Lesezeit: 5 Minuten
 So nicht, Schurke! ist ein Pen-&-Paper-Rollenspiel vom Uhrwerk Verlag und Pegasus Spiele, das nach einer erfolgreichen Kickstarter-Kampagne im regulären Handel erschienen ist. Wie in meiner damaligen News beschrieben, war ich als leidenschaftlicher Rollenspieler seit über 20 Jahren natürlich sofort vom Konzept begeistert. Familien mit jungen Kindern für dieses fantasievolle Hobby begeistern? Grandios! Ich musste das ausprobieren, vor allem weil ich selber einen Racker von 5 Jahren hier in der Nerd-Höhle sitzen habe! Ich sage euch schon jetzt, es wird heute emotional.

Rollenspiele besitzen so viel wunderbare Macht und ein geradezu grenzenloses Vergnügen, wenn man mutig genug ist, sich darauf einzulassen. Seien wir ehrlich, es ist eine ganz andere Hürde sich an ein Tisch zu setzen und nur in seiner Fantasie ein Abenteuer zu erleben, als das nächstbeste Brettspiel auszupacken und loszulegen. Zumindest für Erwachsene! Vielleicht schämt man sich oder weiß gar nicht so genau wie man das anpacken soll? Ich erkläre euch, warum ihr die Hürde nehmen solltet.

Kurzcheck: Darum geht es in So nicht, Schurke!

In So nicht, Schurke! begibt sich ein Erzähler, der als Spielleiter fungiert und als Allwissender das Geschehen moderiert, mit weiteren Helden, gesteuert von anderen Spielern, in ein Abenteuer. Das Land in So nicht, Schurke! heißt Fabula und wird über das Kinderzimmer betreten. Ganz passend zum Thema, denn hier kann man als T-Rex mit Laserschwert, Piratin die Pizzen wirft oder Ritter auf Glitzereinhorn alles mögliche verkörpern, was das Kinderherz begehrt. Fabula ist dabei sehr fantastisch angelegt! Es gibt Ecken, da braucht sich keiner Gruseln, wie beim Besuch der Bienenkönigin in Wababurg, aber in der Region Unter dem Bett, in der Knochenfabrik, da kann das schon anders aussehen!

In der Schachtel ist alles vorhanden, was man braucht! Ein ausführliches Regelbuch, bei dem jeder blutige Anfänger lernt, wie man ein Abenteuer leitet, Charaktere erschafft und außerdem wird einem die Welt von Fabula näher gebracht. An dieser Stelle sei gesagt, man muss sich einarbeiten. Das Buch ist eine wunderbare Stütze und das Spiel ist nicht kompliziert, aber wer als Erwachsener Spaß mit seinen Kindern erleben will, der muss sich vorbereiten! Ein zweites Buch ist dann für die Abenteuer vorhanden. Hier wird noch einmal genauer auf die Rolle des Erzählers eingegangen und drei Abenteuer in unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade angeboten. Des Weiteren erwarten dich Charakterbögen, fette bunte Würfel und viele Spielkarten, die als Stütze für Gegner, Helden und Fähigkeiten dienen.

Schickes Material, leider zu wenige Marker.

Spaß für alle?

So nicht, Schurke! bietet einen seichten Einstieg mit einer möglichen Skalierung des Anspruchs. Es gibt drei verschiedene Spielstufen, bei denen die Helden unterschiedlich komplex angelegt sind. Einem Fünfjährigen reicht es ein T-Rex zu sein, aber wer will baut Begleiter ein, die den Helden unterstützen können oder darf sich selber noch Tricks und Fähigkeiten geben. Dabei können Charaktere unterschiedlicher Komplexität durchaus zusammenspielen. Im Zweifel gibt man, um Neid vorzubeugen, auch dem Knirps am Tisch seine besondere Fähigkeit. Ob er dann im Eifer des Gefechts wirklich all das braucht, ist egal. Bleibt flexibel in der Regelauslegung, denn was du in Fabula und mit So nicht, Schurke! anstellst, liegt ganz an der Spielgruppe!

Viel Spaß beim Schmökern!

