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Die Schachtel hat zur Zeit noch das alte Design der Figuren

Disclaimer: Super Fantasy Brawl erscheint bald auf Kickstarter mit völlig neuen Mechaniken und neuer Optik bei Mythic Games. Das neue Konzept ist eine kompaktere Version, die spielerisch kaum noch Ähnlichkeiten mit dem hier vorgestellten Spiel besitzt. Diese Rezension also bitte nicht als Entscheidungshilfe zum Kauf beim kommenden Kickstarter nehmen! Ich durfte allerdings schon in die neue Version reinschnuppern und bin begeistert! Das heißt, ihr werdet hier in Zukunft sicher wieder über Super Fantasy Brawl informiert.

Jochen Eisenhuth, der Autor von Super Fantasy Brawl, hat mir über sechs Wochen seinen Prototypen überlassen – dafür an dieser Stelle schon einmal ein dickes Dankeschön! Durch die lange Zeit war es mir möglich einen umfassenden Einblick in Super Fantasy Brawl zu erhalten und Anfang August auf einem Brettspiel-Wochenende einer größeren Gruppe vorzustellen. Begeisterung traf auf Skepsis, Jubelschreie mischten sich mit bösen Blicken! Super Fantasy Brawl polarisiert – aber der Reihe nach.

Kurzcheck: Worum geht es bei Super Fantasy Brawl?

Wer schon MOBAs gespielt hat, der kennt das Grundprinzip von Super Fantasy Brawl. Jeder Spieler wählt frei aus einer Gruppe von zwölf Helden jeweils vier aus und versucht das gegnerische Lager zu zerstören. Das geht aber nur, wenn man vorher die Verteidigung in Form von Türmen in der Mitte des Spielbretts zerstört. Das Zerstören der Türme, wie auch der Basis geschieht über Zonenkontrolle.

Zusätzliches MOBA Element: Jeder Held ist einzigartig und spielt sich nicht nur anders, sondern ermöglicht auch unterschiedliche Symbiosen mit Teammitgliedern. Während des Spiels kann man seine Helden mit Gegenständen ausrüsten und sie durch besiegen der Gegner aufleveln.

Leichte Kost? OGERSCHELLE!

Wer Super Fantasy Brawl sieht, mit seinen Comicfiguren – die zum Teil schon das überarbeitete Design haben – denkt vielleicht auch im Zusammenhang mit dem Namen, an ein lustig buntes Prügelspiel. Dazu ein paar Würfel, die er nicht finden wird, und schon kloppen sich zwei Spieler in einem Skirmisher um Siegpunkte. Diese Herangehensweise sorgt maximal dafür, dass man selbst verprügelt wird! Super Fantasy Brawl ist ein auf mehreren Ebenen (Teamauswahl, Timing der Angriffe, Bewegung) taktisch anspruchsvolles Spiel. Wer schlecht spielt, der wird mit der Power einer Oger-Schelle von der Tischplatte gehauen! Über diesen kompetitiven Charakter freut sich jeder Tabletop-Spieler, aber wohl nicht jeder Brettspieler.

Links das alte Design, rechts die überarbeitete Version

Knifflige Heldenwahl

Der Anspruch ist schon vor dem ersten Zug gegeben. Jeder Held besitzt vier einzigartige Aktionskarten, die man eigentlich kennen sollte. Denn diese bestimmen was der Held kann und vor allem was nicht! Ich muss also überlegen wie ich im Spiel vorgehen möchte, welche Helden sich gut gegenseitig unterstützen, aber auch siegreich gegen die Wahl meines Gegners sein können. Zusätzlich wähle ich für jeden Helden von den vier Karten nur zwei aus, das ist mein Deck. Die anderen beiden Karten kann ich erst später freischalten. Auch diese Wahl muss innerhalb des Helden, aber auch im gesamten Team harmonieren. Was dem erfahrenen Spieler das Chili in der Suppe ist, sorgt beim Anfänger für Verdauungsprobleme. Gut, dass Super Fantasy Brawl Anfängern hier pro Held zwei Vorschläge serviert! Trotzdem ist die Heldenwahl keine einfache Sache. Hier zeigt sich auch das erste Mal, wer eingespielt ist, hat einen enormen Vorteil. Auch das kennen Tabletop-Spieler.

Die zwölf Helden. Meine Favoriten: Natürlich der Oger und der Ratten-Assassine!

