend! Wir haben abgebrochen. Gratulation Coaster Park, du bist das erste Spiel, welches ich in einer Kennlernpartie abgebrochen habe.
Zweiter Versuch – das Experiment
Gut, gehen wir das anders an. Einfach mal ohne Regeln eine Achterbahn bauen, die einzelnen Elemente kennen lernen. Nach guten 30 Minuten wildem Ausprobieren wird klar, es ist verdammt schwer eine Achterbahn zu bauen. Viele Sachen passen physikalisch nicht zueinander. Manches ist schnell ersichtlich, anderes aber nicht. Dazu muss man den richtigen Schwung mit der Murmel lernen. Stoße ich sie nur sachte beim Start an oder schubse ich sie fast den Abhang hinunter. Je nach verbauten Teilen ist ein anderes Vorgehen erforderlich. Fingerspitzengefühl ist immer gefragt! Und selbst dann entgleitet die Murmel öfters. Es ist also selbst ohne spielerisches Korsett verdammt schwer, bei wenig vorhandener Geduld schnell frustran.
Heißt, Coaster Park ist mehr Geschicklichkeits- und Physikspiel für Bastler als alles andere. Erschwerend kommt hinzu, dass die Pappkonstruktion nicht mit Aufbaugeschwindigkeit und Stabilität punktet. Ich hatte so manchen Mitspieler den das Gefrickel mit den Achterbahnteilen nur auf die Nerven ging – und das nach wenigen Runden.
Um exemplarisch das Problem zu zeigen, einmal eine völlig simple Achterbahn ohne Sprungschanzen, Doppelhügeln oder Loopings – viel Spaß!
(Video entfernt wegen der DSGVO, abrufbar hier)
Die Spielmechanik macht es nicht besser
Nun packen wir die Spielmechanik über unsere Problematik. Die besagt unter anderem, dass man ein ersteigertes Teil sofort anbauen muss, falls man seinen einen Reserveplatz schon aufgebraucht hat. Abbauen oder Umbauen geht nur über Sonderfähigkeiten der Mitarbeiter, die ich aber auch erstmal bekommen muss. Coaster Park macht es einem also nicht einfach! Huch, schon wieder?
Das Ausprobieren, ob die Bahn funktioniert, kostet wie gesagt rares Geld und den Verzicht auf eine Kaufaktion. Dann weiß ich für die jeweilige aufgebaute Achterbahn ob sie funktioniert – falls ich mit meinem Finger die Murmel überhaupt richtig anstoße. Wie gesagt, es kann auch sein, dass es an einem selbst liegt. Jedes weitere Teil muss dann eigentlich wieder getestet werden, ansonsten baue ich etwas, was mir am Ende kaum Punkte einbringt. Man könnte nun meinen, dass stetige Testen der Bahn, auch der Mitspieler… huch da fällt die Murmel vom Tisch. Hast du sie? Ja, äh wo war ich? Genau, testen könnte Spaß machen. Wenn aber in den ersten Partien gefühlt 80% der Testläufe ein Desaster sind, dann, ach jetzt ist die Murmel wieder runtergefallen….
Dazu ist, ohne speziell eingestellten Mitarbeiter, mein Platz für Teile die ich speichern kann, weil ich sie erst später verbauen möchte, auf ein Teil begrenzt. Begrenzter Speicherplatz plus spielerisch verankerte Testläufe, bei einem Spiel wo der Bau einer Bahn so schwer ist? Demotivierend! Der Speicherplatz muss aber begrenzt sein, ansonsten macht die Versteigerung keinen Sinn und manche Angestellte werden obsolet. Das Einstellen der Mitarbeiter, die Versteigerung oder auch die geheimen Auftragskarten für Extrapunkte, machen eigentlich auch spielerisch Spaß, es krankt am Ende einfach an dem Bau der Achterbahn. Im übrigen, wer seine Bahn testet und sie funktioniert, dann am Spielende den gleichen Schwung aber nicht mehr hinbekommt, hat Pech gehabt!
Fazit
Zwei Dinge müssen gegeben sein damit Coaster Park Spaß macht. Entweder besteht die Spielrunde aus Ingenieuren, die in ihrer Freizeit Fingerakrobaten sind oder die Spieler sind sehr erfahren mit Coaster Park. Das bedeutet, sie wissen welche Teile zusammen funktionieren, wie stark man dann jeweils die Murmel beschleunigen muss und können daraus Preise für den Versteigerungmechanismus ableiten. Die Wahrscheinlichkeit diesen Status zu erreichen ist gering, weil der Weg dahin steinig ist! Das tut mir in der Seele weh, weil ich die Idee super finde und das Spiel auch optisch ordentlich was her macht. Die Spielmechaniken machen abseits der Achterbahn mit geheimen Aufträgen, dem Einstellen von Personal und dem geschickten Wirtschaften eigentlich Spaß.
Das nützt nur alles nichts, wenn die Kernmechanik mit dem Bau von Achterbahnen so dermaßen frustrierend ist. Viele Teile passen physikalisch nicht zueinander, man muss die Teile akkurat zusammenbauen und den richtigen Schwung treffen, ansonsten fliegt die Murmel überall hin, nur nicht in Punkteregionen. Coaster Park ist am Ende entweder ein Geschicklichkeitsspiel mit drangsalierenden Mechanismen oder ein nettes Spiel mit abnorm nervigem Geschicklichkeitspart. Ich brauche beides nicht und es ist ganz sicher KEIN Familienspiel.
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2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Hab das Video gesehen… eigentlich müsstest du Schmerzensgeld verlangen.
Hahahahahaha 😀 Du bist auch noch dran.