Das wird auch sehr deutlich immer wieder in den Spielregeln erwähnt. Allgemein ist es eine Wonne sich durch das Material zu wühlen, selbst als alter Haudegen des Genres. Das liegt an der unheimlich liebevollen Präsentation des Inhalts. Auf jeder Seite merkt man, dass die Autoren mit Feuereifer dabei waren. Es wird wirklich jeder abgeholt! Weiterer Vorteil ist das sehr einfache Spielsystem, das einzig auf den Wurf eines Würfels basiert. Jede Handlung hat eine Schwierigkeit von 1 bis 6, die der Spielleiter vorgibt und dann mit einem Wurf erreicht werden muss. Die Spieler können je nach ihren Attributen (Stark, Schnell, Schlauch, Fabelhaft) die Probe modifizieren. Zu simpel? Mitnichten, denn wenn ich eines bei Pen-&-Paper-Rollenspielen gelernt habe, das Wichtigste ist die Fantasie im Kopf und weniger ein komplexes Spielsystem.

Eine wunderbare Welt dieses Fabula.

Mir platzt das Herz

Ich habe unzählige Kampagnen und Abenteuer gespielt und noch mehr geleitet, aber So nicht, Schurke! war ein emotionaler Fausthieb der positiven Sorte. Wenn deine Söhne mit roten Wangen und großen Augen wie gebannt auf deinen nächsten Satz warten, sich in Diskussionen über die Sägeahn-Hexen verlieren und sich mächtig erschrecken, weil man seine Worte mit akustischen Überraschungen aufpeppt, dann geht einem das Herz auf! Kinder sind ein dankbares Publikum und Fabula eine wunderbare Bühne für die Fantasie. Wo bitte erhält man sonst den Vorschlag, den Wasserstand durch einen mega Rülpser zu verändern oder Piraten mit Pizza-Rollern zu bedrohen?

Auch ich habe etwas gelernt! Es braucht nicht immer die epische Kampagne mit großen Kämpfen, sondern 30 bis 60 Minuten reichen für ein kleines abwechslungsreiches Abenteuer völlig aus. Die Eintrittskarte zum Spielspaß ist vielleicht nur eine leicht gruselig beschriebene magische Tür, denn was bitte könnte dahinter lauern? Geh du vor, weil du stärker bist! Ne, das musst du machen, du bist schneller. Kopfkino auf Maximum beim Fünf- wie Neunjährigen! Gesessen am Tisch? Viel zu spannend, es wird herumgerutscht. Quintessenz: Genuss pur beim Spielleiter. Wenn danach die Kinder freiwillig im Buch nach Ausrüstungsgegenständen suchen und bei der schnarchenden T-Rex-Axt komplett ausrasten, weiß man, hier hat der Uhrwerk Verlag und Pegasus Spiele alles richtig gemacht. Vielleicht ist Fabula ab einem gewissen Alter zu uncool, aber hier kann man das Spiel auch entsprechend anpassen. Wichtiger ist, nach Fabula kann man richtig früh reisen und auf diese Reise sollte man seinem Kind folgen, es wird einem Erstaunliches zeigen!

Und, wer soll dich begleiten?

Fazit

Die Reise mit Kindern nach Fabula lohnt sich, etwas Einarbeitungszeit vorausgesetzt. So nicht, Schurke! ist dabei vor allem für Rollenspiel-Einsteiger ideal, weil das Regelwerk, mag es erstmal ziemlich umfangreich sein, mit ganz vielen Tipps, Beispielen, wenigen komplizierten Mechaniken und einer charmanten Aufmachung überzeugt. Als Rollenspieler, der schon zig Systeme gespielt hat, war ich einfach nur begeistert, mit wie viel Liebe die Autoren das Rollenspielen näher bringen.

Die Welt Fabula ist dabei absolut kindgerecht, toll skalierbar und absolut irre. Drachenrotzfälle, Glitzerpferde, fiese Power-Roboter-Ritter, Ninja-Zombies und Pechvogel-Monster, Freunde des Rollenspiels, So nicht, Schurke! und sein Themenpark ist in den abgefahrensten Farben und Motiven gemalt. So mega-bäm-artig, dass es Kinder locker abholt! Das Ende der Fahnenstange ist die Fantasie der Spielgruppe und deren Kreativität. Willkommen beim springenden Punkt. So nicht, Schurke! entfaltet nur so viel Spielspaß, wie man selbst zulässt. Also, hau deinem Fantasie-killenden-grantigen-Realismus-Monster auf seinen pickeligen Po und dann ab mit den Kindern nach Fabula! Ich hatte den Spaß meines Lebens.