Das richtige Timing

Vor jeder Runde und somit auch gleich bei Spielbeginn, sucht sich jeder Spieler pro Held nur eine Karte für die Hand aus. Alle anderen Karten werden Beiseite gelegt. Oft keine leichte Entscheidung! Wie sieht die Spielsituation aus und was will ich erreichen? Was wird mein Gegner in der jetzigen Situation für seine Helden ausführen? Ob Flächenschaden, weite Fernschüsse, das Fesseln eines Gegners, hier wird das komplette Repertoire an Fähigkeiten abgefeuert die man aus MOBAs oder MMOs kennt. Das Antizipieren gegnerischer und das taktische Planen der eigenen Spielzüge ist anspruchsvoll, macht aber aufgrund der mannigfaltigen Möglichkeiten extrem viel Spaß.

Das liegt auch an der frischen Mechanik wie Karten ausgespielt werden. Wie eingangs erwähnt besteht jede Runde aus vier Phasen. Jede Aktionskarte ist mindestens an eine Phase gekoppelt. Ein heftiger Schlag den ich nur in Phase vier ausspielen kann, könnte für den Helden zum Problem werden, wenn er in den Phasen davor zu Matsch gehauen wird. Auch auslösbare Synergien zwischen meinen Helden müssen von den Phasen her passen. Allgemein kann man sagen, je mächtiger und spezieller eine Karte ist, um so weniger Phasen besitzt sie um ausgespielt zu werden. Die Wahl der Karten besteht also aus der Ist-Situation, der Kann-Situation und dem Timing der Karten. Man glaubt gar nicht wie sehr man mit sich hadern kann, obwohl man nur vier Karten auswählt!

Jetzt wird geblufft!

Die Kampfkarte für den Kopf

Die spaßigste Mechanik ist der Kampf an sich. Keine Würfel, in Super Fantasy Brawl wird geblufft! Wenn ich einen Helden aktiviere und eine Aktionskarte ausspiele, sehe ich neben der vorher möglichen Bewegung und der Stärke des Angriffs, auch drei Felder: Kopf, Brustkorb, Füße. Jedem dieser Bereiche sind je nach Karte unterschiedliche Effekte zugeordnet. Als klassisches Beispiel: Treffe ich den Kopf sorge ich für viel Schaden, beim Brustkorb moderaten Schaden plus ein Stoß und bei den Füßen wenig Schaden, dafür ist der Gegner bewegungsunfähig.

Nun nehmen beide Spieler separate Kampfdecks zur Hand. Es sind sechs Karten, jede Trefferzone ist zweimal vorhanden. Anhand ihrer Angriffs- und Blockstärke spielen beide Spieler verdeckt Karten aus. Das klingt hier jetzt sehr nüchtern und sachlich. Aber hier wird richtig geblufft! Was denkt mein Gegner? Will er auf jeden Fall einen Fußtreffer verhindern? Also spiele ich den Kopf, nur vielleicht denkt genau das mein Gegenspieler und blockt deswegen seinen Kopf. Beim Aufdecken ist nicht nur die Spannung groß, sondern meist auch das Gelächter. Wer bitte will hier noch würfeln?

Die letzte Komponente

Die Kampfmechanik rockt, die Planung der Züge durch Aktionskarten fordert, macht der Rest auch Spaß? Ich zumindest wurde als Tabletopspieler voll abgeholt. Sich lustig auf die Mütze hauen, kann man machen, sollte man aber nicht. Ihr wisst, es geht um die Verteidigunsgtürme und die Basen. Um jeden Verteidigungsturm sind drei markierte Felder. Steht am Ende von Phase vier kein gegnerisches Modell und mindestens ein eigenes innerhalb des Bereichs, ist der Turm abgerissen. Bei der Basis ist es ähnlich, ich will hier jetzt nicht zu sehr ins Detail gehen. Wege blocken, Gegner aus den Zonen schupsen oder wegziehen, es muss nicht immer reines gekloppe sein. Der taktische Anspruch aus Heldenwahl, Aktionskarten, Timing bekommt also eine weitere Komponente und das ist die geschickte Positionierung. Die ist übrigens auch wichtig um an Gegenstände zu bekommen! Pro Runde erscheinen zu Beginn an vorgegebenen, wechselnden Feldern Tokens, mit denen man dann shoppen gehen darf.

Auch für Anfänger geeignet?

Ihr werdet sicher gemerkt haben das mir Super Fantasy Brawl bis zu dieser Stelle gefällt! Ich bin sogar richtig begeistert, weil ich den hohen taktischen Anspruch und das sehr kompetitive Spielkonzept mag. Auch spielen sich die Partien zügig und dauern keine zwei Stunden, eher die Hälfte. Ich spiele aber auch Guild Ball oder Warmachine und kenne fiese Auseinandersetzungen. Für mich gehört das Planen von Zügen die den Gegner vom Tisch fetzen und ihm zum Taschentuch greifen lassen, dazu. Auch die erforderliche Einarbeitungszeit in die Helden, sind für mich Motivation und nicht Abschreckung. Ansonsten spielt man kein Warmachine mit zig Figuren und Abhänigkeiten! Nur sieht Super Fantasy Brawl weniger danach aus.

