Am goldenen Fluss hat etwas geschafft, was bei mir selten passiert: Es hat mich wirklich gepackt. Aber nicht durch Promos, Hypevideos, Rezensionen oder Präsentationen – es hat mich einfach mit seinem Cover gepackt. Dann habe ich das Spielbrett gesehen – diesen goldenen Schimmer, der so wunderschön und elegant das Cover aufgreift und auf den Tisch zaubert. In Kombination mit meinem Nerdwissen um den goldenen Fluss und die Legende der Fünf Ringe im sagenumwobenen Rokugan war ich sehr neugierig auf das Spiel von Kosmos und die entstehende Rezension. Kann ein Spiel allein durch sein Cover überzeugen? Ihr werdet überrascht sein.
Kurzcheck: Darum geht es in Am goldenen Fluss
Rokugan und der goldene Fluss – geschmeidig und elegant, wild und mystisch schlängelt sich der Fluss durch unzählige Regionen. In diesem Kennerspiel für zwei bis vier Personen shippern wir als angesehene Händler auf dem Fluss und bereisen verschiedene Regionen. Dort bauen wir in den Häfen eigene Bauwerke, die uns Einkommen garantieren. Wir weiten unseren Einfluss aus, sammeln Ressourcen und beliefern damit unterschiedliche Kunden, die uns wiederum Boni und natürlich Siegpunkte bringen. Reduziert betrachtet ist es ein Pick & Deliver, aber wer hier an Phraya denkt, liegt völlig daneben.

Überraschung am Ufer
Ich spiele die erste Partie mit Kati und bin überrascht, wie viele interessante Elemente das Spiel bereithält. Am Anfang meines Zuges würfle ich, und das Ergebnis gibt mir zwei Möglichkeiten: Erstens, wie viele Schritte eines meiner Boote auf dem Fluss fahren kann. Ich schaue auf den Fluss. Wo möchte ich hin? Dort, wo ich lande, erhalte ich vier Ressourcen plus eventuelle Boni, wenn ein Gebäude mir gehört. Ich lande aber in einer Region, wo Kati zwei Gebäude hat. Da es ihre Gebäude sind, möchte ich dort mit meinem Schiff nicht landen.

Zweitens
Der Würfel zeigt aber auch das Symbol einer der sechs unterschiedlichen Regionen. Dort kann ich bauen oder einen Handel durchführen, sofern die Symbole passen. Im Kopf gehe ich rasend meine Optionen durch. Was möchte ich? Ich habe reichlich Geld, kann also bauen. Ich schaue in die Auslage – dort liegt ein Gebäude, das gut in meine Engine passt. Allerdings würde ich dieses Gebäude gerne in eine andere Region platzieren, als in die, die der Würfel vorgibt. Da ich drei Gunst habe, gebe ich eine aus, um den Würfel zu manipulieren. Ich liebe Würfel und die Möglichkeit, diese zu verändern. Das ist einfach eine solide Mechanik, die mir im Spiel viele Optionen gibt. Ich gebe mein Geld aus und platziere es entsprechend.
Tolle Möglichkeiten
Die erste Partie ist schon ein Fest. Wir steigen ein, erkennen Synergien, und es entsteht ein tolles Spielgefühl am Tisch. Die Mehrheitenwertung in den Regionen und das gemeinsame Nutzen der Häfen machen das Spiel spannend und interaktiv, die Händleraufträge fokussieren das eigene Sammeln der Ressourcen. Je mehr Aufträge ich erfülle, desto mehr Fähigkeiten bekomme ich – und Siegpunkte am Spielende. Dabei bieten die Händler mir gleich mehrere Möglichkeiten. Entweder versuche ich möglichst viele Händler zu sammeln, denn die Siegpunkte werden immer mehr. Oder ich versuche durch passende Händler und korrespondierende Regionen oder Gebäude mächtige Kombos zu bauen. Glaubt mir, das ist sehr fein und herausfordernd gelöst und nicht in der ersten Partie direkt sichtbar.