So nicht, Schurke!

29.95 €
9.3

AUSSTATTUNG

8.0/10

SPIELIDEE

10.0/10

SPIELSPASS

10.0/10

Spielinformationen

  • Genre: Rollenspiel
  • Spieler: 2 - 5
  • Alter: ab 5 Jahren
  • Dauer: 30 - 60 Minuten
  • Rezensionsexemplar erhalten
Redakteur | Admin | Gründer von Brett & Pad | Website | + Letzte Artikel

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3 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • AUSSTATTUNG

    6

    SPIELIDEE

    7

    SPIELSPASS

    9

    Ich habe das Grundset vor kurzem gekauft, um es mit meiner sechsjährigen Tochter zu spielen. Ich kann alles bestätigen, was Du in Deiner Rezension sagst, möchte aber noch etwas ergänzen, was vielleicht wichtig sein kann für Eltern, die sich mit dem Thema Rollenspiel noch gar nicht auskennen.

    Du erwähnst zwar, dass es wichtig ist, sich als Erzähler vorher gut in die Spielmechanik einzuarbeiten. Was mir in der Rezension fehlt, ist, dass das Grundset dabei leider nicht „vollständig“ wirkt. Je nachdem, mit wie vielen Spielern man spielt, können die mitgelieferten Marken direkt zu wenige sein. Etwaige Handouts, wie z.B. die jeweiligen Karten für die Abenteuer, werden nicht separat mitgeliefert, sondern sind im Abenteuer-Buch abgedruckt. Da man das als Erzähler aber braucht, gilt es: Abmalen, oder kopieren.

    Es gibt zwar noch Erweiterungsboxen – z.B. die für den Erzähler. Insbesondere darin finden sich dann Handouts, Aufsteller, etc. Viele Rezensionen bemerken an dieser Stelle, dass diese Dinge Bestandteil der Grundbox hätten sein sollen.

    Insgesamt aber finde ich auch, dass das Set einen sehr wertigen Eindruck macht und die Grundlage für sehr viele, lustige und spannende Abenteuer bietet.

    An dieser Stelle auch noch der letzte – und meiner Meinung nach wichtigste – Hinweis:
    Für Mau Maui benutzt Du ein Kartenset und spielst es Dein ganzes Leben lang immer wieder. Gleiches gilt für Schach, Mühle, aber auch diverse Brettspiele.

    So nicht, Schurke! beinhaltet ein Abenteuer-Buch mit drei vorgefertigten Abenteuern. Spielst Du die durch, war es das. ES SEIN DENN – und darum geht es ja eigentlich – Du denkst Dir für die Welt von Fabula neue Abenteuer selbst aus. Ein paar weitere Abenteuer gibt es in den Erweiterungsboxen zu entdecken. Aber während es für andere Systeme, die sich mehr an das erwachsene Publikum wenden – laufend neue Abenteuer und Kampagnen gibt, müssen sich die Erzähler bei So nicht, Schurke! darauf einlassen, sich wirklich selbst welche auszudenken.

    Ansonsten wird die Box nach den drei Demo-Abenteuern vermutlich im Regal verstauben. Das wäre natürlich schade…

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  • AUSSTATTUNG

    0

    SPIELIDEE

    10

    SPIELSPASS

    9

    Das mit dem Neu Ausdenken ist aber nicht schwierig. Denn in der Weltbeschreibung ist zu jedem Ort ein Plot Hook abgedruckt. Da kann man sich einmal durch ganz Fabula spielen

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    • Das sagt sich so leicht. Es gibt verdammt viele Menschen, die sind da wesentlich „blockierter“ und tun sich schwer oder/oder haben eben kaum Erfahrung.

      Ansonsten, das mit den Markern habe ich ja selbst angemerkt. Ich finde den Umfang außerhalb der Abenteuer als ausreichend. Es kann sonst auch schnell erschlagend wirken. Und das Rollenspiele mit Erweiterungsboxen wachsen ist auch eher üblich.

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