Und daher muss man ganz genau wissen ob man der Typ für so ein Spiel ist. Super Fantasy Brawl ist nicht bei allen Spielpartnern gleich gut angekommen. Es kann absolut frustrierend sein relativ schnell und chancenlos zu verlieren. Das passiert selbst unter zwei Anfängern, wenn der eine das Spiel etwas schneller begreift oder mehr Glück bei seiner Heldenauswahl hat, weil er ein spielbareres Team erwischt hat. Hält sich die Erfahrung nicht die Waage, ist dieser Weg fast vorprogrammiert. Das zeigt aber deutlich das hier Taktik und Erfahrung zählt und eben kein Glück.

Kein Wellenbad, sondern manchmal Sturmflut

Darüber freut sich jeder Schadensausteiler

Frustfördernd ist zusätzlich, dass manche Partie bei Super Fantasy Brawl nicht mehr herumgerissen werden kann. Stirbt ein Held, muss er eine Runde aussetzen. Danach kommt er frisch erholt zurück. Sterben mehrere Helden einer Seite, hat eine Partei ein Übergewicht und wird mit großer Wahrscheinlichkeit den Turm einreißen. Das ist auch in Ordnung. Man kennt das von MOBAs. Die frischen Helden der Gegenseite kommen dann zurück, und die Welle der Zerstörung schwappt in die andere Richtung. Dieses motivierende Hin und Her entsteht aber nicht immer. Manchmal ist die erste Welle so stark, dass darin der Spielspaß ersäuft, weil der Gegner ertrinkt. Guild Ball umgeht dieses Phänomenen indem wahlweise Helden angeschlagen direkt zurückgeschickt werden können. Ohne große Heilmechanik, mit der die Spielzeit wohl auch zu lang werden würde, erscheint das Spiel recht gnadenlos. Manch Spielernatur sieht schnell seine Felle davonschwimmen. Hier braucht man Durchhaltevermögen! Mal sehen welchen Weg Super Fantasy Brawl geht, von Jochen Eisenhuth weiß ich, dass an der Mechanik noch geschliffen wird.

Die Baustelle

Auch der Einstieg in das Spiel wird wohl noch überarbeitet, damit Anfänger schneller zurechtkommen. Feste Einstiegsteams wären eine Möglichkeit, oder wie in Krosmasters spezielle Szenarien, um das Spiel in kleineren Schritten zu erlernen. Das würde sicher die Hemmschwelle von einigen Spielern senken, die durch die freie Auswahl an Helden, Aktionskarten und den vielen Tokens abgeschreckt werden.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Abwechslung! Klar bieten zwölf Helden erstmal mehr als genug Herausforderung, aber langfristig wären weitere Spielmodi, wie Team- oder Alle-gegen-Alle-Partien, sicher genauso wünschenswert wie neue Spielbretter, die eine andere Anordnung der Missionsziele haben. Auch darüber habe ich mit Jochen Eisenhuth gesprochen und ich will hier jetzt nicht zu viel verraten, aber da wird vielleicht noch was kommen.

Fazit

Super Fantasy Brawl hat mich umgehauen, nicht mit der beschriebenen harten Oger-Schelle, sondern mit dem wuchtigen Spielspaß-Hammer! Von der Wahl der Helden und ihren einzigartigen Aktionskarten, über den innovativen würfellosen Kampf, bis hin zu den taktischen Gefechten um Kontrollzonen, das hier hat Anspruch und spielt sich zugleich erfrischend aggressiv. Hier wird auch nicht stundenlang rumgefackelt, es geht zügig zur Sache – entsprechend kurz ist die Spielzeit. Das kann allerdings auch ganz schnell nach hinten losgehen! Besonders für Anfänger hat Super Fantasy Brawl im jetzigen Zustand vielleicht eine etwas zu steile Lernkurve und der Spielspaß sinkt merklich bei einem Ungleichgewicht der Spielerfahrung. Aber wir reden hier immer noch über einen Prototyp an dem weiter gewerkelt wird. Etwas mehr Führung beim Einstieg? Weitere Spielbretter, Spielmodi oder Szenarien? Ich lass mich gerne überraschen und freu mich auf die kommende Kickstarter-Kampagne 2018, denn nach den sechs Wochen Super Fantasy Brawl will ich mehr.

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