Das Spielgefühl kippt
Hannah kommt für eine Partie dazu. Was geht denn hier ab? Hannah spielt völlig anders, als ich es erwartet hätte. Sie schippert mit ihrem Boot in einem Affenzahn den Fluss hinunter, sammelt Geld wie Dagobert Duck und baut sich eine eigene Hafenregionen, die sie immer wieder bereist. Was in unserer Zwei-Personen-Partie so gut funktioniert hat, fühlt sich auf einmal nicht mehr richtig an. Zu wenig Zeit und ständig das Gefühl, Hannah bremsen zu müssen. Durch das schnelle Bauen wird zudem das Spielende brutal schnell getriggert. Wahnsinn.

Und wieder ein anderes Spiel
Zu viert war es wieder eine andere Partie. Lissy, Hannah, Kati und ich hatten jeweils ein Bauwerk in einer Region. Da man immer alle vier Häfen in einer Region bei einem Besuch auslöst und diese Region besonders lukrativ war, besuchten wir in schöner Regelmäßigkeit diese Anlaufstelle. Eine Patt-Situation, die sich aber fein und elegant auf die anderen Bereiche auswirkte. Wann baue ich wo? Welche Händler beliefere ich? Wie kann der Händler mir weiterhelfen? Hammer. Das Spiel funktioniert bei zwei, drei und vier Spielern – immer anders, immer gut.

Area-Control
Besonders elegant ist bei Am goldenen Fluss die Mehrheitenwertung der fünf unterschiedlichen Regionen gelöst. Man möchte einfach in jeder Region mitmischen, was logischerweise nicht geht. Man möchte aber auch niemanden eine Region kampflos überlassen. Allerdings bin ich da ja auch wieder von meinem Würfelergebnis abhängig. Am goldenen Fluss vernetzt kluge Entscheidungen und richtiges Timing. Beeindruckend bin ich von der Tatsache, dass es ganz viele unterschiedliche Arten gibt, das Spiel zu spielen und von der Tatsache, dass die verschiedenen Spieltaktiken sehr fein ausbalanciert sind.

Fazit
Pick & Deliver ist eigentlich nicht mein Favorit. Am goldenen Fluss überzeugt jedoch durch seine Cover- und Spielegestaltung. War’s das? Mitnichten. Selten hat ein Spiel so viele unterschiedliche Möglichkeiten im Sammeln von Ressourcen und Erfüllen von Aufträgen geboten. Denn neben diesem Hauptelement bietet Am goldenen Fluss ein spannendes Gerangel um die Mehrheitenwertung in den entsprechenden Regionen und den individuellen Ausbau der eigenen Engine – und das auf eine elegante, verzahnte und super zugängliche Art. Dabei sind die Regeln sehr übersichtlich und der Einstieg in das Spiel schnell. Je nach Personenzahl bekommt das Spiel zudem eine wunderschöne Dynamik. Ein Spiel zu zweit verläuft ganz anders als eine Partie in Vollbesetzung. Leichter Einstieg, hoch vernetztes Spielelemente, tolles Spielmaterial, vielfältige Taktiken, ein tolles Design und eine feine Balance für alle Spieler Anzahl. Am goldenen Fluss hat mich echt überzeugt und das gehalten, was das Cover versprochen hat,

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- Markushttps://brettundpad.de/author/markusschwind/30. September 2025
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2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Ui, danke für den Tipp. aufgrund von diversen Bildern hatte ich das Spiel irgendwie automatisch als ein Komplexitätsmonster einsortiert. Das Spiel kommt Mal bei mir auf die Wunschliste
Moin Denny,
das Spiel ist nicht umsonst bei KOSMOS und passt da wundervoll ins Portfolio. Allerdings ist das Spiel sehr interaktiv, was Markus ja auch beschreibt. Die Aktionen der Spielenden gestalten schon sehr einschneidend das Spiel und es kann durchaus sein, dass gewisse Leute unter die Räder kommen, gerade bei mehr Personen.
Liebe Grüße
Christian